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RA Digital - 03/2021

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130 Referendarteil:

130 Referendarteil: Zivilrecht RA 03/2021 Sodann verkaufte die Ehefrau des E, die hiesige Beklagte, vier Skulpturen an den verstorbenen Vater der Kläger. Kenntnis der Klägerseite von dem Umstand, dass die Nachgüsse nicht vom Urheber autorisiert sind Beitritt des Streithelfers nach Streitverkündung, §§ 72, 74 I, 67 S. 1 ZPO als vorgezogene Prozessgeschichte, welche im Indikativ Perfekt dargestellt wird. Der Beitritt erfolgt, damit die Streithelfer ggf. im Folgeprozess gegen die Interventionswirkung des § 68 1. Hs. ZPO die Einrede der mangelhaften Prozessführung gem. § 68 2. Hs. ZPO erheben können. Die K als Miterben werden als Gesamthandsgemeinschaft Träger der Nachlassrechte und -verbindlichkeiten gem. § 1922 I BGB. Der streitige Parteivortrag wird im Präsens und indirekter Rede dargestellt. Trennen Sie zwischen Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten. Die Erbfolge ist unstreitig. Vermeiden Sie in einer Klausur Flüchtigkeitsfehler und zitieren Sie § 1922 BGB zur Anspruchsgrundlage mit. Universalsukzession gem. § 1922 BGB Wer für 1 Mio. Euro Kunstwerke kauft, darf von vom Urheber autorisierten Werken/Repliken ausgehen, sodass die – konkludente – Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 437 I 1 BGB naheliegt. Sieht man dies anders, ist § 437 I 2 Nr. 2 BGB offensichtlich einschlägig. Sachmangel, § 434 BGB Im Jahr 2009 erwarb B. A. von B vier Bronzeskulpturen unter der Bezeichnung „Conversation Piece, 2001“ zu einem Gesamtpreis in Höhe von 1.000.000 €, den B. A. an B zahlte. Mit Schreiben vom (…2015) teilten die Streithelfer den Anwälten der Mutter der K mit, dass Recherchen bestätigen, dass E zusammen mit der Gießerei unberechtigte Güsse der Skulpturen gefertigt habe, darunter die bei ihr aufgestellten Skulpturen. Die K behaupten, die erworbenen Skulpturen seien ungenehmigte Nachgüsse. Diese hätten kein Zertifikat und seien bis auf den Materialwert völlig wertlos. Die K vertreten die Rechtsansicht, ihnen sei ein Schaden in Höhe des Kaufpreises abzüglich des Materialwertes in Höhe von 980.000 € entstanden. Mit Schriftsatz vom (…) sind die Streithelfer dem Rechtsstreit auf Seiten der K beigetreten. Die K beantragen, B zu verurteilen, an die K zur gesamten Hand 980.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. B beantragt, die Klage abzuweisen. B behauptet, die 4-teilige Figurengruppe 2003 zu ihrem 40. Geburtstag von ihrem damaligen Ehemann, dem E, geschenkt bekommen und keinen Anlass gehabt zu haben, zu bezweifeln, dass diese original seien. Ferner ist B der Rechtsansicht, dass das Wissen des E nur dem B. A. als Erwerber der Skulpturen zu dessen Lasten angerechnet werden dürfe, da E als dessen Einkaufskommissionär und Repräsentant in der Einkaufsorganisation tätig geworden sei; nicht hingegen dürfe jenes Wissen ihr – B – anlastend zugerechnet werden, denn sie selbst sei nie in die Kaufverhandlungen eingebunden gewesen und ihr Ex-Ehemann E sei weder als ihr Repräsentant, noch in ihrem Interesse, sondern allein aus eigener Initiative in seinem eigenen Interesse tätig geworden. Zudem sei die Forderung verjährt. Jura Intensiv ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig und begründet. Die K haben gegen B einen Schadensersatzanspruch aus dem Kaufvertrag nach §§ 437 Nr. 3, 311a I, II 1 und 2, 1922 BGB. Mit dem Erbfall gingen die Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag auf die K gem. § 1922 BGB über. Zwischen B. A. und E bestand ein wirksamer Kaufvertrag gemäß § 433 BGB. Der Kaufgegenstand – die streitgegenständlichen Skulpturen – sind mangelhaft. Sie weisen einen Sachmangel gemäß § 434 I 1 BGB oder § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf. [19] (…) Es handelte sich bei ihnen um ungenehmigte Nachgüsse. Hierdurch wiesen sie entweder nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB, oder waren jedenfalls nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht frei von einem Sachmangel. (…). Ebenfalls liegen die Voraussetzungen des §§ 437 Nr. 3, 311a I, II 1 und 2 BGB vor. Die ungenehmigten Nachgüsse führen dazu, dass die Kunstwerke rechtlich als „unecht“ zu bewerten sind. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2021 Referendarteil: Zivilrecht 131 [19] (…) Dieser schon bei Vertragsschluss vorliegende Sachmangel war auch unbehebbar und bildete damit ein zur Unmöglichkeit ordnungsgemäßer Leistungserbringung führendes Hindernis. Der Urheber, J. M., ist Ende August 2001 verstorben und konnte demnach die Nachgüsse nicht mehr autorisieren. Zudem trifft B wegen des Sachmangels ein Verschulden gemäß § 276 I 1 BGB. Der B fällt Arglist im Rechtssinne zur Last. [25] Sie hatte guten Grund, sich im Rahmen aller Möglichkeiten danach zu erkundigen, ob es sich tatsächlich um Originale oder autorisierte Exemplare handelte. [26] Gerade dann, wenn sie sich keines Dritten als Wissensvertreters bediente, trafen sie selbst alle Verkäuferpflichten. [27] Die Authentizität der Werke verstand sich zum Zeitpunkt des Verkaufs, aber auch schon zur Zeit ihres eigenen Erwerbs durch Schenkung keineswegs von selbst. Das folgt aus der Geisteshaltung des Künstlers (keine Auflagenarbeiten), vor allem aber daraus, dass die Beklagte zu 1. die Abreden von 2001 mit dem Künstler zur Verwendung der 22 Exemplare des Originalgusses ausweislich der Anlage (…) mitbekommen hatte, und danach war jedenfalls aus dem Originalguss gerade die Vierergruppe, die ihr hernach angeblich zum Geburtstag geschenkt wurde, bereits seinerzeit veräußert gewesen. [28] (…) Sie wäre sowohl infolge ihrer beruflichen Fachkenntnis als auch infolge ihrer konkreten Vorkenntnisse keineswegs auf Erkenntnisquellen, die jedem beliebigen Dritten offenstanden, beschränkt gewesen (…), sondern hätte durch (intensive) Nachfragen bei ihrem Ehemann (…) für sich klären müssen, wie plausibel es sei, dass mit den vier ihr zugewandten, ihrer Herkunft nach bislang unerklärten Exemplaren doch alles seine Richtigkeit habe. (…) [30] Sie behauptete beim Verkauf unrichtig ins Blaue hinein, die Werke stellten Originale oder autorisierte Nachgüsse dar. Anders lässt sich die in der Rechnung dokumentierte Kaufabrede nicht verstehen. Ein etwaiger guter Glaube hilft ihr nicht, denn sie legte gegenüber dem Käufer das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage nicht offen. (…) So handelte sie, obgleich ihr nach den gesamten Umständen, namentlich als Ehefrau des Beklagten zu 2., klar war, dass der Käufer von der Authentizität ausging, anderenfalls - er wollte eine nennenswerte Kunstsammlung aufbauen - nicht erworben hätte, und dass er in seiner Person keine Ahnung von zeitgenössischer oder gar von Kunst generell hatte, während sie sachkundig war. Jura Intensiv Ein Ausschluss der Sachmängelhaftung wegen grober Fahrlässigkeit des Käufers gem. § 442 I 1 BGB kommt nicht in Betracht. B handelte arglistig, sodass gemäß § 442 I 2, 1. Fall BGB die Voraussetzungen für den gesetzlichen Ausschluss der Gewährleistungsrechte nicht vorliegen. Dem B. A. ist das Wissen des E nicht gemäß oder entsprechend § 166 I BGB zuzurechnen. [32] (…) Es liegt auf der Hand, dass nicht nur nicht zu erwarten, sondern geradezu auszuschließen war, dass der Beklagte zu 2., ein wegen umfangreicher Vermögensdelikte gerade zulasten des Käufers langjährig verurteilter Straftäter, sein Wissen an den Käufer als Geschäftsherrn weitergab. Anfängliche Unmöglichkeit, § 311a BGB Exkurs: Auch die fehlerhafte Urheberschaft (Künstler X statt Künstler Y) stellt einen Sachmangel dar, OLG Frankfurt, Urteil vom 03.05.2018, 19 U 188/15 = RA 07/2018 S. 341. Erforderliches Verschulden im Rahmen von Sekundäransprüchen, §§ 276 ff. BGB Die Aussage wirkt wie ein Rückschluss aus einer Ausnahme. Einfacher formuliert heißt es in [26]: „Den Verkäufer treffen die Verkäuferpflichten.“ Erst dann, wenn sich jemand des Fachwissens eines Dritten bedient, stellen sich Zurechnungsfragen. Es gab die Einzelstücke folglich „2x“ im Rechtsverkehr, sodass eine Vierergruppe unecht sein musste. B wusste nicht zwingend, welche unecht war, aber dieser Wissensvorsprung führt zu Erkundigungspflichten. Insbesondere dann, wenn E bereits in Bezug auf den Kunsthandel strafrechtlich in einem erheblichen Umfang in Erscheinung getreten ist. Klassische Formulierung, die Sie in diesem Zusammenhang kennen müssen. Beklagter zu 2) = E Es stellt sich hier die Frage, ob es sich auswirkt, dass der Erblasser B. A. von dem E, der von der fehlenden Beschaffenheit der Skulpturen Kenntnis hatte, beraten wurde. Beklagter zu 2) = E Käufer = B. A. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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