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RA Digital - 06/2016

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288 Zivilrecht

288 Zivilrecht RA 06/2016 Objektive Voraussetzung des § 683 S. 1 BGB Tilgung einer fremden einredefreien Schuld grds. im objektiven Interesse des Schuldners B wird von seiner Verpflichtung aus § 862 I 1 bzw. § 861 I BGB frei Subjektive Voraussetzung des § 683 S. 1 BGB 3. Übernahme im Interesse des B Die Übernahme des Geschäfts müsste auch dem Interesse des B entsprochen haben. Die Übernahme einer Geschäftsführung liegt dann im Interesse des Geschäftsherrn, wenn sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist. „[8] Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die Tilgung einer einredefreien Schuld grundsätzlich als vorteilhaft und damit als interessegemäß. Entsprechendes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst beseitigt. Der Störer wird von der ihm gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegenden Pflicht frei, so dass die Übernahme des Geschäfts auch in seinem objektiven Interesse liegt und er - wenn die weiteren Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen - verpflichtet ist, dem Eigentümer gem. § 683 BGB die zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen zu. Der Umstand, dass der Geschäftsherr Aufwendungsersatz schuldet, kann seinem Interesse nicht schon von vornherein und generell entgegenstehen, weil § 683 BGB sonst nie erfüllt wäre. [9] Unter Beachtung dieser Grundsätze und der hiernach gebotenen objektiven Betrachtung stellt sich die Entfernung des Fahrzeugs für die Beklagte als vorteilhaft dar. Sie ist durch die Umsetzung, zu der die Grundstücksbesitzerin gem. § 859 Abs. 1 und 3 berechtigt war, von ihrer Verpflichtung gem. § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 861 Abs. 1 BGB frei geworden. Andere, für die Beklagte kostengünstigere und vorteilhaftere Möglichkeiten, diesen Anspruch zu erfüllen, bestanden nicht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Grundstücksbesitzerin von der Beklagten die sofortige Beseitigung der Störung verlangen und den Anspruch auch im Wege der Selbsthilfe durchsetzen konnte. Zu einer sofortigen Beseitigung waren jedoch weder die Beklagte noch der Fahrer des Fahrzeugs in der Lage, da sie sich in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Geschäftsübernahme weder bei dem Fahrzeug befanden noch binnen kurzer Zeit ermittelt werden konnten. Die einzige Möglichkeit, den rechtswidrigen Zustand unmittelbar zu beseitigen, bestand deshalb in dem Umsetzen des Fahrzeugs. Demgegenüber war die Grundstücksbesitzerin nicht verpflichtet, die Störung so lange hinzunehmen, bis der Fahrer das Fahrzeug selbst von dem Parkplatz entfernte oder aber die Beklagte nach entsprechender Halterermittlung und Unterrichtung über die Störung durch die Grundstücksbesitzerin dies veranlasste. Aus der Sicht eines verständigen, sich rechtstreu verhaltenden Fahrzeughalters entsprach das Abschleppen deshalb seinem Interesse, weil nur auf diese Weise der Beseitigungsanspruch zu der geschuldeten Zeit erfüllt werden konnte.“ Jura Intensiv 4. Übernahme entspricht dem Willen des B Darüber hinaus muss die Übernahme des Geschäfts gem. § 683 S. 1 BGB auch dem Willen des B entsprochen haben. Da sich der wirkliche Wille hier nicht feststellen lässt, kommt es entscheidend auf seinen mutmaßlichen an. Der mutmaßliche Wille ist derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde. Inhaltsverzeichnis

RA 06/2016 Zivilrecht 289 „[12] Mangels anderer Anhaltspunkte ist als mutmaßlicher Wille der Wille anzusehen, der dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Da die Entfernung des Fahrzeuges im objektiven Interesse der Beklagten lag, war auch ihr mutmaßlicher Willen hierauf gerichtet. Sie wurde durch die Geschäftsführung von ihrer Verpflichtung zur sofortigen Störungsbeseitigung befreit, die nur durch ein Umsetzen des Fahrzeugs bewirkt werden konnte.“ Mangels anderer Anhaltspunkte ist zur Bestimmung des mutmaßlichen Willens des B auf den des Geschäftsherrn abzustellen 5. Rechtsfolge Aufgrund der berechtigten GoA konnte die Grundstücksbesitzerin von B gem. §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte. „[14] Hat ein Grundstücksbesitzer - wie hier - ein Unternehmen umfassend mit der Beseitigung der Besitzstörung gegen Zahlung einer vertraglich festgelegten Pauschalvergütung beauftragt, stellt das Eingehen einer solchen Verbindlichkeit nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur insoweit eine ersatzfähige Aufwendung dar, als die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten für das Abschleppen fremder Fahrzeuge und die Kosten für vorbereitende Maßnahmen nicht überschritten werden. Auf dieser Grundlage ist der unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit als angemessen angesehene Betrag von 130 € nicht zu beanstanden.“ Der Grundstücksinhaberin stand gegen B im Zeitpunkt der Abtretung eine Forderung aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB i.H.v. 130,- € zu. B. Ergebnis K kann damit in entsprechender Höhe Zahlung von B gem. § 398 BGB i.V.m. §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB verlangen. „[15] Obwohl die Grundstücksbesitzerin von der Beklagten gem. § 257 S. 1 BGB nur Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin verlangen könnte, ist die Beklagte zur Zahlung von 130,- € verpflichtet. Wird nämlich - wie hier - ein Befreiungsanspruch an den Gläubiger der eingegangenen Verbindlichkeit (hier: an die Klägerin) abgetreten (§ 398 BGB), wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch um.“ Jura Intensiv Erforderlichkeit der Aufwendungen bemisst sich nach den üblichen Kosten für einen Abschleppvorgang vor Ort und nicht nach den vereinbarten Vergütungssätzen Freistellungsanspruch wandelt sich bei Abtretung in einen Zahlungsanspruch um FAZIT Wird ein Fahrzeug, das unbefugt auf einem Privatgrundstück in verbotener Eigenmacht abgestellt wird, im Auftrag des Grundstücksbesitzers aufgrund berechtigter Selbsthilfe entfernt, entspricht dies dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters. Denn mangelt es an Anhaltspunkten, so ist als mutmaßlicher Wille der Wille anzusehen, der dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Der Fahrzeughalter ist ihm daher nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ersatz der für die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten des Abschleppens verpflichtet. Inhaltsverzeichnis

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