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RA Digital - 05/2017

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RA 05/2017 Referendarteil: Zivilrecht 247 zugunsten der Erbengemeinschaft nach Gerhard W., bestehend aus dem Schuldner, Dieter W. und dem Gläubiger, zu erbringen ist. Gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hat der Schuldner Erinnerung eingelegt. Er hat diese damit begründet, dass der Gläubiger zu Unrecht im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Gläubiger aufgeführt werde. Gläubigerin des zugrunde liegenden Anspruchs sei vielmehr die Erbengemeinschaft. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat die Erinnerung des Schuldners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der Schuldner mit einer sofortigen Beschwerde. II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 793 ZPO statthaft, denn der Schuldner wendet sich gegen eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, die gem. §§ 128 IV, 766 I, 764 III ZPO mit fakultativer mündlicher Verhandlung ergehen konnte. Der Schuldner griff ursprünglich den Erlass des Pfändungsund Überweisungsbeschlusses vom 06.10.2015 an. Das Amtsgericht hat sein beim Vollstreckungsgericht eingelegtes Rechtsmittel deshalb zutreffend als Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO behandelt. Die zurückweisende Entscheidung über die Erinnerung konnte gem. §§ 766 I, 764 III ZPO durch Beschluss ergehen, der gem. § 128 IV ZPO keine mündliche Verhandlung erfordert. Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet. Denn die angefochtene Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über die Erinnerung ist nicht rechtswidrig. Es kann dabei dahinstehen, ob dem Gläubiger nach § 132 II ZVG zu Recht eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses über eine der Erbengemeinschaft nach Gerhard W. gegen den Schuldner zustehende Forderung über 152.306,60 € erteilt worden ist und ob eine korrekte Gläubigerbezeichnung, wie der Gläubiger meint, deswegen vorliegt, weil im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eine Hinterlegungsanordnung zugunsten der Erbengemeinschaft enthalten ist. Die hiergegen gerichteten Einwände des Schuldners sind nämlich im Verfahren über die Erinnerung nach § 766 ZPO nicht zu berücksichtigen. Jura Intensiv „II.2.b) aa) Es ist nicht Sache des mit der Vollstreckung des Titels befassten Vollstreckungsorgans, die Wirksamkeit der Klausel am Inhalt des Titels zu messen. Über dahingehende Einwendungen des Schuldners gegen die Klausel entscheidet gemäß § 732 ZPO vielmehr dasjenige Gericht, dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt hat. Sie sind der Nachprüfung durch das Vollstreckungsorgan entzogen und können deshalb auch nicht im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO vor dem Vollstreckungsgericht und dem ihm übergeordneten Beschwerdegericht geltend gemacht werden. So liegt der Fall hier. Da hier die Beschwerdeentscheidung des LG zu fertigen ist, sind auch die Einlegung der Erinnerung und die Entscheidung hierüber Teil der Prozessgeschichte. Die Darstellung muss im Indikativ Perfekt erfolgen. Fassen Sie sich bei unproblematischer Zulässigkeit kurz. Kurze Ausführungen zur Statthaftigkeit des konkreten Rechtsbehelfs werden in Klausuren zum Zwangsvoll-streckungsrecht erwartet. Weil der Vortrag neuer Tatsachen gem. § 571 II ZPO auch während des Beschwerdeverfahrens erlaubt ist, kommt es darauf an, ob die angefochtene Entscheidung gegenwärtig rechtswidrig ist. Materiellrechtliche Einwände des Schuldners gegen den Inhalt der Klausel, sind im Erinnerungsverfahren gem. § 766 ZPO nicht zu berücksichtigen. Richtiger Rechtsbehelf bei Einwendungen gegen die Klauselerteilung ist die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO. BGH, Beschluss vom 12.01.2012, VII ZB 71/09 II.2.b) bb) Die Einwendungen des Schuldners, der im Vollstreckungstitel benannte Gläubiger der titulierten Forderung stimme nicht mit dem im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss genannten Gläubiger überein, eine Vollstreckungsstandschaft existiere nicht, der Gläubiger könne nicht durch bloße Antragstellung im Vollstreckungsverfahren zum Gläubiger der titulierten Forderung werden, betreffen der Sache nach nicht die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, sondern die Zulässigkeit © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

248 Referendarteil: Zivilrecht RA 05/2017 der dem Gläubiger erteilten Vollstreckungsklausel. Der Schuldner ist der Auffassung, dass dem Gläubiger als Miterben nach dem verstorbenen Gerhard W. keine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses vom 24.5.2012 zur Vollstreckung gegen den Schuldner hätte erteilt werden dürfen und der auf dieser Grundlage ergangene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss daher fehlerhaft sei.“ Das Vollstreckungsgericht prüft nicht die materielle Richtigkeit der Klausel – richtiges Rechtsmittel bei Einwänden hiergegen ist die Klauselerinnerung -, sondern lediglich, ob diese einem Gläubiger erteilt worden ist.Insofern konnte hier kurz ausgeführt werden, warum auch nur einer von mehreren Miterben als Gläubiger angesehen werden kann, auch wenn formal gesehen nur die Erbengemeinschaft als solche Gläubigerin ist. Dolo-agit-Einwand gegen die Zwangsvollstreckung ist ein materiellrechtlicher Einwand. Bei Beschlüssen benötigt man keine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit. Das Vollstreckungsgericht hat bei Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses lediglich zu prüfen, ob zugunsten des Gläubigers eine Vollstreckungsklausel erteilt worden ist. Dies ist hier der Fall. Der Gläubiger kann, auch wenn er nur eines von mehreren Mitgliedern der Erbengemeinschaft ist, auch als Einzelperson als Gläubiger angesehen werden. Die Geltendmachung von Nachlassansprüchen durch einen Miterben allein - auf Leistung an alle - ist nach § 2039 BGB zulässig. Die Vorschrift des § 2039 BGB ist dahin zu verstehen, dass sie einen Miterben auch für die Zwangsvollstreckung ermächtigt, eine der Erbengemeinschaft zustehende Forderung alleine beizutreiben, entweder mit der Anordnung der Leistung an alle oder der Hinterlegung. Kann ein einzelner Miterbe nach § 2039 BGB hiernach seinen Anspruch gerichtlich und außergerichtlich allein geltend machen, so darf er, wenn in einem zugrunde liegenden Erkenntnisverfahren auch bei gemeinschaftlicher Klage keine notwendige Streitgenossenschaft gegeben wäre, für das folgende Vollstreckungsverfahren ebenso wenig auf ein gemeinsames Vorgehen mit den übrigen Gläubigern oder auf eine Abstimmung unter ihnen verwiesen werden. Die notwendige Unabhängigkeit voneinander in der Zwangsvollstreckung ist aber nur gewährleistet, wenn jeder Miterbe für sich eine vollstreckbare Ausfertigung in Händen hält. Ohne Erfolg macht der Schuldner außerdem geltend, der vom Gläubiger betriebenen Zwangsvollstreckung fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Gläubiger wegen eines Betrags vollstrecke, der sogleich zurückzuzahlen sei. Dieser Einwand betrifft den zu vollstreckenden materiell- rechtlichen Anspruch und kann daher nicht im Verfahren über die Erinnerung nach § 766 ZPO, sondern nur mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden. Jura Intensiv Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. FAZIT Wer sich gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel wenden will, darf sich nicht mit der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 I ZPO wehren. Das Vollstreckungsorgan prüft nur, ob eine Klausel erteilt wurde und nicht ihren Inhalt. Hier wäre § 732 ZPO der richtige Rechtsbehelf gewesen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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