Aufrufe
vor 7 Jahren

RA Digital - 01/2017

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Urteil
  • Bauo
  • Stgb
  • Anspruch
  • Recht
  • Zivilrecht
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

42 Referendarteil:

42 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 01/2017 Verbleibender Klageantrag: Indikativ Präsens Antrag des Beklagten: Indikativ Präsens Beklagtenvorbringen: Konjunktiv Präsens Im Übrigen beantragt der Kläger, die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 22. September 2014 (Az.: 53.23.62) wird aufgehoben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vor, es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich die Kundenreisen vertreibe, da er jedenfalls als Reisevermittler tätig werde. Deshalb sei von einem eigenständigen Gewerbe auszugehen. [...]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Bei einer übereinstimmenden Teilerledigung im Klageverfahren ist das Urteil die zutreffende Entscheidungsform, in dem der Einstellungsbeschluss „aufgeht“. Zunächst ist im Prozessvorspann die Einstellungsentscheidung hinsichtlich der Teilerledigung darzustellen. Sodann folgt die Prüfung des aufrechterhaltenen Sachantrags, der ein Ergebnissatz voranzustellen ist. Rechtsgrundlage § 69 I 1 Arzneimittelgesetz (AMG): „Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.“ In einer Klausur ist ein solches Vorgehen natürlich nicht erlaubt. Von den Beteiligten aufgeworfene Rechtsfragen sind dort immer zu beantworten. Darlegung der allgemeinen Rechtsgrundsätze Sinn und Zweck des § 2 IV ApBetrO Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, § 2 Rn. 67 „Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Ziffer 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 22. September 2014, mit der dem Kläger aufgegeben wird, die Bewerbung und Vermittlung von Kundenreisen sowie die Beratung der Kunden hierzu in den Apothekenbetriebsräumen der Q. -Apotheke zu unterlassen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Rechtsgrundlage für die angefochtene Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. […] Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf die Überwachung des ordnungsgemäßen Betriebs von Apotheken und ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht. Die auf § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung ist formell und materiell rechtmäßig. [...] Es kann dahinstehen, ob - wie der Beklagte meint - ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a) ApBetrO vorliegt, wonach die Apothekenbetriebsräume durch Wände oder Türen von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten Räumen abzutrennen sind. Eine gewerbliche Tätigkeit liegt nur dann vor, wenn sie mit einer Gewinnerzielungsabsicht einhergeht. Jura Intensiv Ob dies bei den beanstandeten Tätigkeiten des Klägers der Fall ist, weil er für seine Tätigkeit vom Reiseveranstalter zwar keine Vergütung erhält, dafür aber zusammen mit seiner Ehefrau kostenlos an den Reisen teilnehmen darf, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Der Kläger hat jedenfalls gegen § 2 Abs. 4 i.V.m. § 1a Abs. 11 ApBetrO verstoßen, indem er nicht apothekenübliche Dienstleistungen in den Betriebsräumen der Q. -Apotheke erbracht hat. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO darf der Apothekenleiter neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Waren nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags nicht beeinträchtigt. Dies gilt gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 für apothekenübliche Dienstleistungen im Sinne von § 1a Abs. 11 ApBetrO entsprechend. § 2 Abs. 4 ApBetrO soll verhindern, dass ein Apothekenleiter durch ein umfangreiches Anbieten oder Feilhalten von apothekenüblichen Waren und Dienstleistungen in der Apotheke die gesetzliche Aufgabe der Apotheken, die ordnungsgemäße Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2017 Referendarteil: Öffentliches Recht 43 Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sicherzustellen […], vernachlässigt […]. [...] Vor diesem Hintergrund ist der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 4 ApBetrO ein zweifacher. Aus § 2 Abs. 4 ApBetrO folgt unmittelbar, dass apothekenübliche Waren und Dienstleistungen nur in einem solchen Umfang angeboten und feilgehalten werden dürfen, dass der Vorrang des öffentlichrechtlichen Auftrags, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen, nicht beeinträchtigt wird. Aus § 2 Abs. 4 ApBetrO folgt aber auch - mittelbar -, dass ein Anbieten und Feilhalten von apothekenunüblichen Waren und Dienstleistungen, also solchen, die nicht in § 1a Abs. 10 und Abs. 11 ApBetrO genannt […] sind, unzulässig ist. Vorliegend steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger […] nichtapothekenübliche Dienstleistungen angeboten und erbracht hat, indem er in den Betriebsräumen der Q. -Apotheke Werbung für die sogenannten „Kundenreisen“ machte, Kunden zu den Reisen beriet, Anmeldeformulare ausfüllte, diese an den Reiseveranstalter weiterleitete und die Reisen hierdurch auch vermittelte. Dies ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben des Klägers, der eingeräumt hat, Werbeflyer und Werbeplakate für die Kundenreisen unmittelbar vor dem Eingang der Apotheke ausgelegt bzw. aufgestellt, das „1. C1. Gesundheitsmagazin“ mit Werbeanzeigen für die Reisen in der Apotheke an Kunden ausgehändigt, Informationen zu den Reisen in der Apotheke an Kunden weitergegeben und Anmeldeformulare für diese ausgefüllt und an den Reiseveranstalter weitergeleitet zu haben. [...] Bei der Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen sowie der Beratung hierzu handelt es sich auch nicht um apothekenübliche Dienstleistungen i.S.d. § 1a Abs. 11 ApBetrO. Der Begriff der Dienstleistung ist in der ApBetrO nicht definiert. Zu eng wäre es, den Begriff der Dienstleistung auf Dienste im Sinne eines Dienstvertrages nach § 611 BGB zu beschränken. Vielmehr kann die vereinbarte Leistung des Apothekers auch - wie das gesetzliche Beispiel des patientenindividuellen Anpassens von Medizinprodukten (§ 1a Abs. 11 Nr. 3 ApBetrO) verdeutlicht - auf die Erreichung eines Erfolges gerichtet sein. Der Begriff der Dienstleistung ist daher weit zu fassen. Er bezieht sich auf alle Leistungen, die neben den zum Hauptgeschäft gehörenden Leistungen angeboten werden und sich nicht auf den Verkauf apothekenüblicher Waren beschränken. Anders als bei den apothekenüblichen Waren ist für eine apothekenübliche Dienstleistung nicht kennzeichnend, dass sie gegen Entgelt erbracht wird. Insbesondere die in § 1a Abs. 11 Nr. 1 ApBetrO genannte Beratung wird nicht selten unentgeltlich erfolgen […]. Die Bewerbung und Vermittlung der Kundenreisen sowie die Beratung hierzu stellen Dienstleistungen in diesem Sinne dar. Es handelt sich dabei um Leistungen, die der Kläger für die Kunden neben den zum Hauptgeschäft gehörenden Waren und Leistungen angeboten hat. Dabei kommt es - wie oben dargestellt - auch nicht darauf an, dass der Kläger für das Ausfüllen und die Weitergabe der Anmeldeformulare sowie für die Information und Beratung der Kunden über die Kundenreisen kein Entgelt verlangt haben mag. Jura Intensiv Apothekenüblich ist eine Dienstleistung i.S.d. § 1a Abs. 11 ApBetrO dann, wenn sie der Gesundheit von Menschen oder Tieren dient oder diese fördert. […] Apothekenübliche Dienstleistungen setzen demnach per Definition einen Gesundheitsbezug voraus, der im Fall Subsumtion des konkreten Sachverhalts Beachte: Die genaue Auswertung der Sachverhaltsangaben ist natürlich immer wichtig. Ihr kommt aber besondere Bedeutung zu, wenn - wie hier - unbekannte Gesetze zu prüfen sind. Dann sind die Äußerungen der Beteiligten gleichsam Hinweise des Prüfungsamtes an den Prüfling, was er an Rechtsfragen zu erörtern hat. Auch dürften die Äußerungen der Beteiligten in solchen Klausuren besonders umfangreich sein, weil vom Prüfling keinerlei Kenntnisse zu dem maßgeblichen Rechtsvorschriften erwartet werden können. Auslegung des Begriffs „Dienstleistung“ Bei der Auslegung von gesetzlich nicht definierten Begriffen bietet sich immer ein Rückgriff auf Begriffsbestimmungen aus anderen Rechtsbereichen an. Diese sollten aber nicht unüberlegt übernommen werden, vielmehr ist zu prüfen, ob Sinn und Zweck im konkreten Fall eine andere Auslegung gebieten. Subsumtion des konkreten Sachverhalts Begriffsbestimmung „apothekenüblich“: Legaldefinition in § 1a XI ApBetrO © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats