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RA Digital - 05/2017

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RA 05/2017 Zivilrecht 237 nicht das Bedürfnis, die Ansprüche an den wirtschaftlich Berechtigten abzutreten. Daher braucht in derartigen Fällen den Käuferinteressen an der Abtretbarkeit kein Vorrang eingeräumt zu werden. Die in der forensischen Praxis nicht selten die Zession motivierende Absicht, dem Käufer hierdurch in einem Rechtsstreit die (formale) Position eines Zeugen zu verschaffen, vermag ein berechtigtes Käuferinteresse an der Abtretung ebenfalls nicht zu begründen. Wenn überhaupt, hat eher der AGB-Verwender ein legitimes Interesse daran, solche prozesstaktischen Maßnahmen zu unterbinden. II.1. Danach ist jedenfalls das hier vereinbarte abgeschwächte Abtretungsverbot mit Zustimmungsvorbehalt nicht zu beanstanden. Denn in diesem Fall hat der Vertragspartner des Verwenders einen Anspruch auf die Zustimmung, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Verbot nicht mehr besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit der Forderung nunmehr überwiegen. Hierdurch kann Fällen angemessen Rechnung getragen werden, in denen ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse des Käufers an der Abtretung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen besteht, etwa wenn das Fahrzeug erkennbar für ein Familienmitglied angeschafft wurde oder eine konkrete Weiterveräußerungsabsicht besteht.“ Die entgegen dem Abtretungsverbot mit Zustimmungsvorbehalt vorgenommene Zession ist damit nach § 399 BGB unwirksam. Ein berechtigtes Einzelfallinteresse des E, welches einen Anspruch auf Zustimmung des B rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. B. Ergebnis K steht damit gegen B kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 5.000 € gem. §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB i.V.m. § 398 BGB zu. FAZIT Abtretungsverbote, die einen Zustimmungsvorbehalt vorsehen, sind gem. § 307 I 1 BGB wirksam, wenn nach einer Interessenabwägung feststeht, dass die schützenswerten Interessen des Verwenders an der Vereinbarung eines solchen Zustimmungsvorbehalts die Interessen des Kunden an der freien Abtretbarkeit überwiegen. Jura Intensiv Der vorliegende Abtretungsausschluss ist wirksam i.S.d. § 307 I 1 BGB © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

238 Zivilrecht RA 05/2017 Problem: Hersteller eines Kraftfahrzeugs ist Dritter i.S.d. § 123 II BGB Einordnung: Allgemeiner Teil LG Hechingen, Urteil vom 10.03.2017 1 O 165/16 LEITSÄTZE Der Hersteller eines Kraftfahrzeugs ist im Verhältnis zu einem mit ihm vertraglich verbundenen Vertragshändler Dritter i.S.d. § 123 II BGB. Lies zum Thema VW-Abgasskandal erneut LG Hildesheim, RA 2017, 169 sowie LG Heidelberg, RA 2016, 568. EINLEITUNG Das vorliegende, noch nicht rechtskräftige Urteil des LG Hechingen befasst sich mit einer weiteren Rechtsfrage im VW-Abgasskandal. Das Gericht musste entscheiden, ob die Volkswagen AG Dritter i.S.d. § 123 II 1 BGB und eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung damit nur unter engen Voraussetzungen möglich ist. SACHVERHALT Die Beklagte (B) betreibt ein Autohaus und ist Vertragshändlerin der Volkswagen AG (V). Am 23.04.2009 schließt B mit der Klägerin (K) einen Kaufvertrag über einen Neuwagen der V ab. Der Pkw wird K am 14.08.2009 übergeben. Ab September 2011 treten immer wieder Probleme an ihm auf. So leuchtet wiederholt die Kontrollleuchte „Motorblock“ auf, weswegen Werkstattaufenthalte notwendig werden. K versucht daraufhin erfolglos, bei V Erstattung der Reparaturkosten zu erlangen. Mitte September 2015 ist der medialen Berichterstattung zu entnehmen, dass V Dieselmotoren in den Verkehr gebracht hat, die mit einer „manipulativen“ Software versehen sind. Diese ist so konzipiert, dass sie, wenn die Schadstoffemissionen auf dem Prüfstand gemessen werden, diese Situation erkennt und die vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte nur während des Prüfstandlaufs durch entsprechende zeitlich begrenzte Eingriffe in die Motorsteuerung einhält. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug dagegen anderweitig betrieben, wobei die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten werden. Gleichwohl verfügen die betroffenen Fahrzeuge, ungeachtet der verbauten Software, über eine Euro-5-Zertifizierung. Nach entsprechender Anfrage bei V bringt K in Erfahrung, dass auch in ihrem Pkw ein solcher Dieselmotor des Typs EA189 EU5 verbaut ist. Daraufhin ficht sie mit Anwaltsschreiben vom 19.07.2016 ihre auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung gegenüber B wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 I BGB an. Zwar habe nicht B selbst die Täuschung verübt, sie müsse sich jedoch als Vertragshändlerin der V deren Verhalten zurechnen lassen. V sei im Verhältnis zu B nicht „Dritter“ i.S.d. § 123 II 1 BGB. Hierfür sprächen Billigkeitsgesichtspunkte sowie Treu und Glauben, da B als Vertragshändlerin mit den Produkten der V handle, deren Produkte bewerbe und sich werblich zu dieser bekenne, da sie deren Logo für ihre Außenpräsentation verwende und sich damit das Ansehen, welches V besitzt, in merkantiler Zielsetzung zu eigen mache. Auch habe B aufgrund des Vertragshändlerverhältnisses mit der V deren Vorgaben bzgl. der Verwendung von Werbematerial minutiös einzuhalten, womit die Beziehung zwischen B und V nicht nur eng sei, sondern auch nach außen so erscheine. K verlangt von B die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises i.H.v. 30.000 €, die sie damals auf das Firmenkonto überwiesen hatte. Zu Recht? Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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