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RA Digital - 02/2020

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Editorial

Editorial RA 02/2020 Es ist sicher, dass irgendjemand im Volkswagen-Konzern sowohl seine Vertragshändler als auch die Kunden und nicht zuletzt die Behörden getäuscht hat. Ob der Vorstand über die Schummelsoftware Bescheid wusste, das wissen wir hingegen immer noch nicht. In der RA 2019 hatten wir Ihnen auf Seite 121 das Urteil des OLG Köln vorgestellt, das dem VW-Konzern die sekundäre Darlegungslast hierfür auferlegte. Dieser Idee folgen zurzeit viele Landgerichte, denn nicht wenige offensichtlich als dumm eingeschätzte Kunden klagen jetzt nicht mehr gegen ihren Händler, sondern direkt gegen den Hersteller. Wenn die Gerichte den Hersteller aus §§ 826, 249 BGB i.V.m. § 31 BGB analog verurteilen wollen, drängen sich den Richterinnen und Richtern bei der Rechtsfindung zwei weitere Fragen auf: Werden die gefahrenen Kilometer als Nutzungsvergütungen im Wege der Vorteilsausgleichung abgezogen und wenn ja, bis zu welchem Zeitpunkt? Ab wann ist Verjährung eingetreten? Das Urteil des LG Ellwangen beantwortet nicht nur diese Fragen, sondern überzeugt durch seine sorgfältigen Begründungen. Als Fundgrube für Klausuren haben wir es für Sie auf Seite 63 aufbereitet. Die Rückwirkung des § 167 ZPO auf die Verjährungshemmung ist tägliches Brot für alle, die schon im Referendariat sind. Grundlagen des Zivilprozessrechts sind aber bereits Prüfungsthema im Pflichtfachteil der 1. juristischen Prüfung. Sie können den Kern von Fragen in den schriftlichen Aufgaben bilden, sie werden gerne zur Diskussion in der mündlichen Prüfung gestellt. § 167 ZPO eignet sich ganz besonders, um von der wörtlichen zur teleologischen Auslegung zu gelangen und dabei das praktische Rechtsverständnis zu überprüfen. Lesen Sie deshalb unbedingt das Urteil des BGH vom 12.09.2019 im Teil „Nebengebiete“ auf Seite 81. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Jura Intensiv Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2020 ZIVILRECHT Zivilrecht 57 Problem: Nichtaufklärung über bevorstehenden Modellwechsel Einordnung: Schuldrecht, culpa in contrahendo LG Wuppertal, Urteil vom 09.01.2020 9 S 179/19 EINLEITUNG Mit dem technischen Fortschritt haben sich die Produktintervallzeiten verkürzt. Was gestern noch hip war, kann morgen von gestern sein. Das LG Wuppertal befasst sich mit der Frage, ob ein Hersteller eines nicht ganz billigen Produkts Kunden darüber aufklären muss, dass in zwei Monaten ein Modellwechsel erfolgt. SACHVERHALT Mit Kaufvertrag vom 16.01.2019 erwarb K von B einen Thermomix TM5. Am 08.03.2019 kündigte die Beklagte in der Öffentlichkeit das Nachfolgemodell TM6 mit größerem Display und deutlich erweiterten Kochfunktionen an. Der Bestellung war eine Verkaufsveranstaltung einer Handelsvertreterin vorausgegangen, in der auf das Nachfolgemodell nicht hingewiesen worden war, da auch die Handelsvertreterin hiervon keine Kenntnis hatte. Wäre die Klägerin über den Modellwechsel informiert gewesen, hätte sie mit dem Kauf noch anderthalb Monate zugewartet und den TM6 bestellt. K will den Kaufvertrag rückabwickeln. Sie meint, B bzw. die Handelsvertreterin sei verpflichtet gewesen, sie über den Modellwechsel aufzuklären. Jeder Käufer lege bei hochpreisigen Geräten mit längerer Lebensdauer Wert darauf, dass diese nicht schon nach kurzer Zeit veraltet seien. Zudem erwarte man bei einem Auslaufmodell auch einen günstigeren Preis als bei einem Gerät aus der laufenden Produktion. B steht auf dem Standpunkt, eine Aufklärungspflicht habe schon deshalb nicht bestanden, weil K kein Auslaufmodell, sondern das zur Zeit des Kaufs aktuelle Modell erworben habe. Eine Hinweispflicht bestehe allenfalls dann, wenn eine Modelländerung bereits erfolgt sei. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSÄTZE DER REDAKTION 1. Kauft der Käufer das aktuelle Produkt eines Markenherstellers, muss der Verkäufer nicht über einen demnächst stattfindenden Modellwechsel aufklären. 2. In diesem Fall entfällt auch nicht zwingend die Geschäftsgrundlage. LÖSUNG A. Anspruch K gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr des Modells gem. §§ 280 I, 311 II Nr. 1, 241 II, 249 I BGB K könnte einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 280 I, 311 II Nr. 1, 241 II, 249 I BGB gegen Rückübereignung und Rückgabe des Thermomix TM 5 haben, wenn K im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des am 16.01.2019 geschlossenen Kaufvertrages verlangen kann. I. Schuldverhältnis gem. § 311 II Nr. 1 BGB Indem die von B beauftragte Handelsvertreterin das Produkt in einer Werbeveranstaltung präsentierte, bestand vor dem Vertragsschluss zwischen K und B ein auf Vertragsschluss gerichteter sozialer Kontakt. Dies genügt zur Annahme eines rechtsgeschäftsähnlichen Verhältnisses gem. § 311 II Nr. 1 BGB. Nicht nur Rückgewährschuldverhältnisse aus §§ 346, 355 III BGB, nicht nur Rückabwicklungsverhältnisse wie §§ 812 ff. BGB, gewähren die Möglichkeit der Rückgewähr, sondern auch Schadensersatzansprüche in Verbindung mit § 249 I BGB. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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