Aufrufe
vor 6 Jahren

RA Digital - 02/2018

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Urteil
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Recht
  • Auflage
  • Stgb
  • Strafrecht
  • Anspruch
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

76 Referendarteil:

76 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2018 Rechtliche Betrachtung: Wer ist Eigentümer? BGH, Urteil vom 03.02.1996, II ZR 176/63 Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse kommt es nicht an. BGH, Urteil vom 17.06.2005, V ZR 78/04 Hier wirkt sich die materiellrechtliche Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs zivilprozessual aus! Aufgrund der Beschlagnahme des Grundstücks gem. § 23 I 1 ZVG ist die danach erfolgte Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin gegenüber der Beklagten unwirksam. Die Klägerin kam ihrer Darlegungslast nicht nach. Deshalb konnten §§ 878, 892 BGB nicht berücksichtigt werden. I.2.b) bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Einwilligung nach § 418 I 3 BGB auch dann auf diejenige des eingetragenen Eigentümers und nicht auf die eines künftigen bzw. wirtschaftlichen Eigentümers an, wenn zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen, der Kauf-preis entrichtet und ihm durch den Grundstückseigentümer eine Belastungsvollmacht erteilt worden ist. Der Gesetzgeber wollte § 418 I BGB „klare und bestimmte Verhältnisse“ schaffen. Dem widerspräche es, die für die Zustimmung maßgebliche Person nach wirtschaftlichen Kriterien entsprechend den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles zu bestimmen. Im Übrigen bleibt es dem Erwerber eines Grundstücks, den der Verkäufer - wie hier - durch Erteilung einer Belastungsvollmacht zur Bestellung von Grundschulden ermächtigt hat, unbenommen, einem etwaigen Interesse an einer künftigen Schuldübernahme durch einen Dritten durch entsprechende Vereinbarungen bereits bei Vertragsschluss mit dem Verkäufer Rechnung zu tragen.“ Der Anspruch steht allerdings nicht der Klägerin zu. Denn der Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB steht nur dem wirklichen Inhaber des betroffenen Rechts zu, also dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks. Gemäß § 891 I BGB wird zwar vermutet, dass der im Grundbuch als Eigentümerin eingetragenen Klägerin dieses Recht auch tatsächlich zusteht. Ein Grundbuchberichtigungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bestünde aber nur, wenn sie auch im Verhältnis zu der Beklagten als Eigentümerin des Grundstücks anzusehen ist. Die Beschlagnahme des Grundstücks hat zu einem Veräußerungsverbot geführt. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass eine gegen das Verbot verstoßende Eigentumsübertragung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger unwirksam ist, § 23 I 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin das Eigentum aufgrund eines vorgemerkten Anspruchs erworben hat, da die Beklagte die Zwangsvollstreckung aus einem der Auflassung vorrangigen Recht betreibt. Der Eigentumserwerb wäre nur dann im Verhältnis zu der Beklagten als Vollstreckungsgläubigerin wirksam, wenn die Klägerin auf der Grundlage von § 878 BGB oder § 892 BGB Eigentum erworben hätte. Hierzu hat die insoweit darlegungsbelastete Klägerin auch auf Hinweis des Gerichts nach § 139 ZPO nichts vorgetragen. Jura Intensiv Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 S. 1, 2 ZPO. FAZIT § 418 I 2, 3 BGB gelten analog für den Sicherungsgeber einer Sicherungsgrundschuld. Die Einwilligung gem. § 418 I 3 BGB muss der Eigentümer erteilen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2018 Referendarteil: Zivilrecht 77 Problem: Verkehrssicherungspflichten im Schwimmbad Einordnung: ZPO I, Deliktsrecht BGH, Urteil vom 23.11.2017 III ZR 60/16 EINLEITUNG Bei Klagen wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht hilft der Palandt mit seinem Detailreichtum. Allerdings kann man sich in diesem Dschungel der Einzelfallrechtsprechung auch verlieren. Gefordert werden Aufbausicherheit, Präzision bei den dogmatischen Herleitungen sowie Geschick bei den unvermeidlichen Abwägung. Die nachfolgende BGH-Entscheidung zu Fragen der Beweislast bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten im Schwimmbad zeigt anschaulich, wie man diesen Anforderungen gerecht wird. TATBESTAND Die Klägerin macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach einem Badeunfall geltend. Die beklagte Verbandsgemeinde (Beklagte zu 2) betreibt einen künstlich angelegten, jedoch naturnah gestalteten Badesee als öffentliche Einrichtung. Das Hauptbecken des Schwimmbads beinhaltet einen etwa neun Meter breiten und 16 Meter langen Schwimmerbereich, in dem die Wassertiefe mehrere Meter beträgt. An dessen westlicher Seite befindet sich ein Sprungfelsen mit einem umgebenden Sprungbereich. Dieser ist von dem übrigen Schwimmareal mittels orangener Bojen abgegrenzt, deren Durchmesser etwa 15 cm betragen. Die Bojen waren zum Unfallzeitpunkt jeweils einzeln an einer auf dem Beckengrund befindlichen Verankerung in einem Abstand von 2,5 m bis 3 m mit Hilfe von 6 bis 8 mm starken, flexiblen Seilen befestigt und nicht miteinander verbunden. Jura Intensiv Am 09.07.2010 besuchte die damals zwölfjährige Klägerin das Schwimmbad. Beim Baden verfing sie sich aus ungeklärten Umständen mit einem Arm in der Befestigungsschnur einer Boje, die hierdurch zumindest teilweise unter die Wasseroberfläche gezogen wurde. Die Badeaufsicht am Unfalltag oblag der vormaligen Beklagten zu 1). In der Vergangenheit war es wiederholt vorgekommen, dass Kinder und Jugendliche einzelne Bojen an den Befestigungsseilen unter Wasser gezogen oder verknotet hatten. Als die Beklagte zu 1), die sich auf einem Steg im Bereich des Sprungfelsens aufhielt, die abgesenkte Boje bemerkt hatte, bat die Beklagte zu 1) einen ihr bekannten, damals 13- oder 14-jährigen Jungen, nach der Boje zu schauen. Dieser unternahm einen oder zwei Tauchgänge und bemerkte „etwas Glitschiges“. Anschließend erst begab sich die Beklagte zu 1) ebenfalls in das Wasser, überprüfte die Boje und fand die leblose Klägerin unter Wasser vor. Aufgrund des Sauerstoffentzugs erlitt die Klägerin massive, irreparable Hirnschädigungen. Sie ist infolgedessen schwerstbehindert und wird zeitlebens pflegebedürftig bleiben. Die Klägerin behauptet, durch rechtzeitiges und adäquates Verhalten der Beklagten zu 1) hätten die eingetretenen Gesundheitsschädigungen vermieden werden können. LEITSÄTZE 1. Die zur Badeaufsicht in einem Schwimmbad eingesetzten Personen sind verpflichtet, den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken darauf zu überprüfen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten. Dabei ist der Standort so zu wählen, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht und auch in das Wasser hineingeblickt werden kann (Anschluss an BGH, Urteile vom 2. Oktober 1979, VI ZR 106/78, NJW 1980, 392, 393 und vom 21. März 2000, VI ZR 158/99, NJW 2000, 1946 f). In Notfällen ist für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen. (Rn 18) 2. Wer eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren, grob vernachlässigt hat, muss die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen. Dies gilt auch im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung der Verpflichtung zur Überwachung eines Schwimmbadbetriebs (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. März 1962, VI ZR 142/61, NJW 1962, 959, 960 und Fortführung von Senat, Urteil vom 11. Mai 2017, III ZR 92/16, NJW 2017, 2108 Rn 22 ff, vorgesehen für BGHZ sowie BGH, Urteil vom 10. November 1970, VI ZR 83/69, NJW 1971, 241, 243). (Rn 24) Streitiges Parteivorbringen steht bei der Partei, die dafür beweisbelastet ist und steht im Konjunktiv Imperfekt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats