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RA Digital - 05/2019

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232 Zivilrecht

232 Zivilrecht RA 05/2019 2. Verstoß gegen § 307 I, II Nr. 1 BGB Die B-GmbH ist Unternehmerin. Auf einen Verstoß gegen die in §§ 308, 309 BGB festgelegten Regelungen kommt es gem. § 310 I BGB nicht an. Allerdings könnte die B-GmbH durch die Schönheitsreparaturklausel i.S.d. § 307 I, II Nr. 1 BGB unangemessen benachteiligt sein. Danach liegt eine Benachteiligung vor, wenn der Vertragspartner durch die Klausel im Vergleich mit der gesetzlich vorgesehenen Regelung schlechter gestellt wird. Unangemessen ist sie, wenn die Interessen des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben keinen angemessenen Ausgleich für die Benachteiligung erhalten. Der Senat legt an dieser Stelle die zu Schönheitsreparaturen in Wohnraummietverträgen ergangene Rspr. des BGH ausführlich dar, Urteil vom 18.03.2015, VIII ZR 185/14. An dieser Stelle wirkt sich der Umstand aus, dass das Mietobjekt unrenoviert übergeben wurde. Danach ist die Regelung in § 8 des Mietvertrags mangels angemessener Kompensation für den Mieter als unangemessen i.S.d. § 307 I, II Nr. 1 BGB zu werten. „[36] Nach der höchstrichterlichen Rspr. zu Wohnraummietverträgen hält die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung in §§ 535 I 2, 538 BGB den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Fall einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 I 1, II Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt hat, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. [37] Nach diesen Kriterien ist auch die Klausel in § 8 der vorliegend zu beurteilenden Mietverträge unwirksam, weil dem Mieter unrenovierte bzw. renovierungsbedürftige Wohnungen überlassen wurde und mit dem Inhalt der Klausel in § 8 die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen werden sollen, ohne dass ein angemessener Ausgleich gewährt wird, welcher den Mieter so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen. [38] Zwar enthält die Regelung in § 8 Nr. 1 der Mietverträge die Aussage, in den Mietzins seien keine Kosten für Schönheitsreparaturen einkalkuliert, was dahin verstanden werden könnte, dass der Mieter im laufenden Mietverhältnis eine niedrigere Miete zu zahlen hätte, als dies der Fall gewesen wäre, wenn die Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen entsprechend der gesetzlichen Regelung beim Vermieter verblieben wäre. Auch wenn man dieses Verständnis zugrunde legen würde, beträfe dies aber nur das Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Mietvertrag und stellte insoweit nur den Ausgleich her, ohne den die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter von vornherein unangemessen wäre. Der von der zitierten Rspr. des BGH geforderte angemessene Ausgleich soll aber nicht den Aufwand kompensieren, welchen der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis hat, sondern ihn (weitergehend) so stellen, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen, um damit die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung (auch) vorvertraglicher Abnutzungsspuren zu kompensieren. Einen solchen Ausgleich aber enthält die Klausel in § 8 der hier zu beurteilenden Mietverträge nicht. [39] Sonstige Regelungen des Mietvertrages, die einen angemessenen Ausgleich im genannten Sinne enthalten, sind nicht ersichtlich. Im Ergebnis ist deshalb bei Anwendung der höchstrichterlichen Rspr. zum Wohnraummietvertrag die vorstehend zu beurteilende Klausel in § 8 der Mietverträge wegen Verstoßes gegen § 307 I 1, II Nr. 1 BGB unwirksam. [40] Nach Auffassung des Senates ist die oben dargestellte höchstrichterliche Rspr. zu Wohnraummietverhältnissen auf gewerbliche Mietverhältnisse zu übertragen. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2019 Zivilrecht 233 [41] Maßgeblicher Grund für die Rspr. zur Unwirksamkeit der formularvertraglichen Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung ohne angemessenen Ausgleich ist nicht die Verpflichtung zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen als solche, sondern die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung von Gebrauchsspuren, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat, und infolgedessen auch die Unmöglichkeit der Begrenzung der in der Klausel enthaltenen Verpflichtung zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen auf diejenigen Abnutzungsspuren, welche erst nach dem Mietbeginn entstehen und deshalb dem Mieter zugerechnet werden können. [42] Indem die Klausel dem Mieter die Beseitigung von ihm nicht zu vertretender Abnutzungserscheinungen auferlegt, ohne ihm dafür eine Kompensation zu gewähren, weicht sie in für ihn unangemessener Art und Weise i.S.v. § 307 II Nr. 1 BGB von der vertraglichen Regelung ab. Hinzu tritt das praktische Problem der im Einzelfall bestehenden Unmöglichkeit der Abgrenzung zwischen den schon vorhandenen Gebrauchsspuren und den vom Mieter durch seinen Gebrauch hinzugefügten, was im Ergebnis einer vom Mieter durchgeführten Renovierung dazu führen kann, dass der Mieter die Wohnung nach Durchführung der von ihm vorzunehmenden Renovierung in einem besseren Zustand an den Vermieter zurückzugeben hat, als diese ihn zum Zeitpunkt der Übergabe an ihn hatte. [43] Aus diesen Überlegungen erhellt, dass die für den Wohnraummietvertrag begründete höchstrichterliche Rspr. auf gewerbliche Mietverhältnisse übertragbar ist, weil in beiden Arten von Mietverhältnissen von derselben gesetzlichen Regelung in §§ 535 I 2, 538 BGB abgewichen wird und sich in beiden Fällen dasselbe Problem der fehlenden Kompensation für die Verpflichtung zur Beseitigung von Gebrauchsspuren stellt, welche dem Mieter nicht zuzurechnen sind. Zudem stellt sich auch für beide Mietvertragsarten dasselbe tatsächliche Abgrenzungsproblem zwischen den schon zu Beginn des Mietverhältnisses vorliegenden Abnutzungserscheinungen und denjenigen, welche der Mieter im Laufe der Mietzeit verursacht.“ Jura Intensiv Die Schönheitsreparaturklausel in § 8 der Verträge ist damit unwirksam. Es bestand folglich gegenüber der B-GmbH kein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf Vornahme auf Schönheitsreparaturen aus den Mietverhältnissen. Die B-GmbH hat keine Pflicht i.S.d. § 281 I 1 BGB verletzt. Der Senat spricht sich dafür aus, die Rspr. zu Wohnraummietverträgen auch auf gewerbliche Mietverträge zu übertragen. Bei beiden wird von den gesetzlichen Regelungen in §§ 535 I 2, 538 BGB abgewichen. Darüber hinaus sind die Interessenlage und die Nachteile zulasten des Mieters in beiden Fällen vergleichbar. B. Ergebnis K hat gegen die B-GmbH keinen Anspruch auf Ersatz der Renovierungskosten gem. §§ 280 I, III, 281 I BGB. FAZIT Das OLG Dresden stellt ausdrücklich klar, dass die zu Schönheitsreparaturklauseln in Wohnraummietverträgen ergangene Rspr. des BGH aufgrund derselben Interessenlage auch auf gewerbliche Mietverhältnisse zu übertragen ist. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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