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RA Digital - 05/2019

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242 Referendarteil:

242 Referendarteil: Zivilrecht RA 05/2019 Die Klägerin beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen. Die übereinstimmende Erledigung lässt die Rechtshängigkeit ex tunc entfallen. Es besteht kein Anspruch mehr auf Entscheidung über den Streitgegenstand. Entschieden wird nur noch über die Kostenlast. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose des Erfolgs: letzte Erledigungserklärung Zu berücksichtigen ist bei der Entscheidung nach bisherigem Sach- und Streitstand auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO. Es kommt darauf an, ob der Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben hat, Zöller/Herget, ZPO, § 91a ZPO, Rn 24 Die Klägerin hätte nach Auffassung der Beklagten den Anspruch vor Klageerhebung noch detaillierter belegen müssen. Deshalb sah sich die Beklagte nicht zur Kostentragung verpflichtet und reagierte mit der Klageerwiderung. § 93 ZPO fordert „sofortiges“ Anerkennen oder Begleichen. Dies war hier zweifelhaft, weil die Beklagte in der Klageerwiderung weitere Substantiierung eingefordert hatte. Letztlich musste die Frage vom Gericht nicht beantwortet werden, weil die andere Voraussetzung des § 93 ZPO nicht erfüllt war. Zur Frage, wann zur Klage Veranlassung gegeben wird: Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, § 93, Rn 4 II. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Nach § 91a I 1 ZPO entscheidet das Gericht, wenn die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. „[4] Für die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO gelten im Grundsatz die allgemeinen Kostentragungsregeln. Es ist also darauf abzustellen, wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden wäre. Gem. §§ 91, 92 ZPO ist mithin entscheidend, ob und in welchem Umfang die Klage bei Abgabe der Erledigungserklärungen Erfolg versprach; maßgeblich ist der Eingang der letzten Erklärung bei Gericht. Trotz ursprünglicher Zulässigkeit und Begründetheit der Klage treffen den Kläger nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO gleichwohl die Kosten, wenn der Beklagte keinen Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung des Klageanspruchs gegeben hat und der Beklagte den Anspruch sofort nach Zustellung der Klage bzw. sofort nach Fälligkeit erfüllt hat.“ Die Klage hätte bei Fortgang des Rechtsstreits ohne die Erledigungserklärung in der Hauptsache Erfolg gehabt. Der Auffassung der Beklagten, es entspreche der Billigkeit, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, weil es dieser unschwer möglich gewesen wäre, vor Klageerhebung ihren Zahlungsanspruch in der von der Beklagten geforderten Weise zu belegen, kann nicht gefolgt werden. Diese Erwägung rechtfertigt unter Billigkeitsgesichtspunkten keine Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin. Die Voraussetzungen des § 93 ZPO sind nicht erfüllt. Jura Intensiv „[7] Es kann dahinstehen, ob die Anwendung des § 93 ZPO schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Beklagte den Anspruch im Prozess nicht „sofort“ anerkannt bzw. sofort erfüllt hat, wie es § 93 ZPO voraussetzt. Die Beklagte ist der Klage in ihrer Klageerwiderung entgegengetreten und hat weiterhin auf der Vorlage weiterer Belege bestanden. [8] Unabhängig davon fehlt es jedenfalls an der Voraussetzung des § 93 ZPO, dass die Beklagte nicht durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat. Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. So liegt es hier. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2019 Referendarteil: Zivilrecht 243 [9] Anlass zur Klageerhebung gibt der Schuldner einer fälligen Geldforderung in der Regel dann, wenn er diese trotz Aufforderung durch den Gläubiger nicht bezahlt. Allerdings kann der Gläubiger im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten sein, schon vor Klageerhebung dem Schuldner die Anspruchsvoraussetzungen zu belegen.“ Selbst wenn man zugunsten der Beklagten annimmt, dass die Klägerin nach Treu und Glauben gehalten war, der Beklagten als Bürgin vor Klageerhebung Informationen zur Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs zu erteilen, ist die Klägerin dieser – unterstellten - Obliegenheit in ausreichendem Maße nachgekommen. Die Klägerin hatte für das vorprozessuale Stadium in ausreichendem Maße belegt, dass sie Zahlungen an die Schuldnerin erbracht hat, die den ebenfalls belegten Erfüllungsstand deutlich überschritten und somit ein Rückzahlungsanspruch bestand, der den geltend gemachten Bürgschaftsbetrag von 58.000 € bei weitem überstieg. Die Klägerin hat zunächst durch Anwaltsschreiben vom 03.11.2017 (Anlage K 7), in dem sie die Beklagte unter Fristsetzung zur Zahlung von 58.000 € aufgefordert hat, ihren Anspruch aus der von der Beklagten für die Forderungen der Schuldnerin übernommenen Vertragserfüllungsbürgschaft schlüssig dargelegt. Denn sie hat bereits in diesem Schreiben den Generalunternehmervertrag, die Leistungsaufforderung und die Kündigungserklärung gegenüber der Schuldnerin sowie ein Sachverständigengutachten zum Erfüllungsstand der von der Schuldnerin bisher erbrachten Bauleistungen vorgelegt, anhand dessen die Klägerin ihren Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Abschlagsleistungen hergeleitet hat. In dem Aufforderungsschreiben ist ausgeführt, dass die Klägerin bis zum Tag der Kündigung Vorauszahlungen in Höhe von 1.111.025 € geleistet hat und anhand des durch Sachverständigengutachten belegten Erfüllungsstandes eine Überzahlung an die Schuldnerin von 538.401 € vorliegt. Jura Intensiv Nachdem die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 09.11.2017 weitere Informationen angefordert hatte, die sich teilweise nicht auf den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch bezogen, und die Klägerin diese Anfrage mit Anwaltsschreiben vom 15.11.2017 beantwortet hatte, hat die Beklagte mit Schreiben vom 04.12.2017 die Vorlage sämtlicher Rechnungen der Schuldnerin und den Nachweis über die Zahlung dieser Rechnungen durch die Klägerin erbeten. Hierauf hat die Klägerin mit einem (inzwischen dritten) Anwaltsschreiben vom 22.12.2017 die Abschlagsrechnungen der Schuldnerin Nr. 1 bis 8 nebst Zahlungsfreigaben vorgelegt und unter Bezugnahme auf die achte Abschlagsrechnung der Schuldnerin darauf hingewiesen, dass die Zahlung der freigegebenen Beträge aus den Abschlagsrechnungen durch die Klägerin unstreitig ist. Aus der achten Abschlagsrechnung der Schuldnerin vom 9.8.2017 ergibt sich, dass die Schuldnerin der Klägerin die Beträge aus den Abschlagsrechnungen Nr. 1 bis 7 in Höhe von insgesamt 946.134,45 € netto im Wege des Abzugs von der Netto-Auftragssumme gutgebracht hat. Ausweislich der Abschlagsrechnungen Nr. 1 bis 7 hat die Schuldnerin von der Klägerin die Abschlagsbeträge jeweils zuzüglich Umsatzsteuer angefordert. Die beigefügten Teilzahlungsfreigaben bezogen sich ebenfalls auf Bruttobeträge. Klageveranlassung in der Regel bei fehlender Zahlung trotz Aufforderung, MüKo/Schulz, ZPO, § 93 Rn 33 Zu berücksichtigen ist eine mögliche Pflicht des Gläubigers zum Beleg der Anspruchsvoraussetzungen, BeckOK/Jaspersen, ZPO, § 93, Rnrn. 4 f. und 30 Die der von der Klägerin der Beklagten gewährten Informationen waren hier ausreichend. Vorlage verschiedenster Unterlagen durch die Klägerin mit dem anwaltlichen Schreiben, in dem sie die Beklagte zur Leistung aufgefordert hat Diese Ausführungen nehmen Bezug auf die Sachverhaltsschilderung unter „Gründe I.“ Hier erfolgt die rechtliche Bewertung. Weitere vorprozessuale Korrespondenz der Parteien Die Beklagte forderte von der Klägerin insbesondere die Vorlage von Zahlungsnachweisen. Die achte Abschlagsrechnung enthielt die entscheidende Information. Die Nachweise waren für das vorprozessuale Stadium ausreichend. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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