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RA Digital - 04/2017

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178 Zivilrecht

178 Zivilrecht RA 04/2017 Der Einwand des treuwidrigen Verhaltens nach § 242 BGB greift damit vorliegend nicht ein. III. Anspruch durchsetzbar Unzumutbarkeit gem. § 439 III BGB Schließlich dürfte dem Anspruch der Einwand der Unzumutbarkeit gem. § 439 III BGB nicht entgegenstehen. Vorraussetzungen für die Unzumutbarkeit gem. § 439 III BGB Zwar übersteigen die Kosten der Nachlieferung diejenigen der Nachbesserung um ein Vielfaches, doch ist auch die erhebliche Bedeutung des Mangels mitzuberücksichtigen. „II.1.d.aa. Danach kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (§ 439 III 2 BGB). Maßgeblich kommt es dabei darauf an, ob die Kosten der Nachlieferung im Verhältnis zu den Kosten der Nachbesserung unverhältnismäßig sind (sog. „relative Unverhältnismäßigkeit“). Ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, besteht dagegen im Rahmen eines - hier vorliegenden - Verbrauchsgüterkaufs i.S.d. §§ 474 ff. BGB nicht. II.1.d.bb. Im Rahmen der bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gebotenen Abwägung ist der gesamte - ggf. geschätzte - Aufwand der Kosten für die Nachbesserung einerseits und für die Nachlieferung andererseits gegenüberzustellen. Die Kosten für die Nachlieferung übersteigen dabei vorliegend diejenigen einer Nachbesserung um ein Vielfaches, ohne dass es darauf ankommt, welchen Wert das zurückgenommene Fahrzeug für B hat und welche Kosten für das nachzuliefernde Neufahrzeug im Einzelnen anfallen. II.1.d.cc. Dem steht vorliegend allerdings die erhebliche Bedeutung des Mangels entgegen. Die streitgegenständliche Warnmeldung schränkt die Verwendungsmöglichkeiten des erworbenen Fahrzeugs spürbar ein. Denn ein achtsamer Fahrzeugnutzer, der den Eintritt drohender Schäden am Fahrzeug vermeiden und ggf. bestehende Gewährleistungs- und Garantieansprüche nicht gefährden möchte, wird der Aufforderung, das Fahrzeug anzuhalten und die Fahrt bis zu 45 Minuten zu unterbrechen, nachkommen. Dass der Mangel möglicherweise mit dem Update am 14.10.2014 behoben worden ist, steht der Annahme eines Mangels von erheblicher Bedeutung nicht entgegen. Denn als relevanter Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedeutung des Mangels ist der Gefahrübergang anzusehen, da zu diesem Zeitpunkt eine einwandfreie Leistung geschuldet war.“ Jura Intensiv Damit steht B die Einrede der Unverhältnismäßigkeit gem. § 439 III BGB nicht zu. IV. Rechtsfolge K kann gem. § 439 I BGB nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. B. Ergebnis K hat folglich gegen B einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs gem. §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 1, 439 I 2. Alt.BGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2017 Zivilrecht 179 Problem: Zweideutige Preisangabe auf eBay Einordnung: BGB AT BGH, Urteil vom 15.02.2017 VIII ZR 59/16 EINLEITUNG Rückt ein Verkäufer, der auf eBay zum Zweck der Gebührenersparnis ein sehr niedriges Angebot zum Sofortkauf eingestellt und dies im Fließtext erläutert, erkennbar von den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Online-Plattform ab, die dies eigentlich nicht zulassen, gilt das individuell Vereinbarte. Dies meint der BGH in der vorliegenden Entscheidung. SACHVERHALT Der Beklagte (B) bietet im Oktober 2014 über die Internet-Plattform eBay unter Nutzung der Festpreis-Funktion „Sofort-Kaufen“ ein E-Bike zum Kauf an. An der dafür vom Plattformbetreiber auf der Angebotsseite vorgesehenen Stelle trägt er einen Sofortkaufpreis von 100 € und Versandkosten von 39,90 € ein. Die auf der Angebotsseite von B unter Verwendung von Großbuchstaben und Fettdruck der Preisangabe unmittelbar vorangestellte Artikelbezeichnung lautet: „Pedelec neu einmalig 2600 € Beschreibung lesen!!“ Am Ende der Artikelbeschreibung fügt B - wiederum in Großbuchstaben - folgende Angaben hinzu: „Das Fahrrad ist noch original verpackt, kann aber auf Wunsch zusammengebaut werden. Bitte Achtung, da ich bei der Auktion nicht mehr als 100 € eingeben kann (wegen der hohen Gebühren), erklären Sie sich bei einem Gebot von 100 € mit einem Verkaufspreis von 2600 + Versand einverstanden. Oder machen Sie mir einfach ein Angebot! Danke.“ Der auf das Angebot aufmerksam gewordene Kläger (K) betätigt am 16.10.2014 die Schaltfläche („Button“) „Sofort-Kaufen“ auf der Angebotsseite, um das E-Bike zu erwerben. In einer noch am gleichen Tag durch E-Mails über die Höhe des Kaufpreises geführten Korrespondenz weist B den K auf den in der Artikelbeschreibung angegebenen Kaufpreis von 2.600 € als aus seiner Sicht maßgeblich hin, während sich K auf den eingegebenen und ihm auch in der Kaufbestätigung von eBay einschließlich der Versandkosten angezeigten Kaufpreis von 139,90 € beruft. Am Folgetag fordert B den K auf, den Kaufpreis i.H.v. 2.600 € binnen fünf Tagen an ihn zu bezahlen. K zahlt daraufhin jedoch nur 139,90 € und bittet um den Versand des E-Bikes an seine Anschrift. Als B dem nicht nachkommt, verlangt K mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2014 erneut die Übersendung des E-Bikes unter Hinweis auf das von ihm durch Betätigung des Buttons lediglich zu 100,- € zzgl. Versandkosten angenommene Angebot. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Sind bei Verkaufsaktionen auf der eBay-Internetplattform die Erklärungen der Teilnehmer nicht aus sich heraus verständlich oder lückenhaft und bedürfen sie deshalb der Auslegung, ist grds. zwar der Aussagegehalt der eBay-AGB ergänzend in die Auslegung der abgegebenen Willenserklärungen einzubeziehen. Rückt jedoch einer der Teilnehmer von den Regelungen der eBay-AGB erkennbar in bestimmter Hinsicht ab, kommt deren Heranziehung insoweit zur Bestimmung des Vertragsinhalts nicht mehr in Betracht. Es ist dann vielmehr das individuell Vereinbarte maßgeblich. 2. Zum Vorliegen einer Anfechtungserklärung kann es schon genügen, dass der Anfechtende eine Verpflichtung, die er nach dem objektiven Erklärungswert seiner – ggf. durch schlüssiges Handeln getätigten - Willensäußerung übernommen hat, bestreitet oder nicht anerkennt oder ihr sonst widerspricht, sofern sich unzweideutig der Wille ergibt, dass er das Geschäft gerade wegen eines Willensmangels nicht bestehenlassen will. Dies ist auch in Form einer Eventualanfechtung möglich, die für den Fall erklärt wird, dass das Rechtsgeschäft nicht den in erster Linie behaupteten Inhalt hat oder nicht ohnehin nichtig ist. LÖSUNG A. K gegen B gem. § 433 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe und Übereignung des E-Bikes gem. § 433 I BGB haben. I. Wirksamer Kaufvertrag Dies setzt zunächst einen wirksamen Kaufvertrag voraus. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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