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RA Digital - 02/2017

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82 Nebengebiete

82 Nebengebiete RA 02/2017 (3) Der Geschäftsführer erhält eine vom Cash-Flow der Gesellschaften abhängige Tantieme. Der Geschäftsführer erhält eine Abschlagszahlung auf die Tantieme in Höhe von 30.000 € bis zum 03.02. eines Kalenderjahres. Die endgültige Tantieme wird jährlich durch Beschluss der Gesellschafterversammlung von der Gesellschaft in einem Betrag nach Ablauf des Geschäftsjahres der Gesellschaft und Feststellung des Jahresüberschusses der Gesellschaft gezahlt. Der Cash-Flow errechnet sich dabei wie folgt: (...) (8) Mit der Zahlung des Gehalts sind Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten. § 5 Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Tod (1) Im Falle vorübergehender Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheiten oder anderen von dem Geschäftsführer nicht zu vertretenden Gründen hat der Geschäftsführer Anspruch auf Fortzahlung seines monatlichen Grundgehalts gemäß § 2 I für die Dauer von längstens sechs Monaten, längstens jedoch bis zum Zeitpunkt der Beendigung dieses Vertrages. (...) § 11 Schlussbestimmungen (5) Dieser Vertrag ersetzt alle vorangegangenen mündlichen oder schriftlichen Beratungen oder Vereinbarungen der Parteien über die Beschäftigungsbedingungen, Abfindungsvereinbarungen oder sonstige Leistungen, insbesondere auch etwaige Arbeitsverträge. Die Frage, ob ein „Sic- Non-Fall“ vorliegt, ist in der Klausur meist im Rahmen der Zulässigkeit einer Klage zu prüfen. Bei dieser Form der Aufgabenstellung ist dies eine Frage der Rechtswegseröffnung zu den Arbeitsgerichten. Mit Schriftsatz vom 17.05.2016 beantragt die Beklagte widerklagend: 1. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte den Vorschuss auf die Tantieme 2015 in Höhe von 30.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zurückzuzahlen. 2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte das gewährte Darlehen in Höhe von 25.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2016 zu zahlen. Mit Beschluss vom 25.05.2016 hat das ArbG den Rechtsstreit an das LG, Kammer für Handelssachen, verwiesen. Gegen diese, dem Kläger am 14.06.2016 zugegangene Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde nebst der am 28.06.2016 dort eingegangenen Beschwerdebegründung. Das ArbG hat der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und das Verfahren zur Entscheidung dem LAG vorgelegt. Der Kläger ist der Rechtsauffassung, durch seine Abberufung als Organ der Beklagten und Kündigung der Stellung als Geschäftsführer sei nicht gleichzeitig auch seine Position als Angestellter gekündigt worden. Der Kläger sei nicht nur seit dem 01.01.2015 Geschäftsführer der Beklagten, sondern seit dem 01.04.2012 auch deren Angestellter und Arbeitnehmer, der Arbeiten durchgeführt habe, die solche eines angestellten Arbeiters gewesen seien, als da wären Betriebsleiter, (...), Durchführungen von Tätigkeiten eines Landwirts etc.. Die Anstellungsverträge als Angestellter und Arbeitnehmer aus der Tätigkeit seit dem 01.04.2012 seien ungekündigt. Das KSchG sei mithin anwendbar. Die Geschäftsführertätigkeit habe nur auf dem Papier bestanden, um nach außen hin die Legitimation und Kompetenz einer landwirtschaftlichen Eignung als Betrieb nachweisen zu können, weshalb der Kläger für die der Beklagten Zurverfügungstellung seiner Qualifikation auch die zusätzlichen Tantiemen erhalten sollte und teilweise erhalten habe. Eine Einberufung zum Fremdgeschäftsführer dürfe nicht dazu führen, dass damit der langjährige Angestellte oder Arbeiter durch die nominelle Berufung zum Geschäftsführer aus bekannten Gründen seinen Kündigungsschutz verliere. Jura Intensiv PRÜFUNGSSCHEMA: ZULÄSSIGKEIT DER KLAGE I. Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten II. Sachliche Zuständigkeit III. Örtliche Zuständigkeit IV. Partei- und Prozessfähigkeit V. Statthafte Klageart VI. Feststellungsinteresse bei Feststellungsklage LÖSUNG II. Die zulässige und insbesondere fristgemäße sofortige Beschwerde des Klägers ist teilweise begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses und lediglich zur Verweisung des Rechtsstreits hinsichtlich des abgetrennten Klageantrages zu Ziffer 4 und der Widerklage an das zuständige Landgericht Neubrandenburg. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2017 Nebengebiete 83 1. Für die vom Kläger angekündigten Klageanträge zu den Ziffern 1, 2 und 3 aus dem Schriftsatz vom 24.05.2016 ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 I Nr. 3 b ArbGG eröffnet. (…) Mit dem Klageantrag zu Ziffer 1 begehrt der Kläger die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer fristlosen Kündigung und in diesem Zusammenhang die Feststellung des Fortbestandes des von ihm behaupteten Arbeitsverhältnisses. Mit dem Klageantrag zu 2 wendet sich der Kläger gegen die fristgemäße Kündigung vom 04.11.2015 und begehrt diesbezüglich ebenfalls die Feststellung des Fortbestandes des von ihm behaupteten Arbeitsverhältnisses. Dem Klageantrag zu Ziffer 3 begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsverhältnisses. Mithin handelt es sich bei den drei genannten Klageanträgen jeweils um einen sogenannten „Sic-Non- Fall“ (...). Denn die gestellten Klageanträge zu den Ziffern 1 bis 3 können ausschließlich nur dann begründet sein, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis tatsächlich einzuordnen ist. Dies ist beispielsweise - wie hier - dann der Fall, wenn die klagende Partei ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend macht, (...). Mithin reicht bezüglich der Klageanträge zu den Ziffern 1 bis 3 aus dem Schriftsatz vom 24.05.2016 die reine Behauptung des Klägers, zwischen den Parteien habe auch über den 01.01.2015 hinaus ein Arbeitsverhältnis bestanden, zur Begründung der Rechtswegzuständigkeit zu den Gerichten für Arbeitssachen aus. Entgegen der Auffassung des ArbG steht dem der Beschluss des LAG M-V vom 19.11.2015 - 3 Ta 38/15 nicht entgegen. Der dortige Sachverhalt ist mit den hier festzustellenden Tatsachen nicht vergleichbar. In dem dortigen Verfahren hatte sich die Klage ausdrücklich nur gegen die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Beendigung eines Geschäftsführerdienstleistungsvertrages gerichtet. Die Statusfeststellung des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses war gerade nicht geltend gemacht worden, so dass dort ein sogenannter „et-et-Fall“ und nicht - wie hier - ein sogenannter „Sic-Non- Fall“ zu entscheiden war. Jura Intensiv 2. Im Übrigen ist hinsichtlich der mit den Schriftsätzen vom 24.05.2016 und 28.09.2016 angekündigte Zahlungsantrag zu Ziffer 4 – ebenso wie hinsichtlich der Widerklage – der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet. Diesbezüglich ist ein sogenannter „Sic-Non-Fall“ nicht gegeben, da sich das Klagebegehren aus einer arbeitsrechtlichen oder bürgerlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage ergeben kann. In einem solchen Fall reicht die bloße Behauptung des Klägers, er sei Arbeitnehmer, zur Begründung der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht aus. Vielmehr bedarf es insoweit der schlüssigen Darlegung des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses. Diesen Voraussetzungen wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Vielmehr hätte der Kläger im Einzelnen jedenfalls schlüssig die Umstände darlegen müssen, aus denen gegebenenfalls der Bestand eines Arbeitsverhältnisses hätte geschlussfolgert werden können. Der diesbezüglich mangelnde Sachvortrag geht zu seinen Lasten. Im Gegenteil kann nach den Vereinbarungen in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag der Bestand eines Arbeitsverhältnisses gerade nicht festgestellt werden. Die in § 1 I und in § 1 IV bis Abs. 6 des Geschäftsführeranstellungsvertrages festgehaltenen Regelungen sind für eine Tätigkeit als Fremdgeschäftsführer ebenso Es ist nicht selbstverständlich, dass das LAG hier von einem Sic-Non-Fall ausgeht, da der Wortlaut des § 626 BGB sich generell auf Dienstverträge bezieht. Klarheit bringt insoweit z.B. der Beschluss des LAG Hamm, 26.03.2008, 2 Ta 830/07: Will der Kläger festgestellt haben, dass das bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung nicht beendet wurde, liegt ein Sic- Non-Fall vor. Lautet der Klageantrag z.B. darauf, dass die außerordentliche Kündigung das „Vertrags-“ oder „Dienstverhältnis“ nicht beendet habe, liegt kein Sic-Non-Fall vor. Wenn also geltend gemacht wird, dass ein „wichtiger Grund“ i.S.d. § 626 I BGB nicht vorliegt, entscheidet die Formulierung des Antrags des Klägers darüber, ob ein Sic-Non-Fall gegeben ist. Wird ein Sic-Non-Antrag gestellt, ist die Klage – ohne, dass es auf den wichtigen Grund ankommt – unbegründet, wenn der Kläger kein Arbeitnehmer ist. Diese Entscheidung ist bereits in der RA 2016, 137 aufbereitet worden. Zum Vergleich und zur Abgrenzung wird die Lektüre dringend empfohlen. Ob ein „Sic-Non-Fall“ vorliegt, ist für jeden Klageantrag separat zu klären. Anders ist dies nur beim sog. „unechten Hilfsantrag“. Ein solcher liegt vor, wenn er für den Fall des Obsiegens mit dem Hauptantrag gestellt wird. In diesem Fall entscheidet alleine der Hauptantrag über den Rechtsweg und der unechte Hilfsantrag wird – schon aus Gründen der Prozessökonomie - „mitgezogen“. Typisch im Arbeitsrecht: Verzugslohn und Weiterbeschäftigung. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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