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RA Digital - 02/2020

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96 Referendarteil:

96 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 02/2020 Mit dem Bescheid vom 15. April 2009 sei ihm zudem deutlich gemacht worden, dass für eine gewerbliche Nutzung der Zufahrt Gebühren geltend gemacht werden könnten. [...] Die Gebührenschuld sei mit der Erteilung der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis entstanden. Die Forderungen seien auch nicht verjährt. [...] Negative Tatsachen werden grundsätzlich nicht im Tatbestand erwähnt. In der Praxis ist es jedoch im Hinblick auf die Kosten (§§ 162 III, 154 III VwGO) üblich, im Tatbestand aufzunehmen, dass der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat. Prozessvorspann: Wiedergabe der (deklaratorischen) Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des erledigten Teils. Sodann: Prüfung des aufrechterhaltenen Sachantrags, beginnend mit einem Ergebnissatz (Urteilsstil) Rechtsgrundlage Die anschaulichen Ausführungen des Gerichts zeigen, wie durch genaue Arbeit am Gesetzestext auch weniger bekannte Rechtsgebiete in den Griff zu kriegen sind. Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen Reichweite der Tatbestandswirkung der Sondernutzungserlaubnis Eine Äußerung der erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung Beigeladenen liegt nicht vor. [...]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Soweit die Beklagte den Bescheid vom 22. August 2017 gegenüber der Klägerin zu 2) aufgehoben hat und der Rechtsstreit daraufhin in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen. Die zulässige (Anfechtungs-)Klage des Klägers zu 1) ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. August 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 1) in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 8 Abs. 3 FStrG i.V.m. § 1 der Verordnung über Gebühren für Sondernutzungen an Bundesfernstraßen und an Landesstraßen vom 31. Januar 2003 (Nds. GVBl. S. 48) - StrSoGebV -. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 FStrG können für Sondernutzungen Sondernutzungsgebühren erhoben werden, die in Ortsdurchfahrten den Gemeinden und im Übrigen dem Träger der Straßenbaulast zustehen. § 1 StrSoGebV bestimmt auf dieser Grundlage, dass für Sondernutzungen an Bundesfernstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten und an Landesstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten Sondernutzungsgebühren nach dem in der Anlage zu § 1 enthaltenen Gebührentarif erhoben werden. Sondernutzung ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG die Benutzung der Bundesfernstraßen über den Gemeingebrauch (§ 7 FStrG) hinaus. Zufahrten und Zugänge zu Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten gelten gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1 und 2 FStrG als Sondernutzung im Sinne des § 8 FStrG, wenn sie neu angelegt oder geändert werden, wobei eine Änderung auch dann vorliegt, wenn eine Zufahrt oder ein Zugang gegenüber dem bisherigen Zustand einem erheblich größeren oder einem andersartigen Verkehr als bisher dienen soll. Jura Intensiv Die danach erforderlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Sondernutzungsgebührenbescheides durch die Beklagte sind nicht gegeben. Die streitbefangene Zufahrt liegt - was die Kammer trotz der in Bestandskraft erwachsenen Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 15. April 2009 zu überprüfen hat - nicht außer-, sondern innerhalb der Ortsdurchfahrt, sodass die Beklagte nicht die richtige Gebührengläubigerin ist. Die in Bestandskraft erwachsene Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 15. April 2009 rechtfertigt es nicht, von einer Überprüfung abzusehen, ob die in Rede stehende Zufahrt in dem Veranlagungszeitraum inner- oder die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis als eigenständiger Verwaltungsakt © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2020 Referendarteil: Öffentliches Recht 97 insoweit eine materielle Bestandskraft und Tatbestandswirkung, als zwischen den Beteiligten - auch für das Verfahren einer Gebührenfestsetzung - feststeht, dass dem Kläger zu 1) durch die Beklagte die Anlage der streitbefangenen Zufahrt zur {O.} als Sondernutzung erlaubt wurde. Dies reicht aber nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, nicht aus, um zu rechtfertigen, dass die Beklagte die angefochtene Festsetzung einer Sondernutzungsgebühr vorgenommen hat. Denn gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 FStrG werden Sondernutzungsgebühren nicht für den Vorgang der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis durch die zuständige Stelle, sondern nur „für Sondernutzungen“, also für die Tatsache der Sondernutzung geschuldet. Die Kammer kann offen lassen, ob der Kläger zu 1) trotz der Bestandskraft der Sondernutzungserlaubnis vom 15. April 2009 noch mit Einwendungen gegen die rechtliche Qualifikation der Zufahrt als Sondernutzung durchdringen kann, dem vorbezeichneten Bescheid also […] zumindest insoweit eine Tatbestandswirkung für das Verfahren der Gebührenfestsetzung zukommt. Jedenfalls gilt die Erlaubnis nicht als Nachweis dafür, dass mit der Beklagten der richtige Gebührengläubiger beim Erlass des hier streitgegenständlichen Sondernutzungsgebührenbescheides tätig geworden ist. Die materielle Bestandskraft und die Tatbestandswirkung eines Verwaltungsaktes werden durch den Regelungsgehalt begrenzt, den sich die behördliche Entscheidung nach dem objektiven Empfängerhorizont beimisst. Dabei ist maßgeblich auf den Tenor der Verwaltungsentscheidung abzustellen, ergänzend kann die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Wegen des in § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - i.V.m. § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - NVwVfG - normierten Bestimmtheitsgebots verbietet es sich, in einen Verwaltungsakt verbindliche „Zwischenentscheidungen“ hineinzulesen, die dort nicht hinreichend klar zum Ausdruck kommen. Jura Intensiv Die rechtliche Beurteilung einer Vorfrage erlangt daher keine selbständige Verbindlichkeit, sofern sie nicht hinreichend erkennbar zu einer besonderen Entscheidung verselbständigt ist oder eine erweiterte Tatbestandswirkung besteht, d.h. eine besondere gesetzliche Vorschrift eine Feststellungswirkung anordnet, durch welche die Beurteilung der Vorfrage in die Bindungswirkung der getroffenen Regelung einbezogen wird. Gemessen daran ist der dem Kläger zu 1) erteilten Sondernutzungserlaubnis eine Tatbestandswirkung hinsichtlich der hier relevanten Frage der Gebührengläubigerschaft nicht beizumessen. Zwar geht aus der Begründung des Bescheides vom 15. April 2009 - wenn nicht bereits aus dem Umstand der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 8a i.V.m. § 8 FStrG - hervor, dass die anzulegende Zufahrt nach der Rechtsauffassung der Beklagten außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrt der {O.} liegt. Eine selbständige Verbindlichkeit kommt dieser Einschätzung nach Auffassung der Kammer jedoch mangels Urteil vom 17.01.2013, 7 LB 194/11, juris Rn 30 BVerwG, Urteil vom 26.06.1981, 4 C 73/78, juris Rn 16 Tatbestandswirkung der Sondernutzungserlaubnis hinsichtlich des Merkmals „Sondernutzung“ offen gelassen und verneint für die Frage der Gebührengläubigerschaft. Allgemeine Grundsätze für die Reichweite der Tatbestandswirkung. BVerwG, Urteil vom 11.12.2014, 3 C 7/13, juris Rn 18; OVG Lüneburg, Urteil vom 17.01.2013, 7 LB 194/11, juris Rn 32 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 43 Rn 26, 31 Subsumtion des konkreten Sachverhalts. Weitere Formulierungsbeispiele für die Einleitung der Subsumtion: „Hiernach ...“, „Unter Anwendung dieser Grundsätze/ Maßstäbe ...“ © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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