Aufrufe
vor 5 Jahren

RA Digital - 01/2019

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

RA

RA 01/2019 Zivilrecht 13 [46] Angesichts dieses Eingriffs in die Privatsphäre des K kann allein die Mitteilung, dass und wo sich der (damalige) Kapitän der Fußballnationalmannschaft im Urlaub aufhält, bei Abwägung der jeweiligen Interessen kein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 I Nr. 1 KUG begründen, sondern dient allein der Befriedigung der Neugier der Leser an Details seines Privatlebens. Denn auch wenn es sich bei K um eine prominente Person handelt, die im Zeitpunkt der Berichterstattung aufgrund der vergangenen bzw. anstehenden Länderspiele im Blickpunkt des öffentlichen Interesses gestanden haben mag, enthält das Foto im Kontext mit der begleitenden Wortberichterstattung keine weitergehende Information als einen Flirt des K mit einer „unbekannten Schönen“, womit allein die Information bebildert wird, dass K einen Kurzurlaub in Frauenbegleitung auf Ibiza bzw. einer Yacht verbringt.“ Mithin liegt der Ausnahmetatbestand des § 23 I Nr. 1 KUG nicht vor. B durfte das Bild nicht einwilligungsfrei veröffentlichen und hat damit rechtswidrig in das Recht der K am eigenen Bild eingegriffen. IV. Störereigenschaft der B B ist zudem Handlungsstörerin. V. Wiederholungsgefahr Der Anspruch auf Unterlassung einer Handlung liegt schließlich nur dann vor, wenn eine erneute Rechtsverletzung künftig zu erwarten ist. Zu prüfen ist daher eine Wiederholungsgefahr. Sie wird bei bereits geschehener Rechtsverletzung vermutet. An die Widerlegung der Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen. Anhaltspunkte dafür - wie etwa die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung - liegen nicht vor. Die Wiederholungsgefahr ist mithin gegeben. B. Ergebnis K hat gegen B einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verbreitung des Bildes analog § 1004 I 2 BGB i.V.m. § 823 I BGB, §§ 22, 23 KUG. Jura Intensiv FAZIT Gem. § 23 I Nr. 1 KUG bedarf das Anfertigen und Verbreiten von Bildaufnahmen keiner Einwilligung des Betroffenen, wenn dem Verbreiten eines Bildes ein zeitgeschichtliches Ereignis zugrunde liegt. In einem solchen Fall muss das Anfertigen und Verbreiten von Aufnahmen grds. hingenommen werden, da ein sog. öffentliches Informationsinteresse vorliegt. Personen der Zeitgeschichte sind beispielsweise Politiker, Schauspieler aber auch Sportler – wie etwa die Spieler der Fußballnationalmannschaft. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass § 23 I Nr. 1 KUG nur solche Bilder aus dem Erfordernis einer Einwilligung herausnimmt, die die bekannten Personen in der Öffentlichkeit zeigen. Fotos oder Videos aus dem Privat- oder Intimbereich dürfen auch von diesen nicht ohne Einwilligung gemacht werden. Dies zeigt die Entscheidung des OLG Köln sehr anschaulich. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt zugunsten des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des K gem. Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG aus. Die Wiederholungsgefahr wird hier aufgrund des Verhaltens der B in der Vergangenheit vermutet und kann nicht widerlegt werden. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

14 Zivilrecht RA 01/2019 Problem: Schallschutz von Nachbarn bei Berufsmusikern Einordnung: Nachbarrechtlicher Unterlassungsanspruch BGH, Urteil vom 26.10.2018 V ZR 143/17 LEITSATZ 1. Da das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung gehört, sind daraus herrührende Geräuscheinwirkungen jedenfalls in gewissen Grenzen zumutbar und in diesem Rahmen als unwesentliche Beeinträchtigung des benachbarten Grundstücks i.S.v. § 906 I BGB anzusehen; insoweit hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument (hier: Trompete) im häuslichen Bereich spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker und umgekehrt. 2. Dass sich Geräuscheinwirkungen durch die Nutzung von Nebenräumen wie einem Dachgeschossoder Kellerraum verhindern oder verringern lassen, rechtfertigt es nicht, dem Nachbarn das Musizieren in den Haupträumen seines Hauses gänzlich zu untersagen. EINLEITUNG Im vorliegenden Fall wollen die Bewohner eines Reihenhauses erreichen, dass sie das als Lärmbelästigung empfundene Trompetenspiel aus dem benachbarten Reihenhaus nicht mehr hören müssen. SACHVERHALT (LEICHT ABGEWANDELT) Der Kläger (K) bewohnt als Nießbraucher ein Reihenhaus in einem Wohngebiet. Eigentümer und Bewohner des benachbarten Reihenhauses ist der Beklagte (B). Er ist Berufsmusiker (Trompeter) und übt sowohl im Erdgeschoss als auch in einem Proberaum im Dachgeschoss an zwei Tagen pro Woche etwa 180 Minuten unter Berücksichtigung der Mittags- und Nachtruhe. K fühlt sich davon erheblich in seiner eigenen Lebensführung gestört. Zudem arbeite sein im Haushalt lebender Sohn als Gleisbauer überwiegend nachts und schlafe tagsüber. K verlangt daher von B geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit das Spielen von Musikinstrumenten auf seinem Anwesen nicht wahrgenommen werden kann. Zu Recht? Prüfungsvermerk: § 3 I BImSchG: Schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. PRÜFUNGSSCHEMA Jura Intensiv A. K gegen B gem. §§ 1065, 1004 I 2 BGB I. Anspruchssteller ist Nießbraucher II. Beeinträchtigung des Nießbrauchrechts B. Ergebnis LÖSUNG K stützt sich hier auf den Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB. Er kann keine konkreten positiven Maßnahmen zum Schutz gegen den Lärm fordern, sondern lediglich Unterlassung der Verursachung des Lärms. Die Wahl der Maßnahmen bleibt dabei dem B überlassen. A. K gegen B gem. §§ 1065, 1004 I 2 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf das Ergreifen von Maßnahmen zum Schutz gegen die Geräusche aus dem Trompetenspiel gem. §§ 1065, 1004 I 2 BGB haben. I. Anspruchssteller ist Nießbraucher Der Anspruchsteller K ist Nießbraucher des Reihenhauses. Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden gem. § 1065 BGB auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften, d.h. auch § 1004 I 2 BGB, entsprechende Anwendung. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA - Digital

Rspr. des Monats