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RA Digital - 05/2019

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258 Referendarteil:

258 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 05/2019 Dass der Vortrag durch einen Anwalt erfolgt ist, ist in der Regel irrelevant und daher im Tatbestand nicht zu erwähnen. Etwas anderes kann etwa gelten, wenn es um die Frage nach dem richtigen Zustellungsadressaten geht. Das Zustelldatum brauchte hier nicht genannt werden, da die Klage bereits am 7.9.2017 und damit unproblematisch innerhalb der Klagefrist erhoben wurde. Wichtig: Sämtliche Verfügungspunkte genau wiedergeben, da diese das Prüfprogramm für die Entscheidungsgründe vorgeben. Begründung: Konjunktiv Präsens Klageerhebung: Indikativ Perfekt Klägervorbringen: Konjunktiv Präsens Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Juli 2017 wies der Kläger darauf hin, dass er von Anfang an bei der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt habe; die gesamten Steuern seien bezahlt. Die Vorfälle lägen bereits 7 bis 10 Jahre zurück. Das Amtsgericht habe ihm eine günstige Sozialprognose erteilt. Gericht und Staatsanwaltschaft seien davon ausgegangen, dass ihm berufsrechtliche Nachteile nicht entstehen würden. Mit Bescheid vom 16. August 2017, zugestellt am 21. August 2017, widerrief der Beklagte die Approbation des Klägers als Apotheker und untersagte ihm die Ausübung des Apothekerberufs. Gleichzeitig forderte er ihn auf, ihm die Original-Approbationsurkunde innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides auszuhändigen oder zu übersenden und drohte für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb der Zweiwochenfrist ein Zwangsgeld von 2.000,00 EUR an. Zur Begründung führte er aus, dass sich aus den vom Kläger begangenen Straftaten die Unwürdigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ergebe, auch wenn dies nicht den Kernbereich seiner Berufstätigkeit als Apotheker betreffe. In seinem Fall sei insbesondere die Höhe der insgesamt verkürzten Steuern sowie die Begehung der Taten über mehrere Jahre ausschlaggebend. Die Verwendung von Manipulationssoftware zeige darüber hinaus ein gewisses Maß an krimineller Energie, welche geeignet sei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos. Angesichts der Höhe der pro Veranlagungszeitraum verkürzten Steuern handele es sich um ein schwerwiegendes, gemeinschädliches Fehlverhalten, das das Ansehen der Heilberufe in der Bevölkerung gravierend erschüttere. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ein Fehlverhalten mit mittelbarem Berufsbezug vorliege, da die Manipulationssoftware beim Betrieb der Apotheken eingesetzt worden sei. Angesichts des Umfangs der Steuerhinterziehung besitze der Kläger nicht mehr das für die Ausübung des Berufs erforderliche Ansehen und Vertrauen in der Bevölkerung. Dabei sei unerheblich, ob und wie das Strafgericht eine berufsrechtliche Wertung vorgenommen habe. Eine günstigere Bewertung ergebe sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass die Steuern zwischenzeitlich vollständig gezahlt worden seien, da es sich lediglich um die selbstverständliche Wiedergutmachung des dem Gemeinwesen entstandenen Schadens handele. [...] Die Forderung der Herausgabe der Approbationsurkunde ergehe nach § 52 VwVfG, die Zwangsgeldandrohung finde ihre rechtliche Grundlage in §§ 55, 56, 57, 58, 60 und 63 VwVG NRW. Jura Intensiv Der Kläger hat am 8. September 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt: Seiner Auffassung nach sei der Begriff "Unwürdigkeit" völlig unbestimmt und verstoße, wenn er als Grundlage für berufsrechtliche Entscheidungen herangezogen werde, gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Freiheit der Berufsausübung. Grundlage der Prüfung einer "Unwürdigkeit" könne allein das strafgerichtliche Urteil sein, nicht sonstige nicht strafbefangene steuerliche Sachverhalte wie Betriebsprüferberichte. Der Vorsitzende Richter und die Staatsanwaltschaft seien davon ausgegangen, dass die Angelegenheit für den Kläger mit der Verurteilung beendet sei. [...] Eine erhebliche Beschädigung des Ansehens und des Vertrauens in die Apothekerschaft aufgrund Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 259 des Steuervergehens könne nicht gesehen werden. Unberücksichtigt geblieben sei, dass die Steuerhinterziehung zwischen 7 und 10 Jahre zurückliege und dass die hinterzogene Steuer in keinem Jahr den Betrag von 50.000,00 EUR überstiegen habe sowie die dem Kläger bescheinigte günstige Sozialprognose. [...] Da das Strafgericht keinen besonders schweren Fall einer Steuerhinterziehung angenommen habe, könne der Beklagte auch keine besondere kriminelle Energie annehmen. Auch sei seine Bewährungszeit fast abgelaufen und das Verfahren vor dem Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht L. am 2. August 2018 eingestellt worden. Er habe gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 6. Juli 2018 im Verfahren 7 K 5905/17, mit welchem dieses seine Klage gegen den Widerruf seiner Apothekenbetriebserlaubnis für zwei Apotheken abgewiesen habe, einen Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen gestellt (13 A 3040/18). Der Kläger beantragt, die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 16. August 2017 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus: Bei dem Widerruf der Approbation handele es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Ermessens- sondern um eine gebundene Entscheidung. Die Verfassungskonformität des Tatbestandsmerkmals der Unwürdigkeit sei für Parallelnormen im Arzt- und Zahnarztrecht seit langem in der Rechtsprechung anerkannt. Auch wenn hier "lediglich" eine Summe von nicht mehr als 50.000 EUR/Jahr steuerlich hinterzogen worden sei, ergebe sich hieraus keine andere Beurteilung, da der Betrag einem nicht unüblichen Jahresgehalt entspreche und durch die Manipulation des Kassensystems eine besondere kriminelle Energie an den Tag gelegt worden sei. Das Berufsbild des Apothekers beinhalte - anders als das eines Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft - die Vertrauensbildung durch die Bevölkerung. Bei dem Widerruf handele es sich darüber hinaus nicht um eine sanktionierende Maßnahme, sondern um eine präventive. Er könne daher keine Doppelbestrafung darstellen. [...]“ Jura Intensiv Anträge: Indikativ Präsens Beklagtenvorbringen: Präsens Konjunktiv Wenn der Beklagte im Gerichtsverfahren zur Begründung auf seinen Bescheid verweist oder aber die dortige Begründung wiederholt, ist es üblich, auf den Bescheid Bezug zu nehmen und nur den neuen Vortrag darzustellen. Dies spart im Examen zudem wertvolle Zeit! ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Die zulässige Klage hat Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 16. August 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Rechtliche Grundlage für den Widerruf der Approbation als Apotheker ist § 6 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundes-Apothekerordnung (BApO). Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich eine der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO weggefallen ist, d.h. der Apotheker sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ergibt. Urteilsstil: Ergebnissatz voranstellen Rechtsgrundlage © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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