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RA Digital - 02/2017

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62 Zivilrecht

62 Zivilrecht RA 02/2017 Wirksamer Kaufvertrag gem. § 433 BGB als beabsichtigter Hauptvertrag zwischen B und E II. Wirksamer Hauptvertrag Daneben setzt § 652 I 1 BGB für das Entstehen des Provisionsanspruchs den wirksamen Abschluss des angestrebten Hauptvertrags voraus. Laut Sachverhalt hat B mit Kaufvertrag vom 10.10.2014 das Objekt in der V.-Str. 16 in München zu einem Kaufpreis i.H.v. 2.300.000 € vom bisherigen Eigentümer E erworben. Ein wirksamer Hauptvertrag liegt damit vor. III. Maklerleistung B hat als Maklerleistung den Nachweis zur Gelegenheit des Vertragsschlusses durch Mitteilung von Name und Adresse des bisherigen Eigentümers erbracht. Kein Ausschluss des Kausalzusammenhangs von Maklerleistung und Hauptvertrag durch den 200.000 € geringeren Kaufpreis Entscheidende Frage: Ist der geschlossene Vertrag wirtschaftlich ein anderer als der nachzuweisende? Typisch: Je länger das Objekt auf dem Markt ist, desto schneller und tiefer sinkt der Preis. Kein Ausschluss des Kausalzusammenhangs von Maklerleistung und Hauptvertrag durch die erst Monate später folgende Betreuung durch einen anderen Makler Typische Besonderheit beim Nachweismakler: Mitkausalität kann genügen. Sie wird vermutet, wenn noch kein Jahr seit dem Nachweis vergangen ist. Jedoch kann der Kunde die Vermutung widerlegen. IV. Kausalzusammenhang zwischen Maklerleistung und Hauptvertrag Weiterhin müsste der Hauptvertrag infolge der Maklerleistung der K zustande gekommen sein. Der nötige vertragsadäquate Kausalzusammenhang ergibt sich hier aus dem o.g. Nachweis und der Tatsache, dass der Vertragsschluss der Nachweistätigkeit in angemessenem Zeitabstand nachfolgte. „II.1.d) An der Kongruenz fehlt es nicht deshalb, weil der Kaufpreis um 200.000 €, also um 12,5 % niedriger ist als der ursprünglich ausgeschriebene. Der BGH hat zur wirtschaftlichen Gleichwertigkeit des abgeschlossenen Vertrags im Verhältnis zu dem im Maklervertrag zugrunde gelegten ausgeführt, dass es bei Grundstücksgeschäften häufig vorkomme, dass Vertragsschließende ihre Vorstellungen nicht voll verwirklichen könnten, die sie bei Beginn der Vertragsverhandlungen und bei Beauftragung des Maklers gehabt hätten; das erforderliche (gegenseitige) Nachgeben, um den Vertragsschluss herbeizuführen, könne sich dabei nicht nur auf die Höhe des Kaufpreises und die Nebenbestimmungen, sondern auch auf den Umfang der Sachleistung beziehen. Soweit sich die Abweichungen im Rahmen dessen hielten, womit der Maklerkunde bei der Beauftragung des Maklers gerechnet habe, könnten sie den Provisionsanspruch nicht ausschließen. Entscheidend ist danach, ob sich unter Würdigung aller besonderen Umstände der abgeschlossene Vertrag als ein wirtschaftlich anderer darstellt, als der nach dem Maklervertrag nachzuweisende. Dabei ist bei für den Maklerkunden günstigen Preisabweichungen besonders in den Blick zu nehmen, ob diese sich noch in einem erwartbaren Rahmen bewegen, oder ob letztlich die abweichende Preisgestaltung auf Umständen beruht, die die wirtschaftliche Identität des nachgewiesenen zum abgeschlossenen Geschäft in Frage stellen. Dabei ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen, da sich insbesondere bei Grundstücken, die längere Zeit angeboten werden, der Preis typischerweise nach unten bewegt. Dementsprechend hat der BGH eine relevante Abweichung wegen des geringen Umfangs des gewährten Preisnachlasses von circa 15 % verneint. Hier liegt die Abweichung bei nur 12,5 %.“ II.1.e) Es fehlt auch nicht an der Kausalität, auch wenn B vorträgt, sie hätte an dem Objekt wegen des hohen Preises zunächst kein Interesse gehabt, sich anderweitig orientiert und sich deshalb auch nicht mehr bei K gemeldet. Vielmehr sei ihr das Objekt Monate später über einen anderen Makler angeboten worden. Dies lässt aber nach ständiger Rechtsprechung die Kausalität nicht entfallen. Es genügt eine Mitursächlichkeit der Nachweisleistung. Eine solche wird nicht mehr vermutet, wenn ein Jahr oder mehr zwischen dem Nachweis und dem Hauptvertragsabschluss vergangen sind. Allerdings kann der Kunde die Vermutung widerlegen. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2017 Zivilrecht 63 Der Vortrag der B, es habe kein Interesse mehr an dem Haus bestanden, weil es zu teuer gewesen sei, greift jedoch nicht durch, weil das streitgegenständliche Objekt auch von dem anderen Makler, der das Objekt später nachgewiesen hat, zum gleichen Preis angeboten worden war. Eine Unterbrechung der Kausalität ist nicht ersichtlich. Es genügt, dass B durch den ersten Nachweis durch die K auf das Objekt aufmerksam geworden sind.“ IV. Widerruf des Maklervertrags Die Willenserklärung der B und damit auch der Maklervertrag könnten jedoch gem. § 355 I 1 BGB a.F. unwirksam sein. Ein wirksamer Widerruf setzt das Bestehen eines Widerrufsrecht sowie die Widerrufserklärung innerhalb der Widerrufsfrist voraus. 1. Widerrufsrecht Ein Widerrufsrecht könnte sich hier aus § 312 d BGB a.F. ergeben. a) Persönlicher Anwendungsbereich Dies setzt zunächst voraus, dass B Verbraucherin ist. Gem. § 13 BGB ist dies jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. B hat das Haus vorliegend zu eigenen Wohnzwecken erworben. Sie ist damit Verbraucherin. Zudem hat K bei Abschluss des Vertrags in Ausübung ihrer gewerblichen bzw. selbständigen beruflichen Tätigkeit und damit als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB gehandelt. b) Sachlicher Anwendungsbereich Weiterhin müsste der Maklervertrag zwischen K und B ein Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312b BGB a.F. sein. Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmittel geschlossen werden. Fraglich ist, ob der Maklervertrag die Erbringung solcher Dienstleistungen beinhaltet. „II.2.b) Der BGH hat dies in seinen Urteilen vom 07.07.2016, Az. I ZR 30/15 und I ZR 68/15 für die dort zu entscheidenden Fälle bejaht. Die Frage der Einordnung des Maklervertrags als Dienstvertrag im Sinne des Fernabsatzrechtes hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17.06.2013 (WM 2013, 1619) offen gelassen und ausgeführt, dass dagegen (= die Anwendung des Fernabsatzrechts) die Eigenarten und Besonderheiten des Maklervertrags sprächen, der gerade kein „normaler“ Dienstvertrag sei, sondern ein Vertrag eigener Art. Das Thüringer Oberlandesgericht hat sich in MMR 2015, 438 mit umfassender Begründung und unter Auseinandersetzung mit den europarechtlichen Grundlagen für eine Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts ausgesprochen. Die zitierte Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts liegt dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.07.2016, Az. I ZR 68/15 zugrunde und wurde von diesem gehalten. Zwar liegt eine Begründung des Urteils des Bundesgerichtshofs noch nicht vor, doch ergibt sich aus dem Ergebnis, dass auch der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts auf Maklerverträge bejaht. Dies ist gerade auch im Hinblick auf § 312b III Nr. 3 BGB a.F., der Maklerverträge bezüglich Versicherungen ausdrücklich aus der Anwendbarkeit ausnimmt, überzeugend. Wären Maklerverträge keine Dienstverträge im Sinne des Gesetzes, bedürfte es keiner Ausnahme für die Versicherungen.“ Jura Intensiv Diese drei Voraussetzungen müssen auch in der aktuellen Fassung des Widerrufsrecht erfüllt sein. Lies zur Reform RA 2014, 277 ff. Dies entspricht §§ 312, 312c, 312g I BGB. Die persönliche Anwendbarkeit würde sich in der aktuellen Fassung des BGB aus §§ 312, 310 III, 13, 14 BGB ergeben. Der Fernabsatzvertrag ist aktuell in § 312c BGB geregelt. Im alten Widerrufsrecht war umstritten, ob der Maklervertrag die Erbringung von Dienstleistungen i.S.d. § 312b BGB a.F. beinhaltet. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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