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RA Digital - 02/2019

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RA 02/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 95 Das ursprüngliche Beteiligtenvorbringen ist nur knapp und auch nur insoweit darzustellen, als es für die Begründung der Kostentragungspflicht oder für das allgemeine Verständnis von Bedeutung ist. Teilweise werden in der Praxis die Erledigungserklärungen der Beteiligten auch im Indikativ Präsens dargestellt. Dem liegt die vertretbare Überlegung zu Grunde, dass die Erledigungserklärungen die ursprünglichen Klageanträge ersetzen: „Nachdem das Gericht ..., erklärt der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragt, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beklagte schließt sich der Erledigungserklärung unter Anerkennung der Kostentragungspflicht an.“ 3. Gründe zu II. Es sollte zunächst die Einstellung des Verfahrens kurz begründet und sodann die Begründung der Kostenentscheidung dargestellt werden. Das Gericht hat gem. § 161 II 1 VwGO eine Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen. Hieraus folgt, dass das Gericht nach Eingang der Erledigungserklärungen keine weiteren Sachverhaltsfeststellungen mehr trifft; Beweismittel, die nicht bis zu diesem Zeitpunkt vorliegen, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Für die Kostenverteilung entscheidend ist, wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn keine Erledigung eingetreten wäre. Maßgeblich ist daher regelmäßig der Erfolgsgrundsatz, sodass es auf die Zulässigkeit und Begründetheit der ursprünglichen Klage ankommt. Daneben ist maßgeblich, wer die Erledigung herbeigeführt hat, wie im Ausgangsbeispiel etwa durch Erfüllung des Klagebegehrens. Schließlich können auch andere Kostenregelungen zum Tragen kommen, z.B. § 155 IV VwGO. „Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 III 1 VwGO einzustellen und gem. § 161 II 1 VwGO über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstandes zu entscheiden. Dabei entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, demjenigen die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses unterlegen wäre. Im Rahmen der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten sind allerdings Beweise nicht mehr zu erheben und schwierige Rechtsfragen nicht mehr zu entscheiden. Ferner ist von Bedeutung, ob und inwieweit die Beteiligten die Erledigung selbst herbeigeführt haben. Daneben können auch weitere Kostengesichtspunkte zu berücksichtigen sein, wie z.B. das Verschulden eines Beteiligten an der Kostenentstehung. Unter Anwendung dieser Grundsätze waren die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, weil die Klage aus den den Beteiligten mit Verfügung vom ... mitgeteilten Gründen voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre und die Beklagte mit Bescheid vom ... dem Klageantrag entsprochen und die beantragte Baugenehmigung erteilt hat. ...“ Jura Intensiv 4. Rechtsmittel: Die Einstellung des Verfahrens ist in entsprechender Anwendung des § 92 III 2 VwGO, die Kostenentscheidung nach § 158 II VwGO unanfechtbar. „Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 III 2 VwGO analog, § 158 II VwGO).“ Alternativ: Erledigungserklärungen im Indikativ Präsens Formulierungsbeispiel Die Anerkennung der Kostentragungspflicht hat den Vorteil, dass die Beklagte gem. Nr. 5111 Anlage 1 GKG nur eine Gerichtsgebühr zu zahlen hat. Aufbau: • Verfahrenseinstellung begründen • Kostenentscheidung begründen Entscheidend für Kostenentscheidung: Zulässigkeit und Begründetheit der ursprünglichen Klage. Weitere Gesichtspunkte (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, § 161 Rn 17) Formulierungsbeispiel § 92 III 2 VwGO analog § 158 II VwGO Formulierungsbeispiel für Rechtsmittelbelehrung © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

96 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 02/2019 C. Die übereinstimmende Teilerledigung I. Beispiel Die Stadt B erließ gegenüber dem A eine Ordnungsverfügung, eine Müllhalde auf seinem Grundstück zu entfernen. Zugleich drohte sie ihm für den Fall, dass er der Verpflichtung nicht innerhalb von zwei Wochen nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro an. A hat gegen die Verfügung Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung weist das Gericht darauf hin, die Zwangsgeldandrohung begegne erheblichen rechtlichen Bedenken, weil es an einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung fehle. Daraufhin hebt B die Zwangsgeldandrohung auf und die Beteiligten erklären den Rechtsstreit hinsichtlich der Zwangsandrohung in der Hauptsache für erledigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Urteil Z.B. NRW und Hessen, 2. Examen, Termin Januar 2019, 1. Klausur Keine weitere Konkretisierung des erledigten Teils im Tenor Alternativer Kostentenor s.u. in den Erläuterungen Eine genaue Bezifferung der Sicherheitsleistung („110%-Formel“) ist nicht in allen Bundesländern üblich (z.B. Hessen). In Bad.-Württ. wird die vorläufige Vollstreckbarkeit sogar gar nicht tenoriert. Hauptsachetenor Kostentenor Alternativer Kostentenor Vorläufige Vollstreckbarkeit II. Entscheidungsform Bei einer übereinstimmenden Teilerledigung des Rechtsstreits entscheidet das Gericht über den streitigen Teil durch Urteil, in dem der hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils zu treffende Beschluss aufgeht. Diese Konstellation findet sich im Examen weitaus häufiger als die übereinstimmende Erledigung des gesamten Rechtsstreits, da die Prüfung eines (aufrechterhaltenen) Sachantrags mit der Darstellung eines Beschlusses nach § 161 II 1 VwGO kombiniert werden kann. III. Entscheidungsaufbau 1. Tenor „Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger hat 2/3, die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.“ Jura Intensiv Nach der (deklaratorischen, s. oben unter B. III. 1.) Einstellung des für erledigt erklärten Verfahrensgegenstandes muss der Ausspruch zu dem streitig verbleibenden Klageantrag erfolgen. Hinsichtlich des Kostenausspruchs gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, d.h. es ist ein gemeinsamer Kostentenor zu bilden. Alternativ ist es aber auch möglich, zwischen dem erledigten und streitigen Teil zu differenzieren: „Hinsichtlich des erledigten Teils trägt die Beklagte die Kosten des Verfahrens, im Übrigen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.“ Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist streng genommen in dieser Formulierung nicht ganz zutreffend. Dieser dürfte eigentlich nur den streitigen Teil erfassen, weil der hinsichtlich des erledigten Teils zu treffende Beschluss voraussetzungslos vollstreckbar ist (§ 158 II VwGO). Gleichwohl wird in der Praxis im Fall der übereinstimmenden Teilerledigung so gut wie ausnahmslos der „normale“ Vollstreckungstenor verwendet und kann daher auch im Examen so formuliert werden. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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