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RA Digital - 03/2021

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132 Referendarteil:

132 Referendarteil: Zivilrecht RA 03/2021 BGH, Urteil vom 23.01.2014, III ZR 436/12 Rn 20. Zum etwaigen Ausschluss der Berufung auf eine Wissenszurechnung gem. § 166 I BGB. Einprägsamer formuliert: Hier muss sich B. A. nicht das Wissen des E zurechnen lassen, da die Kenntnis des B. A. voraussetzen würde, dass E ihm von der fehlenden Authentizität der Skulpturen berichtet und somit Ansprüche gegen sich selbst ausgelöst hätte. Palandt/Ellenberger, BGB, § 199 Rn 50 Für derartige Fälle erkennt die Rechtsprechung eine Ausnahme von der Zurechnung bei Wissensvertretern an (BGH (…)) und diese Grundsätze sind auch im Recht der Sachmängelhaftung anwendbar (…). Hiernach hat eine Zurechnung nach Treu und Glauben zu unterbleiben, wenn nicht erwartet werden kann, dass ein Wissensvertreter dafür sorgt, dass Ansprüche gegen ihn selbst geltend gemacht werden können, aber auch dann, wenn sich die Ansprüche des Geschäftsherrn zwar gegen einen Dritten richten, jedoch mit einem gegen den Wissensvertreter gerichteten Anspruch in so engem Zusammenhang stehen, dass gleichfalls zu befürchten ist, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen. (…). Eine Fristsetzung vor Verlangen des Schadensersatzes ist wegen der Unbehebbarkeit des Mangels entbehrlich gewesen, § 281 II BGB. Entgegen der Rechtsauffassung der B ist der Anspruch nicht verjährt. Handelt der Anspruchsgegner arglistig, verjährt die Forderung aus Sachmängelhaftung nach § 438 III 1 BGB gemäß den §§ 195, 199 I BGB innerhalb von drei Jahren ab Erlangung der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Anspruchsentstehung durch K. Das Wissen des E ist dem B. A., als Rechtsvorgänger der K, nicht zuzurechnen. K haben die maßgebliche Kenntnis erst im Laufe des Jahres 2015 erlangt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 199 BGB liegt bei derjenigen Partei, die sich auf Verjährung beruft. Einer etwaigen sekundären Darlegungslast sind K durch ihr substantiiertes Vorbringen nachgekommen, die darlegungsbelastete B hat dem nichts entgegengesetzt. Danach ist die noch 2015 zugestellte Klage in jedem Fall in unverjährter Zeit erhoben worden. Der Anspruch bezüglich der geltend gemachten Zinsforderung ist ebenfalls begründet und ergibt sich aus §§ 291, 288 I 2 BGB. Die Kostentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2. Jura Intensiv FAZIT Die Entscheidung bietet sich sowohl für eine Verwertung im ersten als auch im zweiten Staatsexamen an. Angehende Assessoren berücksichtigen, dass die Statthaftigkeit der Streitverkündung gemäß § 72 ff. ZPO in einem nachfolgenden Rechtsstreit geprüft werden würde. In diesem Vorprozess werden lediglich die Prozesshandlungen des Streithelfers an der jeweils relevanten Stelle – hier im Rahmen der Anträge – abgearbeitet. Materiell-rechtlich besteht hier das klassische Problem, dass ein Profi in seinem Metier Angaben „ins Blaue hinein“ macht. Diese Problemlösung hat sich in der Rechtsprechung etabliert und ist sachgerecht, da lediglich in seltenen Fällen positive Kenntnis von der Abgabe absichtlich falscher Angaben bewiesen werden kann, mit der Gleichstellung einer Angabe „ins Blaue hinein“ aber die gleiche Rechtsfolge erzeugt wird. Weiterer Schwerpunkt ist § 442 I BGB. Hier gilt es zu erkennen, dass auf Seiten des – verstorbenen – Erwerbers selbst einen Wissensvertreter (E) agierte, welcher positive Kenntnis von der fehlenden Authentizität der Skulpturen hatte. Hätte E dem Erwerber seine Kenntnis offenbart, hätte er aber zumindest zivilrechtliche Regressansprüche gegen sich selbst ausgelöst, sodass ihm diese Offenlegung gegenüber dem Erwerber unzumutbar war und § 442 I 1 BGB nicht erfüllt ist. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2021 Referendarteil: Zivilrecht 133 Problem: Aktivlegitimation eines Wohnungseigentümers Einordnung: Mietrecht LG Frankfurt a. M., Urteil vom 28.01.2021 2-13 S 155/19 EINLEITUNG Nachbarstreitigkeiten, die objektive Dritte als Nichtigkeit betrachten, finden nicht nur „klassisch“ am Gartenzaun statt, sondern auch zwischen Wohnungseigentümern. In diesem Fall ging es um die Dauer der Nutzung eines Parkplatzes sowie um eine im Gemeinschaftstreppenhaus abgestellte Bank samt Blumenständer. Ärgerlich in diesen emotional aufgeheizten Situationen ist es, wenn das Gericht über die „eigentliche“ Sache überhaupt nicht entscheiden muss, weil eine Partei eine Gesetzesmodernisierung nicht kannte. Ob dann vor dem Amtsgericht unter anderem verfassungsrechtliche Argumente helfen, lesen Sie in der folgenden Entscheidung. TATBESTAND Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (…). Der Anteil der Beklagten (B) am Gemeinschaftseigentum beträgt 1/5. Der Anteil des Klägers (K) hiervon beträgt ebenfalls 1/5. Die Wohnung des K liegt im 1. OG direkt über der Wohnung der B. Ebenfalls im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft steht ein Parkplatz in einer zur Gesamtanlage zugehörigen Garage. B nutzte den streitgegenständlichen Parkplatz in der Vergangenheit, wobei der Umfang der Nutzung streitig ist. Zudem stellte B im Treppenhaus vor ihrer Wohnungstür eine Bank und einen Blumenständer ab. K ist der Rechtsansicht, B dürfe den streitgegenständlichen Parkplatz überhaupt nicht nutzen. Zudem gefährde ihn, den K, das Abstellen einer Bank sowie eines Blumenständers im gemeinschaftlichen Hausflur, da hierdurch der Fluchtweg durch das Treppenhaus verengt werde. K beantragt, die B zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, den Parkplatz ununterbrochen zu nutzen sowie 2. es zu unterlassen, Gegenstände im gemeinschaftlichen Treppenhaus abzustellen. B beantragt, die Klage abzuweisen. Jura Intensiv ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht keiner der beiden begehrten Unterlassungsansprüche zu. Dem K fehlt die Aktivlegitimation. K beruft sich für seine geltend gemachten Ansprüche auf Gebrauchsstörungen seitens der B bezüglich des Gemeinschaftseigentums, welche K nach altem Recht gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 15 III WEG a.F. abwehren konnte. LEITSÄTZE 1. § 9a II WEG ist lex specialis zu § 1011 BGB. 2. Das gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate ist nicht auf die WEG zu übertragen. 3. Für eine analoge Anwendung des § 48 WEG ist aufgrund des Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum. In der Originalentscheidung erfolgen im Tatbestand Rechtsausführungen. Vermeiden Sie dies unbedingt in Ihrer Klausur. Oberstes Gebot im Tatbestand ist die Verständlichkeit, sodass ausnahmsweise auch ein streitiger Umstand – hier der Umfang der Nutzung des Parkplatzes – erwähnt werden darf, wenn er als ein solcher kenntlich gemacht wird. In einer Klausur sollten Sie unbedingt darauf verzichten. Ob der Klageantrag zu 1. den Anforderungen an § 253 II Nr. 2 ZPO genügt, kann mit guten Gründen bezweifelt werden, da sich aus dem Tenor kein bestimmter Nutzungsumfang ergibt. Hier dürfte der Gerichtsvollzieher massive Probleme im Rahmen der Vollstreckbarkeit haben. Siehe hierzu aber die Ausführungen im Fazit. Offensichtlich fehlen zudem Anträge bzgl. der Verhängung von Ordnungsgeldern gem. § 890 I ZPO, damit der Unterlassungsanspruch auch zwangsweise durchgesetzt werden kann. Ist Ihr Schönfelder aktuell? § 15 III WEG a.F.: Jeder Wohnungseigentümer kann (…) verlangen, (…). Nunmehr thematisch geregelt in § 14 I WEG (2021) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet (…) © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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