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RA Digital - 03/2020

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Editorial

Editorial RA 03/2020 andere sehen in ihm ein Vehikel für die pseudokünstlerische Legitimation von Versagertum. Als in den USA der Gangster-Rap mit Mord und Totschlag auf dem Höhepunkt war, schien der Hip Hop in Deutschland ein ewiges Nischendasein zu fristen. Auf die fröhlichen Fanta4 folgten aber dann kurz nach der Jahrtausendwende Sido, Bushido und Frauenarzt. Diese ließen die Sache explodieren. Alle mit der nötigen street credibility ausgerüstet, steigerten ihre Texte den Blutdruck so mancher Sozialarbeiter, die kaum gutheißen konnten, was sie da hörten. Alle drei spielten genau die Tasten auf dem Klavier, die zu drücken die allgegenwärtige political correctness doch so streng verboten hatte. Andererseits genügte ein Blick, um jeden Sozialarbeiter milde zu stimmen, denn identitätspolitisch waren sie aufgrund ihres Rangs in der Opferpyramide unangreifbar. Und: Wollte man genauso intolerant sein, wie die eigenen Väter und Großväter in den Fünfziger Jahren, wenn Rock n’ Roll gespielt wurde? So kamen Bushido und Co. mit ihrer Kunst durch und eroberten bundesweit viele Kinderzimmer. Wer nüchtern bleibt und nicht auf den medial erzeugten Erregungswellen surft, erkennt einen Mechanismus, der bei jungen Männern unabhängig von Herkunft und sozialem Status seit Jahrhunderten wirkt: Beim Wettstreit, wer der Ordinärste ist, folgten auf zotige Lieder die Wirtinnen-Verse, bevor diese von Herrenwitzen und Verbalerotik in Softpornos abgelöst wurden. Mit den Emanzensprüchen der 80er Jahre zeigten auch zahlreiche Frauen, dass sie keinesfalls chauvinistische Scheuklappen hatten. Sigmund Freud hätte auch heute noch seine Freude am Erklären der Verdrängungsmechanismen. Der wegen seiner Nähe zu Clans bekannte Bushido bekam es nun wegen der Indizierung seines Albums „Sonny Black“ erst mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und zuletzt mit dem Bundesverwaltungsgericht zu tun. Für Sie, liebe Leserinnen und Leser der RA, ist weniger der Inhalt seiner Texte als vielmehr die Tatsache interessant, dass das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zum Beurteilungsspielraum geändert hat. Dies ist sehr examensrelevant! Lesen Sie hierzu unbedingt die Ausführungen auf Seite 141 in dieser Ausgabe der RA. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Jura Intensiv Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2020 ZIVILRECHT Zivilrecht 113 Problem: Müllcontainer als Mangel der Kaufsache Einordnung: Kaufrecht OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2020 I-21 U 46/19 EINLEITUNG Aufgrund des steten Zuzugs in die Ballungsräume versuchen die Kommunen den Bedarf an Wohnungen nicht nur mit der Verdichtung gewachsener Wohngebiete sowie durch Erhöhung von Gebäuden zu decken, sondern planen erneut Großsiedlungen wie zuletzt in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die hier vorliegende Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt, dass man für über eine halbe Million Euro Kaufpreis nicht immer eine Traumwohnung erhält. SACHVERHALT Die K erwarben eine Eigentumswohnung im Objekt H13 in D zu einem Kaufpreis von 541.704,49 € von der Bauträgerin (B). Der Kaufvertrag wurde im Februar 2015 geschlossen. Das Objekt befindet sich im Neubaugebiet G, in dem insgesamt ca. 1.800 Wohnungen errichtet werden sollen. Die von den K selbst genutzte, 136,55 m² große Wohnung befindet sich im 2. Obergeschoss und besteht aus vier Zimmern. Etwa 84 m² der Wohnung nebst Balkon sind zur H-Straße gelegen. Auf der dem Haus gegenüberliegenden Seite der H-Straße befindet sich ein Platz, der von B in den Verkaufsprospekten und -verhandlungen als sog. „Piazza“ bezeichnet wurde. Auf diesem Platz wurde auf Anweisung der Stadt eine Altglas- und Altpapier-Entsorgungsanlage bestehend aus vier großen Niederflurcontainern errichtet (im Folgenden „Containeranlage“). Drei der Container sind für Altglas, einer für Altpapier vorgesehen. Der Abstand der Container zum Objekt H13 beträgt 21,5 Meter. Kurz vor Übergabe der Wohnung fand eine Begehung des Gemeinschaftseigentums zum Zwecke der Abnahme statt, an der die Eigentümer teilnehmen konnten. Zu diesem Zeitpunkt war die Containeranlage bereits fertig gestellt. Über die Containeranlage wurde von Seiten der B mit den Eigentümern nicht gesprochen. Weder aus den Verkaufsprospekten noch aus einem auf der Internet-Homepage der B befindlichen Werbevideo war eine solche Anlage ersichtlich. Die Übergabe der Wohnung an die Kläger erfolgte kurz darauf Ende 2015. Im Rahmen der ersten Eigentümerversammlung Anfang 2016 bemängelten die Eigentümer die Entsorgungsanlage gegenüber B. Schriftlich teilten sie mit, dass ein Einverständnis mit der ohne ihre Kenntnis errichteten Containeranlage nicht bestehe, sie sich über einen durch diese bedingten Mangel mangels hinreichender Information arglistig getäuscht fühlten. B erläuterte kurz darauf schriftlich, wie es zu der Errichtung der Containeranlage gekommen war, und wies eine Aufklärungspflichtverletzung zurück. Die Eigentümer beantragten im September 2016 bei der Stadt D schriftlich aber erfolglos die Verlegung der Containeranlage und setzten zeitgleich der B erfolglos eine Frist zur Beseitigung der Containeranlage. In der Folgezeit stellte ein Sachverständiger für Immobilienbewertung gutachterlich die Wertminderung der Wohnungen infolge der Entsorgungsanlage fest. An B gerichtete Aufforderungen zur Beseitigung der Containeranlage unter Vorlage des Gutachtens blieben erfolglos. Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Eine in der Nähe einer vom Bauträger erworbenen Eigentumswohnung auf Anweisung der Stadt errichtete Wertstoffsammelstelle begründet keinen Sachmangel der Kaufsache im Sinne von § 437 BGB, weil die damit einhergehende Beeinträchtigung als sozialadäquat hinzunehmen ist. 2. Der Bauträger ist nicht verpflichtet, den Erwerber der Eigentumswohnung vor Vertragsschluss über die geplante Aufstellung der Wertstoffsammelstelle aufzuklären, wenn es sich um eine für jedermann öffentlich zugängliche Information handelt, die jederzeit bei der Stadt abrufbar war. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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