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RA Digital - 01/2020

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24 Referendarteil:

24 Referendarteil: Zivilrecht RA 01/2020 Der Streitwert wird auf 1.100 € festgesetzt. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Interessant wäre noch die Konstellation, dass die Verweisung rechtsfehlerhaft erfolgt und dass das ursprüngliche Gericht „doch“ zuständig war. Davon dürften Sie sich nicht irritieren lassen. Das sodann eigentlich unzuständige Gericht, welches aber an die Verweisung gemäß § 281 II 4 ZPO gebunden ist, würde zu dem Ergebnis kommen, dass die Erledigung im Rechtssinne eintrat, da das ursprünglich angerufene Gericht zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zuständig war. Für den Streitwert maßgeblich ist lediglich der Wert der Hauptsache. Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten bleiben gemäß § 4 I, 2. HS ZPO unberücksichtigt. Bei Teilerfolg wird eine Kostenquote gebildet gemäß § 92 I 1 ZPO. § 92 II ZPO ist nicht einschlägig. Soweit der Kläger teilweise obsiegt, gilt es zu beachten, dass ein Feststellungstenor keinen vollstreckbaren Inhalt hat, Thomas/Putzo/ Seiler, ZPO, § 704 Rn 1. Beide Parteien können anteilig lediglich Ansprüche aus dem Kostentenor vollstrecken. Da beide vollstreckungsfähigen Ansprüche die in § 708 Nr. 1, 2. Var. ZPO genannte Wertgrenze nicht überschreiten, ist zugleich die Abwendungsbefugnis beider Parteien gemäß § 711 ZPO zu tenorieren. Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG Reduzierung der Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1211 Nr. 1 GKG FAZIT Dieser Fall bietet sich hervorragend für eine Assessorklausur an. Im Rahmen einer objektiven Klagehäufung könnte sodann die hier erläuterte Thematik aufgegriffen werden. Maßgeblich ist, dass das erledigende Ereignis zeitlich vor dem Verweisungsantrag an das zuständige Gericht seitens des Klägers erfolgt. Ob dies aufgrund sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit des zunächst angerufenen Gerichts erfolgt, dürfte unerheblich sein, da in beiden Fällen dieses Gericht unzuständig und damit die Klage unzulässig – losgelöst von der Heilungsmöglichkeit aufgrund Verweisung – ist. Ausreichend für eine Erledigung ist demgegenüber, dass der Verweisungsantrag zwar bereits gestellt, der gemäß § 281 I 1 ZPO erforderliche Beschluss aber noch nicht erlassen wurde, BGH, NJW 2019, 2544, 2545 Rn 22. Die Entscheidung ergeht als Urteil. Nur eine übereinstimmende Erledigungserklärung führt dazu, dass eine Entscheidung in Beschlussform gemäß § 91a ZPO ergeht. Hier liegt eine privilegierte Klageänderung vor. Über den neuen Antrag wird streitig verhandelt und in Urteilsform entschieden. Im Tatbestand beachten Sie, dass die ursprünglichen Anträge der Parteien als vorgezogene Prozessgeschichte dargestellt werden müssen. Aus dem Tatbestand muss ebenfalls hervorgehen, dass es sich um eine einseitige Erledigungserklärung handelt. Der Antrag auf Klageabweisung alleine reicht arg. ex § 91a I 2 ZPO nicht aus. Die Möglichkeit einer Erklärungsfiktion führt dazu, dass der Widerspruch – soweit er erfolgt – als Prozesshandlung erwähnt werden muss. Andernfalls bietet es sich zumindest aus Klarstellungsgründen an, auszuführen, dass innerhalb der gesetzlichen Frist ein Widerspruch nicht erfolgte. Dieser Fall ist ebenfalls interessant für Klausuren und Aktenvorträge aus anwaltlicher Sicht. Die Klage wird an einem unzuständigen Gericht rechtshängig und der Beklagte erfüllt den materiell-rechtlich begründeten Anspruch. Zu prüfen ist, welches Vorgehen des Prozessvertreters des Klägers zweckdienlich ist. Der Rechtsanwalt des Klägers kann den Regressanspruch des eigenen Mandanten gegen ihn nicht verhindern. Die Anrufung des falschen Gerichts ist ein Anwaltsfehler, die hieraus für den Mandanten entstehenden Kosten kann dieser gegenüber seinem Rechtsanwalt geltend machen. Dies ist nach Erfüllung des klageweise geltend gemachten Anspruches nicht zu verhindern. Gibt der Kläger keine weiteren Erklärungen ab, findet ggf. ein Hauptverhandlungstermin statt und die Klage wird abgewiesen. Erklärt K den Rechtsstreit – wie hier – einseitig für erledigt, ist die Klage abzuweisen. Hieran ändert sich auch nichts, wenn B – ebenfalls rechtsfehlerhaft – sich der Erledigungserklärung anschließen würde. Im Rahmen des Beschlusses gemäß § 91a ZPO muss das Gericht ebenfalls zu dem Ergebnis kommen, dass zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses die Klage unzulässig war. Es ist zu erwägen, dass es zweckdienlich sein kann, dass K die Klage gemäß § 269 I ZPO zurücknimmt. Die Terminsgebühr würde nicht anfallen und die Gerichtskosten würden sich von einem 3,0-Faktor auf einen 1,0-Faktor reduzieren. Dies würde zumindest den Schaden, den die Anrufung des unzuständigen Gerichts erzeugt hat, mindern. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2020 NEBENGEBIETE Nebengebiete 25 Gesellschaftsrecht Problem: Haftung in der Partnerschaftsgesellschaft Einordnung: § 8 PartGG BAG, Urteil vom 12.09.2019 IX ZR 190/18 EINLEITUNG Vor allem im Zweiten Examen muss damit gerechnet werden, dass mal eine Aufgabe aus dem Bereich des PartGG gestellt wird. Hierbei geht es dann vor allem um Transferleistungen des Prüflings. Die Partnerschaft ist eine Personengesellschaft, in der sich Angehörige freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen, § 1 I 1 PartGG. Die Partnerschaft ist durch Verweise auf das Recht der OHG (§§ 105 ff. HGB) eng an die OHG angelehnt. Sie ist namensrechtsfähig, aktiv und passiv parteifähig, grundbuchfähig, deliktsfähig (§ 7 II PartGG i. V. mit § 124 HGB) und insolvenzfähig (§ 11 II Nr. 1 InsO). Die Partnerschaft selbst ist Trägerin des Gesellschaftsvermögens. Jedoch ist zu beachten: Die Partnerschaft betreibt kein Handelsgewerbe und ist folglich kein Formkaufmann (§ 1 I 2 PartGG). Das Haftungsregime der Partnerschaft Eine Partnerschaft haftet als rechtsfähige Gesellschaft mit ihrem gesamten Vermögen für alle Schulden aus Vertrag mit Dritten wie auch für sonstige Verbindlichkeiten. Für die Partner besteht gem. § 8 I PartGG eine akzessorische und gesamtschuldnerische Haftung für die Verbindlichkeiten der Partnerschaft, die mit § 128 HGB vergleichbar ist. § 8 II PartGG schafft für berufliche Fehler eine Ausnahme zur akzessorischen Haftung aller Partner: Die Haftung für fehlerhafte Berufsausübung konzentriert sich auf den „befassten Partner“; die nicht befassten Partner haften nicht. Das Haftungsregime entspricht dann dem einer KG mit wechselndem Kommanditisten. Jura Intensiv Haftungskonzentration Bei der Partnerschaft wird also bei der Frage der Haftung des jeweiligen Partners – nicht der Partnerschaft, diese haftet stets mit ihrem gesamten Vermögen! – gem. § 8 II PartGG je nach dem Grund der Haftung differenziert. Es sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Für alle Ansprüche, die nicht aus beruflichen Fehlern stammen, besteht eine unbeschränkte akzessorische Haftung der Partner. Demgegenüber ist die Haftung für Ansprüche aus beruflichen Fehlern auf diejenigen Partner beschränkt, die mit der Bearbeitung des Auftrags befasst waren, § 8 II PartGG. LEITSATZ Bearbeitet ein Kanzleipartner zunächst ein Mandat und gibt dieses später an einen Kollegen ab, so befreit ihn das nicht von der Haftung für danach gemachte Fehler in der Prozessführung. Kein Formkaufmann gem. § 6 II HGB! Differenzierung gem. § 8 I, II PartGG: Ansprüche aus beruflichen Fehlern und sonstige Ansprüche Reichweite der Haftungskonzentration Die Konzentration der Haftung für fehlerhafte Berufsausübung auf den „befassten Partner“ nach § 8 II PartGG bewirkt der Sache nach, dass die Partner trotz ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit in einer Partnerschaft wie Mitglieder einer Bürogemeinschaft haften. Die Haftungskonzentration tritt aber auch nur ein, wenn sie wie in einer Bürogemeinschaft arbeiten. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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