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RA Digital - 03/2021

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134 Referendarteil:

134 Referendarteil: Zivilrecht RA 03/2021 § 9a II WEG: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übt die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. § 9a II WEG ist damit lex specialis zu § 1011 BGB. vgl. Thoms/Putzo/Hüßtege, ZPO, § 51 Rn 23 m.w.N. 2. Überlegung, ob K den Anspruch als Vertreter der Gemeinschaft geltend machen kann. Palandt/Wicke, WEG, § 27 Rn 3 BGH, Urteil vom 08.06.2018, V ZR 125/17 BGH, Urteil vom 25.09.2020, V ZR 288/19 Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung. BGH, Urteil vom 13.08.1997, VIII ZR246 – 96; Thomas/Putzo/Reichold; § 253 Vorbem Rn 35 Übergangsvorschriften bestehen gemäß § 48 WEG n.F. Die § 14 WEG bzw. § 9a WEG sind nicht hiervon umfasst. A.A: AG Heidelberg, Verfügung vom 05.01.2021, 45 C 108/19 Siehe hierzu das Fazit. Das entspricht der gesetzgeberischen Intention. [8] Bezüglich der Ansprüche auf Einhaltung des Binnenrechtes (…) ist der Kläger nicht mehr Anspruchsinhaber (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Hinsichtlich des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt es zwar dabei, dass der Kläger als Miteigentümer Anspruchsinhaber ist, es fehlt aber an der Prozessführungsbefugnis, die § 9a Abs. 2 Alt. 1 WEG der Gesetzgeber in Abweichung von § 1011 BGB nun nicht mehr dem einzelnen Eigentümer, sondern dem System des neuen WEG-Rechts folgend, dem Verband als dem Träger des Verwaltungsmonopols (Skauradszun ZRP 2020, 34 (35)) des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen hat. Die Frage der Prozessführungsbefugnis ist aber eine von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung und muss zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (Thomas/Putzo…). K kann den behaupteten Anspruch auch nicht für die Gemeinschaft geltend machen. Diese Möglichkeit scheidet aufgrund von rechtssystematischen Erwägungen des WEG aus. [9] (…). Angesichts der Annäherung an das Gesellschaftsrecht sind allerdings bereits Forderungen laut geworden, dass gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate auf das WEG zu übertragen (…). Derartigen Überlegungen hat der BGH bislang eine Absage erteilt (BGH …). (…) Anders als im Gesellschaftsrecht üblich, gibt es im WEG-Recht mit § 19 Abs. 1 WEG einen Rechtskonformitätsanspruch, der mit der Beschlussersetzungsklage (§ 44 WEG) auch von der Minderheit gegen die Mehrheit gerichtlich durchgesetzt werden kann. Daher besteht ein Bedürfnis, einem einzelnen Eigentümer die Möglichkeit einzuräumen, für den Verband zu klagen, nicht, hier ist vielmehr das im WEG-Recht für diese Problemsituation entwickelte Prozedere einzuhalten (BGH…). Jede andere Lösung würde auch die gesetzgeberische Entscheidung, diese Rechte dem Verband (bezüglich § 1004 BGB zur Ausübung) zuzuweisen, unterlaufen und zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. (…). Unerheblich ist ferner, dass die Gesetzesänderung während des laufenden Verfahrens in Kraft getreten ist. Jura Intensiv [11] Gegenstand der Klage ist eine Leistungsklage, insoweit ist maßgeblich der Rechtsstand bei Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Damit gilt das neue Recht, wenn bei der Gesetzesnovellierung keine Übergangsvorschriften vorgesehen sind. [12] Übergangsvorschriften enthält das neue Recht für das materielle Recht insoweit nicht, lediglich das bisherige Verfahrensrecht (§ 48 Abs. 5 WEG - Fortgeltung des bisherigen dritten Teils des Gesetzes) gilt weiter. Die Frage der Anspruchsberechtigung (§ 14 WEG) bzw. der Prozessführungsbefugnis (§ 9a WEG) sind aber keine von dieser Norm erfassten Regelungen. Eine analoge Anwendung von § 48 WEG scheitert bereits an den Erfordernissen einer planwidrigen Regelungslücke. [14] Damit verliert der Eigentümer mit Inkrafttreten der Neuregelung die Möglichkeit Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen. Entgegen einer bereits in der Instanzrechtsprechung vertretenen Auffassung (AG Heidelberg (…)) ist auch weder mit Blick Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2021 Referendarteil: Zivilrecht 135 auf den effektiven Rechtsschutz noch gemäß Art. 14 GG eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG geboten, um zu einer verfassungskonformen Lösung zu gelangen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG verfügt der Gesetzgeber hinsichtlich der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse über einen breiten Gestaltungsspielraum (BVerfG …). Dass eine Rechtsänderung zu Härten führt, liegt in der Natur der Sache und führt nicht dazu, dass entsprechende Regelungen verfassungswidrig sind (BVerfG a.a.O.). Als nicht zu beanstandende Kriterien für eine übergangslose Invollzugsetzung von Rechtsänderungen sind dabei insbesondere die Rechtssicherheit, die klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt, anerkannt (BVerfG a.a.O.). Gerade von diesem Gedanken hat sich der Gesetzgeber bei den Übergangsvorschriften leiten lassen und es für erforderlich gehalten, zu vermeiden, dass über einen langen Zeitraum altes und neues Recht nebeneinander anzuwenden ist, dies ist mit der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichts möglich und damit hinzunehmen. [16] Angesichts des vorstehend beschriebenen klaren gesetzgeberischen Willens, ist auch für eine analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO kein Raum. Dies bezüglich des Anspruchs aus § 1004 BGB schon deshalb nicht, weil insoweit kein Fall des Wechsels des Rechtsinhabers erfolgt, da der Anspruch materiell bei den Eigentümern bleibt und nur die Durchsetzung alleine dem Verband obliegt. Die Konstellation entspricht daher insoweit der Situation zum bisherigen Recht, in Fällen, in denen nach Klageerhebung eines Eigentümers die Ansprüche gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG aF vergemeinschaftet wurden. Hier entsprach es der Rechtsprechung des BGH, dass in diesen Fällen der klagende Eigentümer durch einen derartigen Beschluss seine Prozessführungsbefugnis verliert (BGH…). Für eine gesetzliche Änderung, welche einen identischen Inhalt hat, kann nichts anderes gelten. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 2. Var., 711 ZPO. Jura Intensiv FAZIT Die Entscheidung eignet sich sehr gut, um eine Klausuraufgabenstellung zu ergänzen. Im laufenden Verfahren ändert sich die materiell-rechtliche Rechtslage. Ein Anspruch, welcher zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bestand, kann von der klagenden Partei nunmehr nicht mehr geltend gemacht werden. Die Klage ist daher bezüglich dieses Anspruches unbegründet. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung, somit auch das geltende Recht zu diesem Zeitpunkt. Aus diesem Grund gibt es Übergangsvorschriften. Sind diese für den behaupteten Anspruch nicht einschlägig, bleibt es dabei, dass die neue – aktuelle – Rechtslage gilt. Die Argumente des Klägers zur analogen Anwendung der Übergangsvorschriften können Sie mit klassischem juristischem Handwerkszeuge beseitigen. Erforderlich ist eine planwidrige Regelungslücke samt vergleichbarer Interessenlage. Die Planwidrigkeit liegt fern, da dem Kläger über § 44 I 2 WEG ein Rechtsbehelf zusteht und der Kläger aufgrund der Änderung des § 15 WEG a.F. offensichtlich die Rechtslage ändern wollte. Von einer Änderung der Gesetzeslage im Prozess überrascht zu werden, verletzt den Kläger ebenfalls nicht in seinen verfassungsrechtlich BVerfG, Beschluss vom 07.10.2015, 2 BvR 413/15 Es erscheint selbstverständlich fraglich – und wurde zu Recht abgelehnt – hier mittels Verfassungsrecht Versäumnisse der Partei zu korrigieren. Letzten Endes ist hier der Kläger schlicht und ergreifend juristisch falsch vorgegangen. Ihm standen über § 44 I WEG Rechtsbehelfe zur Verfügung. Keine planwidrige Regelungslücke! Eine analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO ist abwegig. Hiergegen spricht bereits § 45 WEG als ausdrücklicher gesetzgeberischer Wille dahingehend, dass §§ 9a, 14 WEG ohne Übergangszeit des alten Rechts unmittelbar gelten sollen. BGH, Urteil vom 26.10.2018, V ZR 328/17 © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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