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RA Digital - 03/2019

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136 Referendarteil:

136 Referendarteil: Zivilrecht RA 03/2019 Praxis der Bemessung des Schmerzensgelds: richterliche Schätzung nach § 287 ZPO, i.d.R. anhand von Präzedenzfällen, häufig aufgrund einer Tabelle Gem. §§ 280 I, 630a BGB i.V.m. § 253 BGB steht der Beklagten daher ein immaterieller Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.000 € zu. Der Betrag wurde vom Gericht gem. § 287 ZPO in Anlehnung an die Entscheidung des OLG Köln, abgedruckt in MedR 2015, 419 geschätzt. Auch im dortigen Fall ging es um die Unbrauchbarkeit der prothetischen Versorgung. Die Hilfsaufrechnung war gem. § 406 BGB auch gegenüber der Klägerin als Abtretungsempfängerin zulässig. Eine isolierte Drittwiderklage ist nur selten sachdienlich und deshalb nur selten zulässig. Ist sie zulässig, müssen Sie dies sorgfältig begründen, wie hier geschehen. BGH, Urteil vom 05.04.2001, VII ZR 135/00 Fassen Sie sich bei den Nebenentscheidungen kurz, vergessen Sie hier aber nicht wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der Drittwiderbeklagten die Erwähnung des § 100 IV ZPO. Die isolierte Drittwiderklage ist analog § 263 2. Alt. ZPO zulässig, weil sie sachdienlich ist. Denn es ist prozessökonomisch, eine Entscheidung auch zum Rechtsstreit zwischen der Beklagten und den Drittwiderbeklagten zu treffen. Dies rechtfertigt sich aufgrund der Zession der Honorarforderung von den Drittwiderbeklagten an die Klägerin. Es ist prozessökonomisch, die zur Hilfsaufrechnung gegen die Klageforderung gestellte Widerklageforderung in einem Prozess zu prüfen, weil ein weiterer Prozess vermieden wird und der Tatsachenstoff des Streitgegenstandes der Drittwiderklage aufgrund der Hilfsaufrechnung bereits eingeführt war. Die Widerbeklagten hätten anderenfalls von den Parteien im Wege der Streitverkündung beteiligt werden können, da sie lediglich aufgrund der von ihnen veranlassten, nicht in die Sphäre der Beklagten fallenden Zession, nicht ohnehin Partei des Rechtsstreits sind. Dies darf nicht zulasten der Beklagten gehen. Sie ist aber lediglich in Höhe von 74,62 € begründet. Denn die Schmerzensgeldforderung der Beklagten ist in Höhe der Klageforderung von 2.925,38 € durch Hilfsaufrechnung gegen den Honoraranspruch gem. § 389 BGB erloschen. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 I, 100 IV ZPO hinsichtlich der Kosten und aus § 709 S. 1 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit. FAZIT Das Dienstvertragsrecht kennt keine Minderung. Deshalb kommt es häufig zur Aufrechnung mit der durch eine fehlerhafte Dienstleistung verursachte Schadensersatzforderung. Wird nach Abtretung gegen den Zessionar gem. §§ 388, 406 BGB aufgerechnet, kann eine isolierte Drittwiderklage gegen den oder die Zedenten analog § 263 2. Alt. ZPO sachdienlich und die isolierte Drittwiderklage dadurch ausnahmsweise zulässig sein. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2019 Nebengebiete 137 NEBENGEBIETE Arbeitsrecht Problem: Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten: Der Sic-Non-Fall Einordnung: Abgrenzung zum Zivilrechtsweg LAG Nürnberg, Beschluss vom 28.12.2018 2 Ta 142/18 EINLEITUNG Die Entscheidung des LAG Nürnberg betrifft einen „Sic-Non“-Fall. In diesen Fällen, bei denen ein möglicher Anspruch nur auf eine arbeitsrechtliche Norm gestützt werden kann, hängt nicht nur die Rechtswegzuständigkeit, sondern auch regelmäßig der Erfolg der erhobenen Klage von dem Arbeitnehmerstatus des Anspruchsstellers ab (sog. „doppeltrelevante Tatsache“). Ist er kein Arbeitnehmer, sind „eigentlich“ nicht die Arbeitsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig. Zumeist ist sodann der Rechtsstreit aber auch in der Sache entschieden. Wird die Arbeitnehmereigenschaft verneint, scheitert die Klage nicht nur an der „eigentlich“ fehlenden Rechtswegzuständigkeit, sondern muss auch insgesamt abgewiesen werden. Es entspricht st. Rspr., dass in einem solchen „Sic-Non-Fall“ zur Begründung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit die bloße Rechtsbehauptung ausreicht, man sei Arbeitnehmer. Ist dieser Vortrag sodann nicht schlüssig oder nicht beweisbar, ist die Klage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abzuweisen. Dies ist auch prozessökonomisch sinnvoll, weil nur Sachurteile rechtskräftig werden können. Auch wird dadurch die alleinige Entscheidungskompetenz der Arbeitsgerichte für rein arbeitsrechtliche Fragen gesichert. LEITSATZ Bei einer Klage auf Entschädigung nach § 15 II AGG genügt die Rechtsbehauptung, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht, um den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zu eröffnen (sog. Sic-Non-Fall). SACHVERHALT Zwischen der Klägerin und einer gemeinnützigen GmbH, einer Tochtergesellschaft der Beklagten, besteht ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war zugleich Patientin dieser GmbH. Mit Schreiben vom 14.04.2018 bot die Beklagte der Klägerin ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) an. Daraufhin nahm die Klägerin ihre Patientenakte aus dem Sprechzimmer der GmbH mit zu sich nach Hause. Nachdem die GmbH die Klägerin zur Rückgabe der Patientenakte aufgefordert hatte und diese zurückerhielt, forderte die Klägerin die GmbH zur Herausgabe der Patientenakte auf und machte einen Anspruch nach § 15 II AGG geltend. Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 06.06.2018. Die Klägerin klagte sodann gegen die Beklagte auf Herausgabe der Patientenakte und eine Entschädigung nach § 15 II AGG. Hierzu behauptete sie u. a., die Beklagte habe mit ihren im eigenen Namen erstellten Schreiben gezeigt, dass sie der zuständige Arbeitgeber sein wollte. Dadurch sei die Zuständigkeit des ArbG bei der Klage gegen die Beklagte, die Muttergesellschaft, gegeben. LÖSUNG Das LAG Nürnberg erachtete für den Entschädigungsanspruch nach § 15 II AGG den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für eröffnet, da dieser nur auf eine arbeitsrechtliche Grundlage gestützt werden könnte („Sic-Non-Fall“). Deshalb reiche die bloße Rechtsbehauptung der Klägerin, sie sei Arbeitnehmerin der Beklagten, aus. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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