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RA 05/2021 - Entscheidung des Monats

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Formalien haben immer (k)eine Bedeutung, heißt es in den berühmten sieben Säulen des Verwaltungshandelns. Im Zivil- und Zivilprozess gehören die Formstrenge und ihre Ausnahmen zu den Gebieten, die man nicht nur verstehen, sondern auch durch Falltraining einüben muss, denn oftmals führen Formvorschriften in einem Examensfall eine überraschende Wendung herbei. Zum Verständnis des vorliegenden Urteils darf der Begriff des Treuhandverhältnisses nicht unbekannt sein.

226 Zivilrecht

226 Zivilrecht RA 05/2021 LÖSUNG Eine Treuhandabrede kann eigennützig oder fremdnützig sein. Bekannte Formen der eigennützigen Treuhand zu Sicherungszwecken sind die Sicherungsübereignung sowie die Sicherungsabtretung. Fremdnützig ist aus Sicht des Treunehmers das Verwaltungstreuhandverhältnis. Schuldrechtlich liegt ihm typischerweise ein Geschäftsbesorgungsverhältnis gem. § 675 BGB zugrunde. Aus diesem folgt kraft Gesetz der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten. Genau dieser Aspekt ist für den BGH entscheidend, wie noch zu lesen sein wird. A. Anspruch des K gegen B auf Übereignung des Grundstücks aus einer Treuhand gem. §§ 675, 667 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks aus einer Treuhand gem. §§ 675, 667 haben. I. Vertragsschluss Einen Vertrag mit dem Inhalt, dass die B das Grundstück ersteigern sollten und dass K von B jederzeit die Übereignung des Grundstücks fordern können sollte, schlossen die Parteien. II. Keine Formnichtigkeit gem. § 125 S. 1 BGB Der Vertrag wäre aber gem. § 125 S. 1 BGB formnichtig, wenn eine gesetzlich vorgeschriebene Formvorschrift nicht eingehalten worden wäre. In Betracht könnte eine Missachtung der Formvorschrift des § 311b I 1 BGB kommen. Nach dieser besteht eine Pflicht zur notariellen Beurkundung des Vertrages, wenn sich eine Partei verpflichtet, das Eigentum am Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Die zwischen den Parteien mündlich getroffene Vereinbarung enthält mehrere Verpflichtungen, die einzeln zu untersuchen sind. 1. Pflicht der B zum Erwerb des Grundstücks Zum einen vereinbarten die Parteien mündlich, dass die B das Grundstück in der Zwangsversteigerung erwerben sollten. Fraglich ist, ob im angestrebten hoheitlichen Erwerb eine in § 311b I 1 BGB gemeinte Verpflichtung zum Erwerb des Eigentums liegt. Mündliche Vereinbarung genügte wegen Erwerbspflicht nicht dem § 311b I 1 BGB [9] Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass die mündliche Vereinbarung der Parteien der Beurkundung bedurft hätte. Dies folgt aber nicht daraus, dass dem Kläger ein Rückerwerbsrecht eingeräumt wurde, sondern daraus, dass die Beklagten das Grundstück des Klägers ersteigern sollten. Der treuhänderische Auftrag, im eigenen Namen für Rechnung des Auftraggebers ein Grundstück zu beschaffen, ist unter dem Gesichtspunkt der Erwerbspflicht des Beauftragten nach § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB formbedürftig (…). Folglich hätte diese Verpflichtung der B zum Erwerb per Zwangsversteigerung der notariellen Beurkundung gem. § 128 BGB bedurft. Jedoch könnte diesbezüglich eine Heilung gem. § 311b I 2 BGB eingetreten sein. Heilung gem. § 311b I 2 BGB [10] Die lediglich mündlich getroffene Vereinbarung ist aber gleichwohl nicht nichtig. Der Formmangel der nicht beurkundeten Vereinbarung über die Verpflichtung des Beauftragten, das Grundstück zu erwerben, wird nämlich spätestens dann geheilt, wenn das Grundstück an ihn aufgelassen( ...) oder ihm - wie hier - zugeschlagen (…) und er als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird, vorausgesetzt der Erwerb erfolgt - woran hier kein Zweifel besteht - zur Ausführung des Auftrags (…). Damit wird der Vertrag gemäß § 311b Absatz 1 Satz 2 BGB seinem ganzen Inhalt nach gültig, d.h. auch hinsichtlich der Regelungen, die den Inhalt der Treuhandvereinbarung ausmachen. Dazu zählt insbesondere die Abrede, dass der Beauftragte das Grundstück für den Auftraggeber halten soll. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2021 Zivilrecht 227 2. Recht des K zum Erwerb des Grundstücks von den B Zum anderen enthält die mündliche Vereinbarung das Recht des K von den B die Übereignung zu fordern, nachdem diese Eigentümer geworden sind. Auch in dieser Abrede könnte eine beurkundungspflichtige Vereinbarung im Sinne des § 311b I 1 BGB liegen. [13] Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt noch richtig sieht, ist nach der ständigen, schon auf das Reichsgericht zurückgehenden (…) Rechtsprechung des Senats der treuhänderische Auftrag zur Beschaffung eines Grundstücks nicht im Hinblick auf die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Weiterübertragung des Grundstücks auf den Auftraggeber nach § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB beurkundungsbedürftig. Denn diese Verpflichtung ergibt sich nicht erst aus der hierauf gerichteten vertraglichen Abrede, sondern folgt schon aus § 667 BGB, wonach der Auftragnehmer das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte an den Auftraggeber herauszugeben hat (…). [15] (…) Besteht der Inhalt eines Auftrags darin, ein Grundstück im eigenen Namen auf Rechnung des Auftraggebers zu erwerben und für diesen zu halten, geht die Vereinbarung hinsichtlich der Pflicht des Beauftragten, das Grundstück an den Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben und zu übereignen, nicht über den Regelungsgehalt des Gesetzes in § 667 BGB hinaus. Die Vertragsparteien begründen keine eigenständige Übereignungspflicht des Beauftragten, sondern sie treffen eine Treuhandvereinbarung, die gesetzlich zur Folge hat, dass der Beauftragte verpflichtet ist, das durch die Ausführung des Auftrags Erlangte - Eigentum und ggf. Besitz an dem Grundstück - an den Auftraggeber herauszugeben. Diese gesetzliche Folge tritt unabhängig davon ein, ob die Vertragsparteien hierzu eine Regelung treffen; ausreichend ist, dass sie sich darüber einig sind, dass der Beauftragte das Grundstück für den Auftraggeber erwerben und halten soll. Dies unterscheidet die Vereinbarung über den treuhänderischen Erwerb eines Grundstücks von Vereinbarungen, bei denen die Übertragung des Grundstücks zu den Hauptpflichten einer Partei gehört und wesentlicher Vertragsbestandteil ist. So folgt etwa bei dem Grundstückskaufvertrag die Pflicht des Verkäufers, dem Käufer das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen, zwar ebenfalls aus dem Gesetz (§ 433 Absatz 1 Satz 1 BGB). Sie besteht aber nicht unabhängig von einer hierzu getroffenen Vereinbarung der Vertragsparteien. Fehlt es an einer Einigung der Vertragsparteien darüber, dass der Verkäufer dem Käufer das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen hat, fehlt es an einer der essentialia negotii. Denn hierzu gehört die Festlegung des Vertragstyps (…), das ist bei einem beabsichtigten Kauf die Vereinbarung einer Übereignungsbzw. Übertragungspflicht (…). Dann kommt kein Kaufvertrag zustande und § 433 Absatz 1 Satz 1 BGB nicht zur Anwendung (…). Fraglich ist, ob sich eine andere rechtliche Bewertung daraus ergibt, dass hier kein Durchgangserwerb geplant war, bei dem der Treunehmer mit dem Treugeber eine dingliche Einigung bereits antizipiert und z.B. eine Vormerkung auf den Eigentumserwerb erhält. Hier sollten die B das Grundstück für K ausschließlich halten, damit dieser es erwerben konnte. Die Parteien trafen eine aus Sicht der B fremdnützige Treuhandabrede, nach der die B beauftragt war, das Grundstück zu erwerben. Diese formnichtige Abrede wurde durch Erwerb des Grundstücks geheilt. Der Clou des Falles: Das Recht des K, die Übereignung des Grundstücks zu verlangen, folgt schon unmittelbar aus § 667 BGB. Diese aus dem Gesetz folgende Pflicht bedarf nach ständiger Rechtsprechung keiner notariellen Beurkundung, weil die Pflicht des Beauftragten in diesem Fall nicht über den gesetzlichen Regelungsgehalt des § 667 BGB hinausgeht. Es fehlt an einer über § 667 BGB hinausgehenden, eigenständigen Übereignungspflicht. Beim Kaufvertrag folgt die Verpflichtung des Verkäufers zur Übereignung aus den vertragswesentlichen Bestandteilen des Vertrages selbst. § 433 I 1 BGB enthält die gesetzliche Typisierung dieser Hauptleistungspflicht – gleichwohl ist der Vertrag selbst die Anspruchsgrundlage. Bei der Treuhandabrede, ein Grundstück für einen anderen zu erwerben und zu halten, ist exakt diese Pflicht der Vertragsinhalt. Die Pflicht zur Herausgabe, hier zur Übereignung, folgt dann aus den gesetzlichen Rechtsfolgen, genauer aus § 667 BGB. Darin sieht der BGH den Unterschied. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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