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RA Digital - 04/2017

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184 Zivilrecht

184 Zivilrecht RA 04/2017 Die Abnahme bildet die wesentliche Zäsur zwischen Herstellungsanspruch, d.h. des Erfüllungsstadiums und der Gewährleistungsrechte. Ausnahmefälle, in denen es entgegen § 640 I BGB keiner Abnahme des bestellten Werks bedarf: Übergang in ein Abrechnungsverhältnis Vorliegend sind diese nicht einschlägig, denn der Erfüllungsanspruch des Bestellers erlischt auch nach Verlangen des Kostenvorschusses gem. §§ 634 Nr. 2, 637 I BGB nicht. III.1.c. cc) Aus dem nur für den Nacherfüllungsanspruch geltenden § 635 III BGB folgt, dass zwischen dem auf Herstellung gerichteten Anspruch aus § 631 I BGB und dem Nacherfüllungsanspruch Unterschiede bestehen. § 635 III BGB eröffnet dem Unternehmer bei der geschuldeten Nacherfüllung nach § 634 Nr. 1 BGB weitergehende Rechte als § 275 II und III BGB. Herstellungs- und Nacherfüllungsanspruch können demnach nicht nebeneinander bestehen. III.1.c. dd) Dafür, dass die Abnahme die Zäsur zwischen Erfüllungsstadium und der Phase darstellt, in der anstelle des Herstellungsanspruchs Mängelrechte nach § 634 BGB geltend gemacht werden können, spricht zunächst die Regelung in § 634a II i.V.m. I Nr. 1 und Nr. 2 BGB, wonach die Verjährung von Mängelrechten in den meisten Fällen mit der Abnahme beginnt. [36] Zum anderen stellt die Abnahme auch im Übrigen eine Zäsur dar, da mit ihr die Fälligkeit des Werklohns eintritt (§ 641 I BGB), die Leistungsgefahr auf den Besteller übergeht (§ 644 I 1 BGB) und die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln sich umkehrt, soweit kein Vorbehalt nach § 640 II BGB erklärt wird.“ II. Keine Entbehrlichkeit der Abnahme Zu prüfen bleibt damit, ob die Abnahme vorliegend nicht ausnahmsweise entbehrlich war. „III.2.a) Der Besteller kann in bestimmten Fällen berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen. Das ist zu bejahen, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Macht der Besteller gegenüber dem Unternehmer nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes geltend oder erklärt er die Minderung des Werklohns, so findet nach der bisherigen Rspr. des BGH zum alten Schuldrecht eine Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche statt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes jedenfalls für den Fall fest, dass der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet. Verlangt der Besteller Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281 I BGB, ist der Anspruch auf die Leistung nach § 281 IV BGB ausgeschlossen. Nichts anderes gilt, wenn der Besteller im Wege der Minderung nur noch eine Herabsetzung des Werklohns erreichen will. Auch in diesem Fall geht es ihm nicht mehr um den Anspruch auf die Leistung und damit um die Erfüllung des Vertrags. III. 2.b) Verlangt dagegen der Besteller nach §§ 634 Nr. 2, 637 I, III BGB einen Vorschuss für die zur Beseitigung des Mangels im Wege der Selbstvornahme erforderlichen Aufwen dungen, erlischt der Erfüllungsanspruch des Bestellers nicht. Denn das Recht zur Selbstvornahme und der Anspruch auf Kostenvorschuss lassen den Erfüllungsanspruch (§ 631 BGB) und den Nacherfüllungsanspruch (§ 634 Nr. 1 BGB) unberührt. Der Besteller ist berechtigt, auch nach einem Kostenvorschussverlangen den (Nach-) Erfüllungsanspruch geltend zu machen.“ Jura Intensiv Damit war die Abnahme vorliegend nicht entbehrlich. B. Ergebnis K kann von B keinen Kostenvorschuss i.H.v. 28.917 € zur Mangelbeseitigung gem. §§ 634 Nr. 2, 637 I, III BGB verlangen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2017 Referendarteil: Zivilrecht 185 Speziell für Referendare Problem: Verjährung bei unwirksamer öff. Zustellung Einordnung: ZPO I, BGB AT (Verjährung) BGH, Urteil vom 08.12.2016 III ZR 89/15 EINLEITUNG Öffentliche Zustellungen kommen in der Praxis gelegentlich vor. Seltener sind sie in Examensklausuren anzutreffen. Das untenstehende Urteil ist ein „Juwel“: Eine seltene Entscheidung, welche die öffentliche Zustellung mit Problemen sowohl der Verjährung als auch der Fristwahrung im Versäumnisverfahren kombiniert. TATBESTAND Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch. Auf seine Empfehlung erwarb sie im Jahr 2002 von der S.-GmbH 150 Stammaktien der C.-AG für 21.465 €. Ein Jahr später zeichnete sie 200 Genussscheine an der s.-AG zu einem Preis von 106.000 €. Der Beklagte war Geschäftsführer und Vorstand der genannten Gesellschaften. Im April 2005 erklärte die Klägerin die Kündigung ihrer Beteiligung an der S AG. Daraufhin zeigte Rechtsanwalt Dr. K. die Vertretung des Beklagten an, und bat darum, weitere Korrespondenz mit dieser Kanzlei zu führen. Im März 2006 erklärte der anwaltliche Vertreter der Klägerin die Anfechtung und Kündigung der fraglichen Beteiligungen und forderte die Rückzahlung aller Einlagen. Mit Schreiben vom 17.05.2006 wies Rechtsanwalt Dr. K. diese Forderung mit dem Hinweis zurück: „Sollte Ihre Mandantin ein Klageverfahren in Erwägung ziehen, kann unsere Kanzlei als zustellungsbevollmächtigt angegeben werden.“ Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S AG war im November 2005 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt worden. Jura Intensiv Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe seine Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt. Insbesondere habe er sie arglistig getäuscht, sie betrogen und ihr Geld veruntreut. Außerdem habe er bewusst versucht, seinen Aufenthalt zu verschleiern. Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 21.465 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von 150 Stammaktien der C.-AG sowie 106.000 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von 200 Genussscheinen an der s.-AG. LEITSATZ Die Hemmung der Verjährung kann trotz unwirksamer öffentlicher Zustellung der Klageschrift in Betracht kommen, wenn die Bewirkung der öffentlichen Zustellung aufgrund entsprechender Äußerungen des zuständigen Richters für den Gläubiger unabwendbar war (Fortführung von Senat, Urteil vom 29. Juni 1989, III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 178 und BGH, Urteil vom 19. Dezember 2001, VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 326). Zur Erläuterung: Genussscheine sind Wertpapiere, die sog. „Genussrechte“ zum Gegenstand haben. Genussrechte sind (nicht mitgliedschaftlich begründete) vermögensrechtliche Ansprüche gegen eine Gesellschaft, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen (näher dazu BGH, Urteil vom 05.10.1992, II ZR 172/91, Rn 9 bei juris). Auf den Inhalt dieses Schreibens kommt es im Fall entscheidend an! Streitiges Klägervorbringen im Konjunktiv Präsens Die ursprünglichen Anträge, die Gegenstand des VU geworden sind, werden nicht eingerückt und stehen im Perfekt. Die am 11.08.2006 bei Gericht eingegangene Klageschrift, der das Anwaltsschreiben vom 17.5.2006 in Kopie beigefügt war, hat unter zwei von der Klägerin angegebenen Adressen des Beklagten nicht zugestellt werden können. Der Klägervertreter hat auf Hinweis des Gerichts sodann zwei Mitteilungen des Einwohnermeldeamts vorgelegt und gleichzeitig die öffentliche Zustellung der Klageschrift beantragt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 30.07.2007 die öffentliche Zustellung der Klageschrift bewilligt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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