Aufrufe
vor 6 Jahren

RA 08/2017 - Entscheidung des Monats

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Auflage
  • Strafrecht
  • Vorsatz
  • Angeklagten
  • Stgb
  • Verlags
  • Urteil
  • Insbesondere
als Leseprobe

IMPRESSUM Herausgeberin:

IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Chef vom Dienst: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Rathausplatz 22, 46562 Voerde, Tel.: 02855/96171-80; Fax: 02855/96171-82 Internet: http://www.verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Theresa Bauerdick & Richterin am Amtsgericht Dr. Katharina Henzler (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Ines Hickl Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2017 STRAFRECHT Strafrecht 437 Problem: Mord durch „Ku‘damm-Raser“ Einordnung: Strafrecht AT/Abgrenzung Vorsatz - Fahrlässigkeit LG Berlin, Urteil vom 27.02.2017 (535 Ks) 251 Js 52/16 (8/16) EINLEITUNG In der vorliegenden Entscheidung verurteilt das LG Berlin zwei Autonarren, die bei einem privaten Autorennen auf dem Kurfürstendamm in Berlin einen Unfall und den Tod eines anderen Autofahrers verursacht hat, wegen mittäterschaftlichen Mordes gem. §§ 211, 25 II StGB. Diese Entscheidung hat in den Medien – insbesondere wegen der Bejahung eines Tötungsvorsatzes durch das LG – große Beachtung gefunden. SACHVERHALT Die Angeklagten H und N gehören zu einer Szene von Autonarren, die nachts in Berlin in verschiedenen Shisha-Bars verkehren. Sie lernten sich dort spätestens eine Woche vor dem Tattag kennen. Gegen 00:30 Uhr am 1. Februar 2016 verließen N und K die „Shisha-Lounge D“ und bestiegen den Mercedes-Benz AMG CLA 45 des N, der K nach Hause bringen wollte. Am Adenauerplatz angekommen, hielt N an der rotes Licht abstrahlenden Lichtzeichenanlage in der rechten Fahrspur an. H fuhr mit seinem Audi S6 TDI 3.0 Quattro zur gleichen Zeit den Kurfürstendamm entlang. Am Adenauerplatz näherte er sich von hinten auf der linken der beiden Fahrspuren dem Fahrzeug des N und hielt an der roten Ampel mit heruntergelassener Beifahrerscheibe direkt neben diesem an. H machte nun mit lauten Motorengeräuschen im Leerlauf seines Fahrzeugs auf sich aufmerksam und signalisierte zugleich, dass er zu einer Wettfahrt bereit sei. Es erfolgte ein kurzes Gespräch zwischen H und N durch die geöffneten Seitenscheiben ihrer Fahrzeuge, in dessen Verlauf es zur Verabredung eines Stechens, also eines illegalen Straßenrennens kam, obwohl zu dieser Zeit ein zwar den nächtlichen Gegebenheiten entsprechendes, jedoch nicht unerhebliches Verkehrsaufkommen herrschte. Jura Intensiv Der Verabredung entsprechend raste H im unmittelbaren Anschluss an das Gespräch unter Überfahren von roten Ampeln mit stark überhöhter Geschwindigkeit los. N nahm unter deutlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und ebenfalls unter Überfahren von roten Ampeln die Verfolgung des H auf. H und N waren entschlossen, vor dem jeweils anderen das Ziel am Kaufhaus „P“ zu erreichen und dabei alle Verkehrsregeln außer Acht zu lassen. H und N rasten Kopf an Kopf Richtung Wittenbergplatz. Mit einem noch leichten Vorsprung von wenigen Metern und einer Geschwindigkeit von 139 bis 149 km/h fuhr N bei Rot in den Kreuzungsbereich Tauentzienstraße/ Nürnberger Straße ein. Auch H fuhr bei Rot in den Kreuzungsbereich ein, wobei dieser zwischenzeitlich eine Geschwindigkeit von mindestens 160 bis 170 km/h erreicht hatte. LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln ist erfüllt, wenn der Täter ein Mittel zur Tötung einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat; dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation. 2. Mittäterschaft liegt vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will; ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. 3. Bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit unterscheiden sich darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintreten des schädlichen Erfolges in der Weise einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt oder dass er sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet. 4. Die Prüfung, ob bedingter Vorsatz oder bewusste Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei schon eine Gleichgültigkeit gegenüber dem hingenommenen Tod des Opfers die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA - Digital

Rspr. des Monats