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RA Digital - 02/2020

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92 Öffentliches Recht

92 Öffentliches Recht RA 02/2020 Fehler des Sachbearbeiters ändert nichts an der Sittenwidrigkeit, da es auf das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden ankommt. Verstoß gegen Art. 3 I GG? Nein, da vergleichbarer Sachverhalt fehlt Beachte: Ungleichbehandlung muss durch denselben Hoheitsträger erfolgen. Verhältnismäßigkeit gewahrt Umkennzeichnung hat nur geringe Belastungswirkung Aus der […] Tatsache, dass die Sittenwidrigkeit dem Sachbearbeiter nicht unmittelbar bei Erteilung des Kennzeichens aufgefallen ist, kann der Antragsteller nichts für sich herleiten. Weder spricht dies gegen die Sittenwidrigkeit noch begründet dies einen Vertrauensschutztatbestand.“ Möglicherweise verstößt die Ermessenausübung aber gegen Art. 3 I GG, da der Antragsteller behauptet, ein in Bayern wohnhafter Bekannter dürfe das umstrittene Kennzeichen beanstandungsfrei führen. „Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes setzt voraus, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten durch denselben Träger öffentlicher Gewalt verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist mithin auf den Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlicher Gewalt beschränkt. Aus ihm kann kein Recht abgeleitet werden, von einem Träger öffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtsträger von einem anderen Träger öffentlicher Gewalt. Hiernach begründet der Einwand des Antragstellers […] keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Denn der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, von dem Antragsgegner so behandelt zu werden wie sein Bekannter von der für ihn zuständigen (bayerischen) Zulassungsbehörde. Die Kennzeichenänderung ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig. Der Antragsgegner hat dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz der öffentlichen Ordnung in nicht zu beanstandender Weise den Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des Kennzeichens eingeräumt. Die infolge der Kennzeichenänderung für den Antragsteller nachteiligen Folgen (Entstempelung der alten Kennzeichenschilder, Prägen und Abstempeln neuer Kennzeichenschilder etc.) muss er hinnehmen. Insbesondere besteht kein besonders schutzwürdiges ideelles Interesse an der Beibehaltung eines zugeteilten Kennzeichens.“ Jura Intensiv Demnach hat die Behörde ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt, sodass die Verfügung rechtmäßig ist. FAZIT Neben den abstrakten rechtlichen Ausführungen (Spezialität des § 8 III FZV gegenüber § 48 VwVfG NRW, Auslegung des Merkmals „gute Sitten“) ist vor allem die detaillierte Abarbeitung des Vorbringens des Antragstellers wichtig. Hieran hapert es nämlich in Klausurbearbeitungen immer wieder. Nach teilweise äußerst umfangreichen allgemeinen rechtlichen Überlegungen folgt oftmals eine (viel zu) kurze Subsumtion. Daher sollten die beiden dargestellten Beschlüsse zum Anlass genommen werden, in Klausuren den Fokus auf das Vorbringen der Beteiligten zu legen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2020 Referendarteil: Öffentliches Recht 93 Speziell für Referendare Problem: Sondernutzungsgebühr für die Zufahrt zu einer Bundesstraße Einordnung: Straßenrecht VG Hannover, Urteil vom 26.11.2019 7 A 8511/17 EINLEITUNG Das Verwaltungsgericht Hannover hatte über die Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Sondernutzungsgebühr für die Zufahrt zu einer Bundesstraße zu entscheiden. Prozessual eingebettet in eine übereinstimmende Teilerledigung hat sich das Gericht bei der Prüfung des verbleibenden Sachantrags insbesondere mit der Frage nach der Reichweite der Tatbestandswirkung einer im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens nach dem Bundesfernstraßengesetz erteilten Sondernutzungserlaubnis befasst. TATBESTAND „Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für eine Zufahrt zu einer Bundesstraße. Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks [...]. Die tatsächliche Nutzung des klägerischen Grundstücks ist geteilt. Das gewerblich genutzte Gebäude des Klägers zu 1) wird über die {O.}, das dahinter liegende Wohnhaus der Klägerin zu 2) über die {Q.} erschlossen. [...] Mit Bauantrag vom 11. März 2009 beantragte der Kläger zu 1) bei der Beigeladenen die Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung des auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Werkstatt-/Büro- und Wohnhauses sowie für den Neubau von Parkplätzen. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens beteiligte die Beigeladene die Beklagte. Mit an den Kläger zu 1) gerichtetem Bescheid vom 15. April 2009 ließ diese unter Bezugnahme auf den vorbezeichneten Bauantrag eine Ausnahme vom Bauverbot nach § 9 Abs. 8 des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG - für die Errichtung von nicht nachweispflichtigen Stellplätzen zu und erteilte gleichzeitig eine Sondernutzungserlaubnis für die Errichtung einer Zufahrt von der {O.} bei km 65,265 bis km 65,300 - Ostseite -. Jura Intensiv Zur Begründung führte die Beklagte aus, das Bauvorhaben liege außerhalb der festgelegten OD-Grenzen {V.} - Ostseite -, aber innerhalb der Ortslage. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 FStrG dürften bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesfernstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollten, nicht errichtet werden. Da die Abweichung mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar sei, lägen jedoch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 9 Abs. 8 FStrG vor. Die Zufahrt zur {O.}, über welche die verkehrliche Erschließung erfolgen solle, gelte als Sondernutzung im Sinne des § 8 FStrG und bedürfe der Erlaubnis. Die Sondernutzungserlaubnis war mit verschiedenen Nebenbestimmungen versehen. Unter Ziffer 10 war dort bestimmt: „Für die gewerbliche Zufahrt geht Ihnen noch ein gesonderter Gebührenbescheid nach Abschluss LEITSATZ Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für eine Zufahrt zu einer Bundesstraße durch die Straßenbaubehörde nach den §§ 8, 8a FStrG entfaltet in der Regel keine Tatbestandswirkung für das Verfahren einer Gebührenfestsetzung dahingehend, dass die Zufahrt außerhalb einer Ortsdurchfahrt liegt und die Gebühr damit materiell-rechtlich nicht der Gemeinde, sondern der Straßenbaubehörde zusteht. Ein Einleitungssatz ist zwar in der Praxis üblich, jedoch nicht erforderlich, wenn im Rubrum unter „wegen“ der Streitgegenstand schlagwortartig wiedergegeben wird. Zustände und Beschreibungen, die die Gegenwart betreffen werden im Indikativ Präsens dargestellt (insbesondere Ortsbeschreibungen). Sonstige Geschichtserzählung, insbesondere Darstellung des Verwaltungsverfahrens: Indikativ Imperfekt Begründung des Bescheids: Konjunktiv Präsens © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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