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RA Digital - 05/2018

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252 Referendarteil:

252 Referendarteil: Zivilrecht RA 05/2018 OLG Hamm, Urteil vom 21.04.1994, 21 U 215/93; Palandt/Ellenberger, BGB, § 214 Rn 3 § 215 BGB ist ein Ausnahmetatbestand. Er weicht von der Grundregel ab, dass eine verjährte Forderung nicht mehr geltend gemacht werden kann. Im Falle einer Aufrechnung ist dies unter bestimmten Voraussetzungen aber möglich. Hier fehlt es aber bereits an der Aufrechnungslage, die – wie sich hier zeigt – immer genau geprüft werden muss! Vgl. BGH, Urteil vom 28.01.1998, XII ZR 63/96 Hieraus folgt, dass sich ein Gläubiger, der sich aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern befriedigt, nicht auf § 214 II BGB berufen kann. Auch § 215 BGB verhilft der Beklagten nicht zum Erfolg. Nach § 215 BGB schließt die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Die Voraussetzungen des § 215 BGB liegen aber wegen der fehlenden Gleichartigkeit des Herausgabeanspruchs der Bürgschaftsurkunde und des Zahlungsanspruches der Beklagten im Sinne von § 387 BGB nicht vor. Die Bürgschaftsurkunde kann auch nicht zugunsten der Beklagten zu dem Zwecke der Schaffung einer Aufrechnungslage zu einem unverjährten Zeitpunkt als Barkaution verstanden werden. Unabhängig hiervon sind die §§ 215, 216 BGB ebenso wie § 214 BGB grundsätzlich auf Mietbürgschaften auf erstes Anfordern nicht anwendbar. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 I 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1, 2 ZPO. FAZIT Vereinbaren die Parteien eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, führt dies zu einem Einwendungsausschluss des Bürgen gegenüber dem Gläubiger, infolgedessen zahlreiche Normen nicht gelten. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sich der Bürge im Rahmen des Rückforderungsprozesses auf Einwendungen gegen die Hauptforderung nicht mehr berufen darf, wenn er einen Anspruch aus dem Treuhandvertrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Gläubiger geltend macht. Andernfalls liefe die Bürgschaft auf erstes Anfordern auf einen Einwendungsverzicht des Bürgen auch im Hinblick auf den Rückforderungsprozess hinaus. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2018 NEBENGEBIETE Nebengebiete 253 Arbeitsrecht Problem: Kündigungsschutz: Krankheit als Behinderung Einordnung: Personenbedingte Kündigung, § 1 KSchG EuGH, Urteil vom 18.01.2018 C-270/16 EINLEITUNG In der vorliegenden Entscheidung hatte der EuGH die Frage zu klären, ob eine nationale Regelung, die es dem Arbeitgeber erlaubt, einen Arbeitnehmer zu entlassen, weil dieser aufgrund seiner Behinderung vermehrt krankheitsbedingt fehlte, mit dem in der RL 2000/78/EG verankerten Grundsatz der Verwirklichung der Gleichbehandlung vereinbar ist. Der EuGH sieht eine Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht nur unter engen Voraussetzungen als gegeben an. Die hier besprochene EuGH-Entscheidung ist vor dem Hintergrund des spanischen Arbeitsrechts ergangen. Deshalb verzichten wir weitgehend auf die Zitierung von Original-Passagen, sondern übertragen die Entscheidung gleich auf das KSchG und stellen die Relevanz des Urteils für das KSchG dar. SACHVERHALT Auf die Darstellung des sehr langen Sachverhalts wird verzichtet, da er zum Verständnis nicht notwendig ist. LÖSUNG UND ÜBERTRAGUNG AUF DAS KSchG: Die Entscheidung hat natürlich auch Bedeutung für das deutsche Kündigungsschutzrecht. Nach deutschem Recht wäre die Kündigung – weil es sich um keinen Kleinbetrieb mit 10 oder weniger Arbeitnehmern handelt – daran messen, ob sie nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist. Insoweit würde es sich um eine personen-, weil krankheitsbedingte Kündigung handeln. Jura Intensiv Deren Zulässigkeit misst das BAG daran, ob objektive Tatsachen vorliegen, welche die Besorgnis weiterer krankheitsbedingter Ausfallzeiten rechtfertigen (1. Stufe, sog. negative Prognose). Auf der 2. Stufe ist zu prüfen, ob für den Arbeitgeber damit erhebliche betriebliche oder wirtschaftliche Beeinträchtigungen verbunden sind. Abschließend ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Auf dieser 3. Stufe ist zu fragen, ob nicht mildere Alternativen zur Kündigung bestehen und überdies bedarf es einer Verhältnismäßigkeitsprüfung i.e.S., innerhalb derer die kollidierenden Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeneinander abzuwägen sind. Bislang wurde die Frage wenig diskutiert, inwieweit sich die genannten Beurteilungsmaßstäbe verschieben, wenn die fraglichen Fehlzeiten die Folge von Krankheiten sind, die als Behinderung i.S.d. Diskriminierungsrechts zu qualifizieren sind. LEITSÄTZE Art. 2 II b Nr. i der RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf steht einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aufgrund gerechtfertigter, aber wiederkehrender Abwesenheiten vom Arbeitsplatz auch dann entlassen darf, wenn die Fehlzeiten die Folge von Krankheiten sind, die auf eine Behinderung des Arbeitnehmers zurückzuführen sind, es sei denn, diese Regelung geht unter Verfolgung des legitimen Ziels der Bekämpfung von Absentismus nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinaus; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts. BAG: 3-stufiges Prüfungsschema einer personenbedingten Kündigung © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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