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RA Digital - 05/2018

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262 Öffentliches Recht

262 Öffentliches Recht RA 05/2018 Weiterhin Schutz vor unvorhersehbaren Gebührenbelastungen durch gerichtliche Kontrolle der Gefahrenprognose Aber: Maßgeblich ist ex-ante-Perspektive, nicht ex-post-Betrachtung! Des Weiteren unterliegt die nach § 4 Abs. 4 Satz 1 BremGebBeitrG von der handelnden Polizeibehörde anzustellende Gefahrenprognose einer nachträglichen gerichtlichen Kontrolle. […] bedeutet dies allerdings, dass sich die Rechtmäßigkeit der von der Polizeibehörde zu treffenden Prognose aus der ex-ante-Sicht beurteilt und nicht nach dem tatsächlichen Geschehensablauf. Die der polizeilichen Gefahrenbewertung zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen können wegen ihres prognostischen Charakters gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie (sorgfaltswidrig) von unzutreffenden Gegebenheiten ausgehen oder sonst offensichtlich unrichtig sind, […]. Folglich genügt § 4 IV BremGebBeitrG dem Bestimmtheitsgebot. Beachte: Zweifache Ungleichbehandlung Veranstalter ist hauptsächlicher Nutznießer des Polizeieinsatzes, also darf er auch belangt werden. Grenze von 5.000 Personen nicht willkürlich Veranstaltungen mit weniger als 5.000 Teilnehmern erzielen weniger Gewinn Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität ist Gewinnerzielungsabsicht und nicht tatsächlicher Gewinn entscheidend Besserstellung nichtkommerzieller Veranstaltungen: Veranstalter haben keinen kommerziellen Vorteil durch Polizeieinsatz 4. Verstoß gegen Art. 3 I GG § 4 IV BremGebBeitrG führt zu einer Ungleichbehandlung gewinnorientierter gegenüber nicht-gewinnorientierten Veranstaltungen sowie von Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Teilnehmern gegenüber kleineren Veranstaltungen. Diese Ungleichbehandlungen können aber durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein. „Der Landesgesetzgeber folgt mit § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG dem Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit, welcher die Kosten demjenigen aufbürdet, der bei grober und typisierender Betrachtungsweise einen Vorteil von der gebührenpflichtigen Amtshandlung hat. Dass auch andere […] einen Vorteil von den in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genannten Polizeieinsätzen haben, hindert den Gesetzgeber nicht, eine Unterscheidung danach vorzunehmen, dass ein Personenkreis diesen Vorteilen näher, ein anderer entfernter steht. […] Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Grenze zwischen gebührenrechtlich zu belastenden Großveranstaltungen und kleineren Veranstaltungen bei einer Besucherzahl von 5.000 Personen zu ziehen, orientiert sich an dem auch von anderen Ländern und Kommunen festgelegten Ausgangswert für die Bestimmung von größeren Veranstaltungen. Die Annahme, dass Veranstaltungen erst ab einer solchen Größenordnung ein spezifisches Risiko innewohnt, ist sachlich nachvollziehbar. […] Jura Intensiv Zum anderen bezweckte der Landesgesetzgeber mit der Festlegung einer voraussichtlichen Mindestpersonenzahl von 5.000 die Vermeidung einer Gebührenbelastung für kleine und mittlere Veranstaltungen, um deren Durchführung nicht zu verhindern oder unverhältnismäßig zu erschweren. Auch dies ist sachgerecht, weil bei kleineren und mittleren Veranstaltungen das Verhältnis zwischen Ertrag und den möglichen Kosten eines Polizeieinsatzes in der Regel deutlich ungünstiger ausfallen dürfte als bei größeren Veranstaltungen. […] Der Gesetzgeber hat sich nicht zuletzt im Interesse der Verwaltungspraktikabilität dafür entschieden, eine Gewinnerzielungsabsicht für das Auslösen der Gebührenpflicht ausreichen zu lassen. Hierdurch sollen Probleme bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Ertragssituation und anschließende Auseinandersetzungen mit den Veranstaltern vermieden werden. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Ausschluss nichtkommerzieller Großveranstaltungen rechtfertigt sich aus dem Gedanken der Vorteilsabschöpfung, da den Veranstaltern nichtkommerzieller Großveranstaltungen regelmäßig kein kommerzieller Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2018 Öffentliches Recht 263 Vorteil aus der überdurchschnittlichen Beanspruchung des staatlichen Sicherheitsapparats erwächst. Damit verstößt § 4 IV BremGebBeitrG nicht gegen Art. 3 I GG und ist somit insgesamt verfassungsgemäß. Eingriff in Art. 12 I GG ist aufgrund ähnlicher Erwägungen gerechtfertigt; bei Art. 14 I 1 GG ist hingegen schon der Schutzbereich gar nicht eröffnet (vgl. juris Rn 71-78). FAZIT Das OVG hat die Revision zugelassen, die die DFL auch schon angekündigt hat. Das letzte (juristische) Wort ist also noch nicht gesprochen, sodass abzuwarten bleibt, ob die Entscheidung des OVG Bremen dauerhaft Bestand hat. Die prüfungsrelevanten Schwerpunkte des Falles sind: • Abgrenzung Gebühr •• Steuer und daran anknüpfend die Gesetzgebungsbefugnis, die für Gebühren nicht ausdrücklich normiert ist. • Gesteigerte Rechtfertigungsanforderungen bei Gebühren, weil sie vom sog. Prinzip des Steuerstaates abweichen. • Bestimmtheit des § 4 IV BremGebBeitrG. Beim Lesen der entsprechenden Passage des Urteils sollte besonders auf die Anwendung der juristischen Auslegungsmethodik geachtet werden. • Mehrfache Ungleichbehandlung i.R.d. Art. 3 I GG. Das ist für Examensaufgaben typisch, d.h. es müssen die verschiedenen Differenzierungskriterien erkannt werden. Daran anknüpfend ist auch die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung mehrfach zu prüfen. Jura Intensiv © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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