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RA Digital - 04/2019

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

188 Referendarteil:

188 Referendarteil: Zivilrecht RA 04/2019 Beträge nach § 366 II BGB mit den ältesten Forderungen verrechnet zu haben. Bei verständiger Würdigung dieser Erklärung ist das Betriebskostenguthaben - in absteigendem Alter der Nebenkostenvorauszahlungsschulden - auf die in den ausgewiesenen Bruttomieten enthaltenen Forderungen auf Nebenkostenvorauszahlung (49 € monatlich) anzurechnen. Das Betriebskostenguthaben ist daher zunächst auf den um das Anfangsguthaben von 2,63 € reduzierten Nebenkostenanteil für März 2017 (noch 46,37 €) und anschließend auf die Nebenkostenvorauszahlungen für April, Juni und Juli 2017 (jeweils 49 €) anzurechnen. Damit verbleibt ein Restguthaben von 202,56 €, das unter Anwendung der Reihenfolge nach § 366 II BGB mit der Nettomiete für März 2017 zu verrechnen ist. Der BGH hat den Rechtsstreit im Ausgangsfall an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da hier die Begründetheit noch nicht hinreichend geklärt war. Die Klage ist auch begründet. Sie ist insbesondere aufgrund des oben dargestellten Vortrags schlüssig. Eine weitere Substantiierung war von der Klägerin nicht zu verlangen, da der Beklagte sich trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts primär auf die nicht vorliegende Unzulässigkeit der Klage berufen hat. Eine Minderung gem. § 536 BGB trat nicht ein, weil der Beklagte von der Klägerin bestrittene Mängel nur pauschal und ohne Beweisantritt behauptet hat. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. FAZIT Saldoklagen verstoßen nicht per se gegen § 253 II ZPO, wenn die Einzelforderungen in einer Aufstellung nach Betrag und, soweit nötig, nach Monat ausgewiesen werden. Beim Fehlen einer näheren Aufschlüsselung des Klagebegehrens ist eine Auslegung des Klageantrags geboten. Dabei kommt ein Rückgriff auf die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 II BGB in Betracht. Diese Rechtsnorm ist von Amts wegen zu beachten und kommt gegebenenfalls, z.B. bei anzurechnenden Gutschriften in entsprechender Anwendung, in Betracht. Die Anforderungen an die Darlegung des Klagegegenstandes dürfen nicht überspannt werden. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2019 Referendarteil: Zivilrecht 189 Problem: Säumnis und Prozessverschleppungsabsicht Einordnung: ZPO I BGH, Urteil vom 24.01.2019 VII ZR 123/18 EINLEITUNG Terminsverlegungsanträge sind alltäglich und bieten allenfalls Anlass für Schwierigkeiten bei der Abstimmung eines neuen Termins. Wenn sich unter Berücksichtigung des bisherigen Prozessverlaufs aufdrängt, dass ein solcher Antrag zur Verschleppung oder Torpedierung eines Verfahrens genutzt wird, lehnt das Gericht einen solchen Antrag ab. Dies kann einerseits zur Folge haben, dass die betroffene Partei den jeweiligen Richter als befangen ablehnt oder andererseits zu einem Versäumnisurteil führen. Im vorliegenden Fall war es zu einem zweiten VU gekommen. Hiergegen ist gem. § 345 ZPO kein Einspruch statthaft. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer in der Berufung gem. § 514 II ZPO das Gericht überzeugen, dass kein Fall einer schuldhaften Säumnis vorgelegen hat. GRÜNDE I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld nach dem Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen in Anspruch. Durch Versäumnisurteil vom 06.02.2018 hat das LG auf Antrag der Klägerin die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 251.854,65 € nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 26.02.2018 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und wegen Urlaubsabwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten, des Beklagten zu 1, die Verlängerung der Einspruchsbegründungsfrist bis zum 19.03.2018 beantragt. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28.02.2018 hat das Landgericht Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die Hauptsache auf den 27.03.2018, 9:00 Uhr, bestimmt und den Fristverlängerungsantrag zurückgewiesen. Die Ladung ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 01.03.2018 zugestellt worden. Jura Intensiv Mit Schriftsatz vom 26.03.2018, per Fax bei Gericht eingegangen am selben Tag um 14:36 Uhr, haben die Beklagten den zur Entscheidung berufenen Richter des LG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und höchstvorsorglich für den Fall der Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs die Verlegung des Termins vom 27.03.2018 wegen einer von ihrem Prozessbevollmächtigten bereits am 15.11.2017 gebuchten und am 24.03.2018 angetretenen, ausweislich der vorgelegten Buchungsbestätigung bis zum 08.04.2018 andauernden Auslandsreise beantragt. Der abgelehnte Richter hat das Befangenheitsgesuch mit Beschluss vom 27.03.2018 verworfen und mit Verfügung vom selben Tag den Terminsverlegungsantrag zurückgewiesen. LEITSATZ Zur Notwendigkeit, bei der Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags wegen Prozessverschleppungsabsicht der Partei die nach Auffassung des Gerichts hierfür sprechenden Gründe in der Entscheidung hinreichend zu dokumentieren Berufungsurteile gliedern sich nicht in „Tatbestand“ und „Entscheidungsgründe“, sondern in „Gründe“, I und II. Die Vorgänge zum 1. VU und dem weiteren Prozessverlauf sind Prozessgeschichte und stehen daher im Perfekt Indikativ. Beachten Sie hier die Zeitabläufe! Der Ablehnungsantrag erfolgt u.a. mehr als drei Wochen nach Zugang der anlassgebenden Entscheidung. Weitere Besonderheit: Der abgelehnte Richter weist das Befangenheitsgesuch selbst zurück. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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