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RA Digital - 02/2021

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

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RA 02/2021 Editorial EDITORIAL Walk the line Liebe Leserinnen und Leser, als wir Mittelalten noch Kinder waren, gaben uns Eltern und Großeltern eine leicht verständliche Wahrheit mit auf den Lebensweg: „Wenn Du Dich ein Leben lang an die Regeln hältst, ist das Leben im demokratischen Rechtsstaat relativ einfach und wird aller Wahrscheinlichkeit auch gelingen, sofern Du von Katastrophen, Krankheiten und Verbrechen verschont bleibst.“ Ein paar Jahrzehnte später sind wir nicht nur äußerlich „gereift“, sondern wissen auch, dass der Qualität der o.g. Regeln mindestens ein ebenso großes Gewicht zukommt wie dem guten Willen des aufrechten und unbescholtenen Bürgers. Gute Regeln sind leicht verständlich, einfach zu befolgen, werden von der Mehrheit sowohl als gerecht als auch als vernünftig empfunden und fördern im Ergebnis Frieden und Wohlstand unter den Menschen. Dabei garantieren sie die Freiheit, die der Mensch ebenso zum Leben braucht wie Wasser und Luft und nehmen Rücksicht auf Minderheiten. Wer möchte da nicht auf der geraden Linie der Vernunft laufen und im Stile eines Johnny Cash seinem Gemeinwesen ewige Treue schwören? Schlechte Regeln erkennt man daran, dass auch kluge, redliche und gutwillige Menschen regelmäßig an ihnen scheitern und eine Rechnung präsentiert bekommen, obwohl sie nichts bestellt haben. Ein griffiges Beispiel für schlechte Regeln sind EU-Richtlinien, welche angeblich die heilige Kuh des Verbraucherschutzes füttern, tränken und streicheln wollen, in Wirklichkeit aber die Unternehmer mit dem Stein des Sisyphos strafen. Eingeweihte haben es schon gemerkt: Von der Unmöglichkeit einer gesetzmäßigen Widerrufsinformation bei Verbraucherverträgen ist die Rede. Daran scheiterten in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht nur viele Unternehmer, sondern auch der die EU-Richtlinien umsetzende Deutsche Bundestag, der Bundesgerichtshof trotz seiner großzügigen Ausstattung an Sach-und Personalmitteln und nicht zuletzt jene Fachverlage, welche Vordrucke für Banken und Sparkassen erstellten, die dann keine Gnade vor den Augen der Justiz fanden – mit teuren Konsequenzen für die Volkswirtschaft, denn der Lauf der Widerrufsfrist beginnt bei einer fehlerhaften Widerrufsinformation nicht, was die Rechtssicherheit erheblich beeinträchtigt. Die Konsequenz sind spät ausgeübte Widerrufsrechte, die teure Prozesse nach sich ziehen, in denen Folgefragen geklärt werden müssen. Jura Intensiv Um den Unternehmern das Leben zu erleichtern, fügte man vor Jahren die so genannte Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB in den Paragraphendschungel ein und erweiterte das EGBGB um die Anlage 7. Diese enthält eine Musterwiderrufsinformation. Übernimmt der Unternehmer die Texte aus dieser Anlage wörtlich, schützt ihn die Gesetzlichkeitsfiktion, die im Jargon auch „Musterschutz“ genannt wird. Die Anlage enthält allerdings Regelungen für alle in Betracht kommenden Konstellationen, also auch Regelungen, die mit dem jeweiligen Vertrag nichts zu tun haben. Der jeweilige Unternehmer muss deshalb eine Entscheidung treffen: Wählt er die jeweils auf seinen Fall passenden Klauseln aus und lässt die anderen beiseite oder druckt er den Text der gesamten Anlage ab, auch wenn viele Regeln auf seinen Vertrag gar nicht passen? Der Unternehmer im auf Seite 57 in dieser Ausgabe der RA besprochenen Fall hatte sich für die erste Variante entschieden und dadurch – er ist ja kein Jurist – wichtige Informationen nicht aufgenommen, weil er sie nicht für relevant hielt. Im Gegensatz zum BGH. Dieser verweigerte ihm wegen der fehlenden Informationen den Musterschutz. Aufgrund des dadurch auch drei Jahre nach Vertragsschluss noch zulässigen Widerrufs durch den Verbraucher muss der Unternehmer nun den Kaufpreis zurückzahlen und ein gebrauchtes Auto zurücknehmen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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