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RA Digital - 05/2020

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244 Referendarteil:

244 Referendarteil: Zivilrecht RA 05/2020 Liegen mehrere Auftraggeber vor, wirkt sich das gebührenerhöhend aus. hh) Zur Zusatzfrage 4 Personenmehrheiten können sich bezüglich der Höhe der anfallenden Gebühren auswirken. Gemäß Anlage 1 Nr. 1008 VV RVG erhört sich in dem Fall, dass mehrere Auftraggeber bestehen, die Geschäftsgebühr (Anlage 1 Nr. 2300 VV RVG) und die Verfahrensgebühr (Anlage 1 Nr. 3100 VV RVG) um einen Faktor von 0,3 oder um 30% bei Festgebühren pro Person. Personenmehrheiten auf der gegnerischen Seite sind für die Abrechnung des Rechtsanwaltes gegenüber seiner Mandantschaft irrelevant. III. Beispiel 3 Trennen Sie begrifflich zwischen den vorgerichtlichen und den außergerichtlichen Gebühren. 1. Fall Entsprechend den Ausführungen in Fall 2 (C. II. 1.) erhebt C, nachdem er das Schreiben des R erhalten hat, gegen A Klage vor dem zuständigen Gericht nicht nur auf Zahlung in Höhe von 1.000 €, sondern auf Zahlung in Höhe von 2.500 €. Es findet am (…) ein früher erster Termin statt. Am (…) erfolgt ein Termin zur Hauptverhandlung mit einer Beweisaufnahme. A verliert den Rechtsstreit. Rechtsmittel werden nicht eingelegt. Wie rechnet R gegenüber dem A ab? Zusatzfrage 1: Wie hätte R abgerechnet, wäre eine gütliche Einigung im Rahmen des frühen ersten Termins zustande gekommen? 2. Lösung a) Geschäftsgebühr und vorgerichtliche Telekommunikationspauschale Wie in Fall 2 fallen für die außergerichtliche Tätigkeit des R die Geschäftsgebühr gemäß Anlage 1 Nr. 2300 VV RVG mit einem 1,3-fachen Gebührenwert bei einem Gegenstandswert von 1.000 € an. Hinzu kommt die Auslagenpauschale in Höhe von maximal 20,- € gemäß Anlage 1 Nr. 7002 VV RVG. 17 b) Begrifflichkeit der „außergerichtlichen Kosten“ Die Begrifflichkeit der außergerichtlichen Kosten wird teilweise in irreführender Weise verwendet. Werden die Prozesskosten zum Beispiel im Rahmen der Baumbach´schen Formel ermittelt, ist ebenfalls im ersten Schritt zwischen den gerichtlichen Kosten und den außergerichtlichen Kosten zu unterscheiden. Gerichtliche Kosten sind solche, die nach dem GKG anfallen, „außergerichtliche Kosten“ sind die Gebühren des Rechtsanwaltes für die Tätigkeiten während des gerichtlichen Verfahrens. „Außergerichtlich“ bezieht sich hier auf außerhalb des GKG anfallende Gebühren. Teilweise werden die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten aber ebenfalls als außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten bezeichnet. 18 Jura Intensiv c) Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben eines gerichtlichen Verfahrens. Diese ist eine Wertgebühr. aa) Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG Weiter fällt bei Einlegung eines Rechtsbehelfs die Verfahrensgebühr gemäß Anlage 1 Nr. 3100 VV RVG mit einem 1,3-fachen Faktor an. Der Gegenstandswert ist oftmals der gleiche, wenn die vorgerichtliche Tätigkeit den gleichen Streitgegenstand betrifft, kann aber – wie in diesem Fall – variieren, wenn der gerichtlich eingeklagte Zahlungsanspruch der Höhe nach von dem vorgerichtlich geltend gemachten Anspruch abweicht. In diesem Fall muss dann entsprechend der Anlage 2 eine andere 1,0-fache Gebühr als Berechnungsgrundlage verwendet werden. Hierbei handelt es sich um keine Rahmengebühr gemäß § 14 RVG, da die Anlage 1 Nr. 3100 VV RVG keinen Mindest- und Maximalfaktor nennt, sondern um eine Wertvorschrift gemäß § 13 RVG, welche den Gebührenfaktor auf das 1,3-fache festsetzt. 17 Die Umsatzsteuer veranschlagt man in der Regel auf die Gesamtsumme der Rechnung zum Schluss. 18 So auch der Gesetzgeber: Anlage 1 zum RVG Überschrift Teil 2 „Außergerichtliche Tätigkeiten einschließlich der Vertretung im Verwaltungsverfahren“ wonach auch die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG anfällt. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2020 Referendarteil: Zivilrecht 245 bb) Anrechnung Weiter ist die Anrechnungsvorschrift gemäß Anlage 1, Vorbemerkung Nr. 3, Absatz 4 Satz 1 VV RVG zu beachten. War der Rechtsanwalt bereits vorgerichtlich tätig, wird diese Gebühr (Geschäftsgebühr) zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Daher erfolgt hier eine Anrechnung in Höhe von 50 % der Geschäftsgebühr, somit in Höhe von 52,- €. In diesem Zusammenhang darf noch auf eine Besonderheit hingewiesen werden. Sollten Sie im Rahmen Ihrer Stationen im Referendariat die Aufgabe übertragen bekommen, für einen obsiegenden Beklagten einen Kostenfestsetzungsantrag zu stellen, müssen Sie § 15a II RVG kennen. In diesem Fall lassen Sie die Kosten ohne Anrechnung festsetzen. Der Kläger, der den Prozess verloren hat, kann sich auf die Anrechnung nicht berufen, da keine Varianten der Norm erfüllt sind. Erstens hat der Kläger zumeist die Kosten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht beglichen (§ 15a II 1. Var RVG), zweitens liegt kein Vollstreckungstitel gegen den Kläger vor, da dieser ja gerade mittels des Kostenfestsetzungsantrages erwirkt werden soll (§ 15a II 2. Var. RVG) und drittens kann der Beklagte – aus der Natur der Sache heraus – in dem Verfahren keine Kosten gegen den Kläger geltend gemacht haben (§ 15 II 3. Var. RVG). cc) Terminsgebühr Weiter fällt gemäß Anlage 1 Nr. 3104 VV RVG eine Gebühr für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins an. 19 Hierbei handelt es sich, wie bei der Verfahrensgebühr, um eine Wertgebühr. Die Ermittlung der Höhe der Gebühr folgt den gleichen Grundsätzen. Auch hier kann sich der Gegenstandswert ändern, beispielsweise im Falle der Teilrücknahme oder der übereinstimmenden Teilerledigung im schriftlichen Vorverfahren. Die Wahrnehmung des Termins beginnt mit dem Aufruf der Sache. 20 Unerheblich ist, dass ein Gütetermin sowie ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt worden sind, der Rechtsanwalt folglich zwei auf unterschiedliche Tage fallende gerichtliche Termine wahrgenommen hat. Die Terminsgebühr fällt gemäß § 15 II RVG grundsätzlich in jedem Verfahren lediglich einmal an. 21 dd) Telekommunikationspauschale für das gerichtliche Verfahren Die Pauschale gemäß Anlage 1 Nr. 7002 VV RVG in Höhe von maximal 20,- € fällt im gerichtlichen Verfahren ebenfalls an. Diese kann also, sollte der Rechtsanwalt auch vorgerichtlich tätig gewesen sein, doppelt anfallen. § 15 II RVG gilt nicht. 22 Gebührentatbestand Faktor Gegenstandswert Summe Geschäftsgebühr gemäß § 2 II 1 RVG 1,3 1.000 € 104,- € i. V. m. Anlage 1 Nr. 2300 VV RVG Auslagenpauschale gemäß § 2 II 1 RVG 20 %, 104,- € 20,- € i. V. m. Anlage 1 Nr. 7002 VV RVG maximal 20,- € Verfahrensgebühr gemäß § 2 II 1 RVG 1,3 2.500 € 261,30 € i. V. m. Anlage 1 Nr. 3100 VV RVG Anrechnung gemäß § 2 II 1 RVG i. V. m. 0,65 1.000 € - 52,- € Vorbemerkung 3 IV 1 RVG Terminsgebühr gemäß § 2 II 1 RVG i. V. m. 1,2 2.500 € 241,20 € Anlage 1 Nr. 3104 VV RVG Auslagenpauschale gemäß § 2 II 1 RVG / 450,50 € 20,- € i. V. m. Anlage 1 Nr. 7002 VV RVG Umsatzsteuer gemäß § 2 II 1 RVG i. V. m. / / 89,40 € Anlage 1 Nr. 7008 VV RVG Summe / / 559,90 € Jura Intensiv Die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit ist auf die Verfahrensgebühr in halber Höhe, maximal jedoch mit einem Faktor von 0,75 anzurechnen. 19 Siehe Anlage 1 Vorbemerkung 3 Absatz 3 VV RVG. 20 Strittig, wenn der Rechtsanwalt bei Aufruf der Sache lediglich erklärt, dass er nicht auftreten werde. Lesen sie hierzu § 333 ZPO. Dieses Verhalten ist im Rahmen der Thematik „Flucht in die Säumnis“ relevant. 21 Hier bietet sich eine Vergütungsvereinbarung an, welche die Terminsgebühr für jeden wahrgenommenen Termin entstehen lässt. 22 H. M., da es an einem Anrechnungstatbestand fehlt, Mayer, in Mayer/Kroiß, RVG, Vorbemerkung 3 Rn 94; OLG München, Beschluss vom 06.05.2005 - 11 WF 1000/05, dort heißt es: „Soweit in der Zahlung von (…) auch eine Pauschale von 20 EUR + MwSt. enthalten ist, war diese nicht abzuziehen, da die außergerichtliche Vertretung und die gerichtliche Vertretung zwei Angelegenheiten sind, so dass die Pauschale zweimal anfällt.“. Hier mag rechtlich eine andere Auffassung im Hinblick auf die §§ 15 ff. RVG vertretbar sein, ist aber praxisuntauglich. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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