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RA Digital - 03/2016

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138 Nebengebiete

138 Nebengebiete RA 03/2016 Mit Gesellschafterbeschluss vom 16.10.2014 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Mit den Schreiben vom 21.01.2015 (...) hat die Beklagte zu 1. den Geschäftsführerdienstvertrag jeweils fristlos gekündigt. Mit Schriftsatz vom 04.02.2015 beantragt der Kläger: Durch diesen Antrag wird deutlich, dass der Kläger die ordentliche Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.2015 nicht bestreitet, sondern sich nur gegen die vorzeitige – außerordentliche – Beendigung wehren möchte. An dieser Stelle kommt nun eine kurze Prozessgeschichte. Wer nun einen Antrag der Beklagten vermisst: Zur Rechtswegeröffnung stellte die Beklagtenseite vorliegend keinen Antrag, da das Gericht erster Instanz im Rahmen der Amtsprüfung – vgl. § 17a GVG – augenscheinlich selbst zu dem Ergebnis der Unzulässigkeit gekommen war. In arbeitsrechtlichen Urteilen und Entscheidungen ist es üblich, dass kurz die wesentlichen Rechtsauffassungen der Parteien geschildert werden. Es wird festgestellt, dass der Geschäftsführerdienstvertrag zwischen den Parteien vom 08.12.2010 durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 21.01.2015 nicht beendet wird und bis zum 31.12.2015 fortbesteht. Mit Schriftsatz vom 30.04.2015 beantragt der Kläger: Es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlosen Kündigungen Nummer 1 bis 5 vom 09.04.2015 (Anschaffung Gäste-WLAN; Anschaffung Herren- und Damenfahrrad; unzulässige Überlassung von Firmeneigentum Damenfahrrad; Gäste-WLAN; Unterschlagung Firmeneigentum) nicht beendet wurde, sondern bis zum 31.12.2015 fortbesteht. Mit Beschluss vom 09.07.2015 hat das Arbeitsgericht Rostock entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssache nicht eröffnet ist und im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich vorliegend nicht um einen sic-non-Fall, da sich der Kläger lediglich gegen die fristlosen Kündigungen seines Geschäftsführerdienstvertrages wende und die fristgemäße Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht angreife. Gegen diese am 24.07.2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 04.08.2015 bei dem Arbeitsgericht Rostock eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers. Der Kläger hält in seiner Beschwerdebegründung an seiner Rechtsauffassung fest, wonach der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen vorliegend eröffnet sei. Die Fiktionswirkung des § 5 I 3 ArbGG könne vorliegend nicht greifen, da der Kläger bereits vor Kündigungsausspruch als Geschäftsführer – insoweit unstreitig – abberufen worden sei. (...) Außerdem liege ein sogenannter sic-non-Fall vor, da der Kläger nach der Abberufung weiterbeschäftigt worden sei. Die Klage richtet sich gerade nicht gegen die Abberufung als Geschäftsführer. Vielmehr beschränke sich die Klage auf die Weiterführung des nach seiner Ansicht nach gegebenen Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31.12.2015. Jura Intensiv Mit Beschluss vom 22.09.2015 hat das Arbeitsgericht Rostock der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und den Rechtsstreit zur weiteren Entscheidung dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt. Inhaltsverzeichnis

RA 03/2016 Nebengebiete 139 [13] II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. [14] 1. Gemäß § 2 I Nr. 3 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssache ausschließlich zuständig u. a. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis (a) sowie über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses (b). [15] Die genannten Voraussetzungen hat der Kläger vorliegend nicht hinreichend dargelegt und sind im Übrigen unter Berücksichtigung des gegebenen Sach- und Streitstandes auch nicht erfüllt. [16] a) Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, dass die Fiktionswirkung gemäß § 5 I 3 ArbGG hier nicht greift, da die Abberufung als Geschäftsführer vor Zustellung der Klage und damit auch vor der Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit erfolgte (vgl. insoweit auch BAG vom 22.10.2014 - 10 AZB 46/14). [17] b) Soweit der Kläger aber offensichtlich (...) der Auffassung ist, mit einer Abberufung als Geschäftsführer im laufenden Rechtswegzuständigkeitsverfahren bzw. vor Klagezustellung sei automatisch ein sic-non-Fall gegeben, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Denn unabhängig von der Frage einer Fiktionswirkung gemäß § 5 I 3 ArbGG reicht die bloße Rechtsansicht der klagenden Partei, bei der streitigen Vertragsbeziehung handele es sich um ein Arbeitsverhältnis, nur dann zur Begründung des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen aus, wenn nach den tatsächlichen Feststellungen ein sic-non-Fall gegeben ist. Dies wiederum setzt voraus, dass die gestellten Klageanträge ausschließlich nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist und nach wirksamer Beendigung der Organstellung fortbestand oder wiederauflebte (...). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die klagende Partei ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsverhältnis geltend macht, etwa im Zusammenhang mit einem vorhergehenden und dann wieder auflebenden Arbeitsverhältnis (...). Jura Intensiv [18] Die genannten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. LEITSATZ Streiten die Parteien ausschließlich nach Maßgabe des § 626 BGB um die fristlose Kündigung eines Geschäftsführerdienstleistungsvertrages, so handelt es sich um einen et-et-Fall, so dass lediglich die bloße Behauptung des Klägers, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, zur Begründung des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht ausreicht. Hierzu schon RA 2015, 137, 137 f. Das ist der „Knackpunkt“ der vorliegenden Entscheidung: Solange die Fiktionswirkung des § 5 I 3 ArbGG greift, kann der GmbH- Geschäftsführer nicht vor den Arbeitsgerichten klagen; auch nicht, wenn der Anspruch, welchen er geltend macht, „an sich“ ein „sic-non-Fall“ wäre. Der Wegfall der Fiktionswirkung des § 5 I 3 ArbGG führt dann nur dazu, dass die inhaltliche Prüfung, ob ein „sic-non-Fall“ vorliegt, überhaupt eröffnet ist. [19] Die vom Kläger gestellten Klageanträge (...) sind allesamt nicht der vom BAG entwickelten sic-non-Konstellation zuzuordnen. [20] (...). Mit den bezüglich der Kündigungen gestellten Feststellungsanträgen greift der Kläger ausschließlich die aus seiner Sicht rechtsunwirksamen fristlosen Kündigungen an, die im Rahmen und nach den Vorgaben des § 626 BGB und mithin nicht auf einer ausschließlich arbeitsrechtlichen Grundlage zu überprüfen sind (vgl. insoweit auch Erfurter Kommentar/ Koch/15. Auflage, Rd.-Nr. 41 zu § 2 ArbGG, wonach es sich bei einer derartigen Fallkonstellation – zutreffend – um einen et-et-Fall handelt). Ein „et-et-Fall“ liegt vor, wenn sich sowohl (et) ein Arbeitnehmer als auch (et) ein bloßer Dienstleister auf die gleiche Rechtsnorm stützen kann. Dies ist bei § 626 BGB der Fall, da er nur auf das Dienstverhältnis und nicht auf ein Arbeitsverhältnis abstellt. Inhaltsverzeichnis

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