Aufrufe
vor 7 Jahren

RA Digital - 05/2016

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Inhaltsverzeichnis
  • Anspruch
  • Stgb
  • Grundschuld
  • Strafrecht
  • Auflage
  • Antragstellerin
  • Beklagten
Die monatliche Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv

246 Referendarteil:

246 Referendarteil: Zivilrecht RA 05/2016 Da das Verfahren nicht kontradiktorisch ist und zudem eine Rechtsmittelentscheidung zu fertigen ist, müssen die Anträge nicht wörtlich zitiert und eingerückt werden. „Meint“ kennzeichnet eine Rechtsauffassung. Solche dürfen in den TB aufgenommen werden, wenn sie der wesentliche Streitpunkt sind. Gegen Entscheidungen des Grundbuchamts – hier als Vollstreckungsorgan bei der Zwangsvollstreckung in unbewegliche Sachen – findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt, § 71 I GBO. Zuständiges Gericht ist das OLG, § 72 GBO. Der Titel muss die Beteiligte als Gläubigerin und den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer als Schuldner ausweisen. Unerheblichkeit des materiell-rechtlichen Bestehens der titulierten Forderung BGH, Urteil vom 07.12.2005, XII ZR 94/03. Die Entscheidung betraf ebenfalls einen Fall, in dem der Titel mangels Bestimmbarkeit nicht vollstreckbar war. Mit Schriftsatz vom 04.12.2015 hat die Beteiligte beantragt, wegen der Ratenzahlungsansprüche für die Monate März 2014 bis Juli 2014 zu je 300,- € eine Zwangssicherungshypothek im Betrag von 1.500,- € einzutragen. Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 16.12.2015 zurückgewiesen. Die Beteiligte hat hiergegen Beschwerde eingelegt. Sie meint, für den bezeichneten Zeitraum bestehe der Zahlungsanspruch, weil die Räumungsvoraussetzungen erst mit dem verspäteten Stellen der Bankbürgschaft im September 2013 geschaffen worden seien und die Räumung sodann innerhalb der gewährten viermonatigen Räumungsfrist, gerechnet ab dem Datum der Titelberichtigung, erfolgt sei. Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. II. Das Rechtsmittel der Beteiligten ist als unbeschränkte Beschwerde nach § 71 I GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Es ist jedoch unbegründet, denn die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der begehrten Sicherungshypothek sind nicht erfüllt. Da dem vorgelegten Titel eine Vollstreckungsforderung im geltend gemachten Umfang nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit entnommen werden kann, ist dieser insoweit nicht vollstreckungsfähig. Die Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867 ZPO) setzt in vollstreckungsrechtlicher Hinsicht einen Titel voraus, aus dem eine fällige (§ 751 ZPO) Vollstreckungsforderung der Beteiligten als Gläubigerin gegen den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer als Schuldner hervorgeht, §§ 704, 750 ZPO. Der Prozessvergleich ist ein Titel nach § 794 I Nr. 1 ZPO. Ob die Beteiligte nach dem Vergleich einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Raten hat, ist im Vollstreckungsverfahren unerheblich. Jura Intensiv „[11] Die Wirkungen des Prozessvergleichs richten sich entsprechend dessen rechtlicher Doppelnatur als sowohl prozessualer Vertrag als auch materiell-rechtliche Vereinbarung zum einen nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts, zum anderen nach den Regeln des materiellen Rechts. Deshalb können Inhalt und Umfang der materiell-rechtlichen Vereinbarung (§ 779 BGB) einerseits und des prozessualen Vertrags als Vollstreckungstitel andererseits auseinanderfallen. Materiell-rechtlich sind die Parteien aus dem Prozessvergleich nach Maßgabe ihres übereinstimmenden Willens verpflichtet, selbst wenn dieser im Vergleichstext unzulänglich oder missverständlich niedergelegt ist. Die Vollstreckungsfähigkeit des Titels allerdings kann dahinter zurückbleiben. Da der Schuldner staatlichen Zwang nur nach Maßgabe des Titels zu dulden hat, ist ein Prozessvergleich wie jeder andere Vollstreckungstitel nur insoweit vollstreckungsfähig, als darin der Anspruch des Gläubigers bestimmt bezeichnet ist oder sich jedenfalls unter Heranziehung von für die Vollstreckungsorgane allgemein zugänglichen Quellen eindeutig bestimmen lässt.“ Inhaltsverzeichnis

RA 05/2016 Referendarteil: Zivilrecht 247 Der vorgelegte Titel bildet keine taugliche Grundlage für die begehrte Eintragung, denn ihm kann der behauptete Vollstreckungsanspruch nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit entnommen werden. Auch wenn das das Vollstreckungsorgan - im Verfahren auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek das Grundbuchamt - einen Titel auszulegen hat, dessen Fassung zu Zweifeln über Inhalt oder Umfang der Vollstreckungsforderung Anlass gibt, sind hieraus nicht zu klärende Unbestimmtheiten nicht im Vollstreckungsverfahren, sondern in einem gesonderten Erkenntnisverfahren aufzuklären. Zöller-Stöber, ZPO, § 867, Rn 1 Zur Bestimmtheit und Auslegung Zöller-Stöber, ZPO, § 704 Rn 5 BGH, Urteil vom 29.09.1961, IV ZR 59/61 Hier bestehen nach dem Inhalt von Ziffer 1 des Vergleichs nicht behebbare Zweifel hinsichtlich einer titulierten Ratenzahlungspflicht für die Monate März bis Juli 2014. Ein auf diese Monate entfallender Betrag (1.500,- €) ist zwar rechnerisch in dem Gesamtbetrag von 23.500,- € enthalten und daher grundsätzlich Teil der bezifferten Vollstreckungsforderung. Allerdings bestimmt Satz 6, dass sich der Ratenzahlungsanspruch im Fall eines „verspäteten“ Auszugs anteilig, mithin um den der Dauer der Verspätung entsprechenden Betrag der Raten, mindert. Dem Wortlaut nach bewirkt ein „verspäteter“ Auszug nicht lediglich ein Hinausschieben der Fälligkeit der geschuldeten Raten bei unveränderter Höhe der Gesamtforderung, sondern vergleichbar einer auflösenden Bedingung (§ 158 II BGB) einen automatischen anteiligen Fortfall der in Satz 1 der Vereinbarung bezifferten Vollstreckungsforderung. Vollstreckungstauglich bleibt ein Titel zwar auch dann in voller Höhe, wenn aus dem übrigen Inhalt des Titels hervorgeht, dass sich der materiellrechtlich geschuldete Betrag in Abhängigkeit von näher genannten Bezugsgrößen ändern soll. So kann aus der zu notarieller Urkunde wegen eines bezifferten Kaufpreises erklärten Vollstreckungsunterwerfung (§ 794 I Nr. 5 ZPO) die Vollstreckung in besagter Höhe auch dann betrieben werden, wenn sich aus den übrigen urkundlichen Vereinbarungen ergibt, dass sich der endgültig geschuldete Kaufpreis in Abhängigkeit von diversen Variablen errechnet. Ein Zurückbleiben der materiell-rechtlichen Leistungsverpflichtung hinter der bezifferten Vollstreckungsforderung ist in diesen Fällen mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Jura Intensiv Diese Unterscheidung ist ein Klassiker: Handelt es sich um eine Fälligkeitsvoraussetzung oder um eine auflösende Bedingung? Ein Titel kann auch dann vollstreckbar sein, wenn die titulierte materiellrechtliche Forderung sich nicht allein aus dem Titel ergibt, sondern auch aus davon abweichenden Umständen. BGH, Urteil vom 06.03.1996, VIII ZR 212/94 Diskrepanz ist mit Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen „[18] Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Das Zusammenspiel von Satz 1 (mit Satz 2) und Satz 6 kann vielmehr auch dahingehend interpretiert werden, dass die Höhe der in einem ersten Schritt mit der vorgenommenen Bezifferung nur unvollständig bezeichneten Vollstreckungsforderung bei Eintritt der in Satz 6 genannten Bedingung in einem zweiten Rechenschritt zu reduzieren ist. Als Vollstreckungsforderung stellt sich danach nur der - ab Räumung in monatlichen Raten fällig werdende - durch den Überschreitungszeitraum nicht aufgezehrte Restbetrag aus Satz 1 dar. Denn in einer Gesamtschau der in Ziffer 1 getroffenen Regelungen erschließt sich als nächstliegender Sinn der Vereinbarung, dass die Parteien den als Raten geschuldeten Zahlungen eine Ausgleichsfunktion für die aufgegebene Raumnutzung und der variablen Ausgestaltung der Ratenzahlungsforderung eine Anreizfunktion hinsichtlich der Räumung beigemessen haben.“ Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats