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RA Digital - 05/2018

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248 Referendarteil:

248 Referendarteil: Zivilrecht RA 05/2018 Annahme der Klägerin Der Eingang der Annahmeerklärung bei Gericht stellte den Zugang gem. § 130 BGB dar. BGH, Urteil vom 07.06.1995, VIII ZR 125/94; Palandt/Ellenberger, BGB, § 130 Rn 19 Durch seine Äußerung zu den Modalitäten der Annahme hat der Beklagtenvertreter die Bedingungen des Zugangs der Willenserklärung modifiziert. Keine Unwirksamkeit aufgrund fehlender Beurkundung Kurze Ausführungen zur Widerklage genügen hier, da diese unproblematisch unbegründet ist. Dasselbe (kurz fassen!) gilt für die Nebenentscheidungen Die Klägerin hat das Vergleichsangebot angenommen. Die Erklärung erfolgte zulässigerweise gegenüber dem Gericht. Sie wurde wirksam durch Zugang gem. § 130 I BGB, weil sie bei Gericht eingegangen ist. Erklärt eine Partei im Rahmen gerichtlicher Vergleichsbemühungen ein von der anderen Partei binnen einer bestimmten Frist anzunehmendes Angebot, wobei dieses Angebot nach den Vorstellungen der Parteien durch einen Schriftsatz an das Gericht anzunehmen ist, dann genügt der Zugang bei Gericht im Sinne des § 130 BGB für das Wirksamwerden der Annahme zum Abschluss eines materiell-rechtlichen Vergleichs. Diese Abweichung von der Grundregel des § 130 I 1 BGB durch den Beklagtenvertreter ist unschädlich, denn § 130 I BGB ist dispositiv. Der Beklagtenvertreter hat implizit die Bedingungen des ordnungsgemäßen Zugangs modifiziert, indem er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er diesen Vergleich für seine Mandantin schon jetzt annehme und dass er damit einverstanden sei, dass sich die Klägerin bis zum 15.09.2017 gegenüber dem Gericht zu diesem Angebot äußere. Dem steht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aufgrund der fehlenden Protokollierung des Prozessvergleichs § 154 II BGB entgegen. Zwar ist für Prozessvergleiche im Sinne des § 278 VI ZPO jedenfalls nach überwiegender Auffassung anerkannt, dass keine Bindungswirkung der Parteien vor Protokollierung eintritt, so dass im Ergebnis ein Vergleich, der mangels Beurkundung im Protokoll nicht als Prozessvergleich zustande kommt, auch als materiell-rechtlicher Vergleich der Auslegungsregel des § 154 II BGB unterfällt. Der Zweifelssatz des § 154 II BGB findet aber keine Anwendung, soweit eine Partei bereits vor der Beurkundung ausdrücklich ihre Erklärung unter Bestimmung einer Frist der Bindung hieran abgibt. Die Widerklage der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Eine Verurteilung zum Abschluss eines neuen Darlehensvertrages scheidet aus, da der Vergleich zwischen den Parteien wirksam ist. Mit dem konstitutiv wirkenden materiell-rechtlichen Vergleich haben die Parteien ihr Rechtsverhältnis modifiziert und abschließend geregelt, so dass auch kein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Annahme des Angebots auf Abschluss eines Darlehensvertrages Zug-um-Zug gegen Stellung einer Bürgschaft mehr in Betracht kommt. Jura Intensiv Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 S. 1, 2 ZPO. FAZIT Weil der Beklagtenvertreter den Vergleich angenommen hatte, ist dieser materiell-rechtlich wirksam und die Klage deshalb begründet. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2018 Referendarteil: Zivilrecht 249 Problem: Rückforderung einer Mietbürgschaft Einordnung: Bürgschaft, BereicherungsR, Verjährung OLG Oldenburg, Urteil vom 09.03.2018 11 U 104/17 EINLEITUNG Das Bürgschaftsrecht ist sehr praxisrelevant. Die Bürgschaft gilt nicht zu Unrecht als das Kreditsicherungsrecht der „kleinen Leute“. Darüber hinaus findet sie in zahlreichen Rechtsgebieten Anwendung, im Mietrecht wie auch im Handelsrecht. Eine für den Bürgen sehr gefährliche Variante ist die „Bürgschaft auf erstes Anfordern“. Der vorliegende Fall beschreibt ein typisches Problem aus dem Mietrecht. Möchte der Mieter dem Vermieter zu Beginn des Mietverhältnisses keine Barkaution übergeben, stellt er häufig eine Mietbürgschaft einer Bank oder Sparkasse. Damit diese ähnlich wirkt wie eine Barkaution, der Vermieter sich also befriedigen kann, ohne gegenüber dem Mieter oder Gläubiger die Berechtigung der Ansprüche nachweisen zu müssen, wird es sich manchmal um eine sog. „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ handeln. Welche Probleme diese Variante bei einem Streit über die Berechtigung der Hauptforderung aufwerfen kann, zeigt die nachstehende Entscheidung des Hanseatischen OLG Oldenburg anschaulich. TATBESTAND Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte die im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommene Mietsicherheit zurückzahlen muss. Die Klägerin war Mieterin der von der Beklagten vermieteten Räumlichkeiten. Das Mietverhältnis endete am 31.05.2016. Das Objekt wurde vereinbarungsgemäß im Juni 2016 zurückgegeben, wobei am 27.06.2016 ein Übergabeprotokoll erstellt wurde. Jura Intensiv Die Klägerin hatte gem. § 5 des Mietvertrages eine Mietsicherheit in Höhe der streitgegenständlichen Forderung von 8.526 € zu leisten. Sie hat die im Mietvertrag eingeräumten Möglichkeit in Anspruch genommen, diese Mietsicherheit durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen, die folgende Eigenschaften aufweist: Betragshöhe 8.526 €, ohne Hinterlegungsklausel, Zahlung auf erste Anforderung, unter Verzicht auf die Einreden gem. § 768 BGB, der Anfechtung und der Aufrechnung gem. § 770 BGB und der Vorausklage gem. § 771 BGB. Die Klägerin legte der Beklagten eine dementsprechende Mietbürgschaft der Sparkasse vom 26.09.2016 vor. LEITSÄTZE Kein Ausschluss der Verjährungseinrede gem. § 214 BGB im Rückforderungsprozess des Hauptschuldners nach Inanspruchnahme eines Bürgen aufgrund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern. Einleitungssätze sind hilfreich, werden aber nicht überall gerne gesehen. Fragen Sie hierzu Ihren Ausbilder! Nach Beendigung des Mietverhältnisses war zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin den Verpflichtungen aus dem Mietvertrag auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und Instandhaltung des Mietobjektes nachgekommen ist. Die Beklagte setzte der Klägerin mit Schreiben vom 27.12.2016 eine letzte Aufforderung zur Beseitigung der von ihr behaupteten Mängel an dem Mietobjekt mit einer letzten Nachfrist zum 06.01.2017. Die Klägerin wies diese Ansprüche als insgesamt unbegründet mit außergerichtlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.01.2017 zurück. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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