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RA Digital - 05/2018

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270 Referendarteil:

270 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 05/2018 VGH Mannheim, Urteil vom 2.10.1996, 5 S 831/95, juris Eine generelle Betrachtung ist zulässig. VGH Mannheim, Urteil vom 28.7.1994, 5 S 2467/93, juris Baumschutzverordnung als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung Prüfung der konkreten Anspruchsgrundlage Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter Berücksichtigung des gesamten Verwaltungsvorgangs und dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme. In der Klausur ist das gesamte Aktenstück und Vorbringen der Beteiligten auszuwerten. Insbesondere in städtischen Ballungsräumen besteht ein evidentes Bedürfnis nach einem möglichst weitgehenden Erhalt des vorhandenen Baumbestandes und dieses Schutzziel kann am effektivsten durch eine generelle Unterschutzstellung des Bestandes erreicht werden. Wie bereits erwähnt, bedarf es beim flächenbezogenen Schutz keiner Prüfung der Schutzwürdigkeit einzelner Bäume. Aber auch eine Differenzierung nach bestimmten Gebieten (mit viel oder weniger Grün) oder etwa danach, ob bestimmte Baumarten im Hinblick auf die naturräumlichen Gegebenheiten standortfremd sind oder nicht, ist insoweit nicht geboten, weil grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass in dicht besiedelten Landschaften Bäume zumindest dann generell schützenswert sind, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben und damit die für einen Baumbestand typischen positiven Wirkungen entfalten. Die in der BaumschutzV enthaltenen Verbote bzw. Nutzungsbeschränkungen stellen sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz2 GG dar. Der verfassungsrechtlich gebotene Ausgleich für den Fall einer übermäßigen, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Belastung des betroffenen Grundstückseigentümers wird durch die Dispensvorschrift in § 5 BaumschutzV und die Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG in ausreichender Weise gewährleistet. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 BaumschutzV nicht erfüllt. Nach § 5 Abs. 2 BaumschutzV muss die Genehmigung nach § 5 Abs. 1 BaumschutzV erteilt werden, wenn die geschützten Gehölze krank sind und ihre Erhaltung nicht im öffentlichen Interesse geboten oder nicht möglich ist. Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Ansicht der Klagepartei nicht vor. Der Mitarbeiter des fachlichen Naturschutzes der Beklagten kam aufgrund von einer Ortsbesichtigung zu dem Ergebnis, dass der Baum keinerlei Schäden aufweist, die eine erhöhte Bruchgefahr begründen würden. Diese Feststellungen hat eine Mitarbeiterin des fachlichen Naturschutzes der Beklagten beim Augenschein in nachvollziehbarer Weise wiederholt und erläutert. Diese Erläuterungen korrespondieren auch mit den Beobachtungen und Feststellungen des Gerichts beim Augenschein. Zwar erscheint die Beastung des Baumes insbesondere im unteren Bereich auf der Südseite ausgelichtet. Die Mitarbeiterin des fachlichen Naturschutzes der Beklagten hat aber für das Gericht plausibel dargelegt, dass dies auf einen früher dort vorhandenen untergeordneten Baumbestand zurückzuführen ist, der das Wachstum in diesem Bereich beeinträchtigt habe. Bestätigt wird diese Einschätzung nach Überzeugung des Gerichts auch durch die Tatsache, dass nach den starken Windereignissen der vergangenen Jahre – so der eigene Vortrag der Klagepartei – keinerlei Astabbruch an der streitgegenständlichen Tanne erkennbar ist. Im Übrigen handelt es sich bei der Tanne nach Aussage der Mitarbeiterin des fachlichen Naturschutzes um einen Pfahlwurzler, der standsicherer sei als eine Fichte, die Flachwurzler sei. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2018 Referendarteil: Öffentliches Recht 271 Die Erklärungen der Klagepartei sind nicht geeignet, diese Bewertung zu erschüttern. Allein das Zurückschneiden des Baumes an der Südseite, da die Äste sonst in das Wohnhaus hineinreichen würden, spricht nicht gegen die Vitalität des Baumes. Auch das Erfordernis der Fällung eines anderen Baumes auf dem streitgegenständlichen Grundstück lässt keine Rückschlüsse auf den Zustand der streitgegenständlichen Tanne zu. Aus den genannten Gründen erübrigt sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur aktuellen Windbruchgefahr der streitgegenständlichen Tanne. Für die behauptete Windbruchgefahr fehlen die tatsächlichen Grundlagen, da außer der Behauptung ohne nähere Substantiierung keine Schadensmerkmale, die einen entsprechenden Rückschluss zuließen, belegt oder zumindest benannt worden sind. Auch der Umstand, dass auch ein gesunder Baum bei starken Stürmen entwurzelt werden kann bzw. dass in einer solchen Situation eine Bruchgefahr der Äste gegeben sein kann, rechtfertigt nicht die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Bei der Gefahr, dass Bäume, die Gebäude überragen, bei starken Stürmen umstürzen oder dass sie vom Blitz getroffen werden könnten, handelt es sich um allgemeine, grundsätzlich auch jeden gesunden Baum bei derartigen extremen Wetterbedingungen möglicherweise treffende „katastrophale“ Folgen, die als solche eine Ausnahmegenehmigung nicht zu rechtfertigen vermögen; das Gleiche gilt für bei starken Unwettern abbrechende gesunde Äste. Derartige Unglücksfälle gehören zum allgemeinen Lebensrisiko; sie ließen sich, wenn überhaupt, allenfalls dadurch vermeiden, dass in besiedelten Bereichen sämtliche größeren Bäume beseitigt würden. Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist eine Fällungsgenehmigung für die streitgegenständliche Tanne auch nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumschutzV zu erteilen, weil der Bestand oder die Nutzbarkeit des klägerischen Grundstücks oder des Hauses unzumutbar beeinträchtigt wäre. Jura Intensiv Die von dem Kläger angeführten Belästigungen und Beeinträchtigungen durch Nadel- oder Zapfenabfall auf sein Grundstück und damit einhergehende Beschädigungen des Daches des Wohngebäudes stellen sich nicht als unzumutbare Beeinträchtigungen von Bestand oder Nutzbarkeit ihres Grundstücks oder eines darauf stehenden Gebäudes im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumschutzV dar. Zur Bestimmung dessen, was der Betroffene noch hinzunehmen hat, lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Regelmäßig wird eine unzumutbare Beeinträchtigung aber nur dann angenommen werden können, wenn die von dem geschützten Baum ausgehenden Immissionen oder sonstigen Auswirkungen nach Art und Intensität die Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks erheblich beeinträchtigen. Die Beeinträchtigungen müssen deutlich über das Maß bloßer Belästigungen hinausgehen. Beachtlich sind weiter nur solche Beeinträchtigungen, deren potentiell die Wesentlichkeitsschwelle überschreitenden Folgewirkungen nicht mit Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Typische Formulierung, um Einwände eines Beteiligten abzuarbeiten Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes kann das Gericht auch ohne Beweisantrag ein Sachverständigengutachten einholen (und muss dies ggf. auch tun, wenn sich ihm eine weitere Sachverhaltsaufklärung aufdrängt). Hätte der Kläger einen förmlichen Beweisantrag gestellt, wäre über diesen durch Beschluss zu entscheiden gewesen. OVG Berlin, Urteil vom 16.8.1996, 2 B 26.93, NVwZ-RR 1997, 530; OVG Saarlouis, Urteil vom 29.9.1998, 2 R 2/98, juris Ebenfalls typische Formulierung, um Einwände eines Beteiligten abzuarbeiten. Die Unzumutbarkeit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Es müssen erhebliche Beeinträchtigungen vorliegen, die über bloße Belästigungen hinausgehen und denen nicht mit Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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