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RA Digital - 06/2017

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300 Referendarteil:

300 Referendarteil: Zivilrecht RA 06/2017 Diese Formulierung des LG Aachen ist zwar dogmatisch zweifelhaft, denn wenn ein Anspruch gem. § 275 I BGB bereits ausgeschlossen ist, kommt es auf die Einrede nach § 439 III 3 2. Hs. BGB nicht an, sie ist aber im Hinblick auf die drohende Berufung als alternative Hilfsbegründung in der Praxis nicht unüblich. Unmöglichkeit der Nachlieferung, da das Modell nicht mehr hergestellt wird und im Übrigen ebenfalls mangelhaft wäre. Das aktuelle Modell gehört nach Ansicht des LG Aachen nicht mehr zur selben Gattung und muss daher nicht nachgeliefert werden. Vergleiche zur Abgrenzung von § 434 III BGB: KG, Urteil vom 27.10.2011, 23 U 15/11 und LG Hagen, Urteil vom 07.10.2016, 9 O 58/16 Lies zu § 439 I 2. Alt BGB: BGH, Urteil vom 17.10.2012, VIII ZR 226/11, Urteil vom 15.07.2008, VIII ZR 211/07 Leistungsverweigerungsrecht, da die Kosten einer Neulieferung unverhältnismäßig wären Wesentlicher Gesichtspunkt für die Unverhältnismäßigkeit ist nach Auffassung des LG Aachen die Tatsache, dass der Kläger kei-nen Wertersatz für die Nutzung des mangelhaften PKWs leisten müsste. Fassen Sie sich bei den Nebenentscheidungen kurz, wenn diese unproblematisch sind. Jedoch ist der Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeuges nach § 275 I BGB sowie nach § 439 III BGB ausgeschlossen. Der Beklagten ist eine Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs, das mit dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug in allen Merkmalen übereinstimmt, unmöglich im Sinne des § 275 I BGB. Denn das Modell wird nicht mehr hergestellt und selbst soweit die Beklagte noch im Besitz von gleichartigen Fahrzeugen sein sollte, wären diese ebenfalls mit der Manipulationssoftware ausgestattet und wiesen damit gleichermaßen einen Sachmangel auf (s.o.). Die Beklagte ist auch im Rahmen des vorliegenden Gattungskaufes nicht verpflichtet, dem Kläger ein Ersatzfahrzeug aus seiner neuen Modellreihe zu liefern, weil dieses nicht zu der geschuldeten Gattung gehört. Denn geschuldet ist im Rahmen des § 439 I 2. Alt BGB die nochmalige Erfüllung der ursprünglich vom Verkäufer geschuldeten Leistung, mithin ist an Stelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu liefern, nicht mehr und nicht weniger. Indes verfügt der VW Tiguan in der nunmehr auf dem Markt verfügbaren zweiten Generation über eine geänderte Motorisierung und hält die strengere Euro-6-Norm ein und erweist sich bereits deshalb nicht als gleichartig und gleichwertig. Zudem wäre eine Neulieferung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, sodass die Beklagte die klägerseits gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 III BGB verweigern durfte. Im Falle der Nachlieferung müsste die Beklagte dem Kläger einen Neuwagen übereignen und erhielte den streitgegenständlichen, bereits mehr als sechs Jahre alten Wagen zurück. Durch den Zeitablauf und die Nutzung hat das Fahrzeug erheblich an Wert verloren. In Höhe der Differenz zwischen dem Wert beider Fahrzeuge entstünde der Beklagten ein erheblicher Schaden, weil der Kläger als Verbraucher nach §§ 474 V S. 1, 439 IV, 346 I BGB nicht zur Leistung von Wertersatz für die zwischenzeitliche Nutzung verpflichtet wäre. Demgegenüber ist der Aufwand für die Durchführung der vom KBA genehmigten Nachbesserungsmaßnahme erfahrungsgemäß lediglich mit einem überschaubaren Aufwand verbunden. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass der Mangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs isoliert betrachtet für ihn erhebliche Bedeutung hat. Ihm ist in solch einer Situation aber durchaus zuzumuten, zunächst das Software-Update aufspielen zu lassen und dann nach ggf. Erfolglosigkeit der Nacherfüllungsbemühungen Sekundärgewährleistungsrechte gegen die Beklagte geltend zu machen. Jura Intensiv Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 S. 1 ZPO. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 06/2017 Referendarteil: Zivilrecht 301 Problem: Verkehrssicherungspflicht; kausale Schäden Einordnung: DeliktsR, Beweisaufnahme OLG Frankfurt Urteil vom 13.03.2017, 4 U 158/16 EINLEITUNG Das OLG Frankfurt musste sich mit dem durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung verursachten Schaden befassen. Streitig war allerdings nicht die Pflichtverletzung selbst, sondern vielmehr die Frage des entgangenen Gewinns. TATBESTAND Die Klägerin begehrt mit der Klage von der Beklagten Schadensersatz aufgrund einer Verletzung (Fraktur des Mittelfußknochens), die die Klägerin am 07.09.2013 auf einem von der Beklagten ausgerichteten Gartenfestival im Schloss S erlitten hat. Die Beklagte veranstaltete in der Zeit vom 05.09.2013 bis 08.09.2013 auf dem Gelände des Schlosses S das klassische Gartenfestival „Schloss S“. In diesem Rahmen eröffnete die Beklagte auch das Betreten der Bühne für Gäste, und zwar einerseits zur Benutzung der dahinter liegenden Toilette, aber auch zum Mittanzen auf der Bühne. Die Klägerin stürzte auf der zur Bühne führenden Treppe und brach sich hierbei den Mittelfußknochen. Dabei ist zwischenzeitlich unstreitig, dass der Teppich auf den Stufen zur Bühne nicht am Boden befestigt und teilweise sogar wellig war sowie über die abgerundeten Steintreppenstufen überstand und dass die Klägerin infolge des hohl liegenden Teppichs gestürzt ist. Wegen des Unfalls hat die Haftpflichtversicherung der Beklagten an die Klägerin vorgerichtlich ein Schmerzensgeld von 5.000 € gezahlt sowie der Klägerin Fahrtkosten, Zuzahlungen zu Behandlungen und medizinischem Material, und Haushaltsführungsschaden ersetzt. Jura Intensiv Die Klägerin behauptet, ihr sei aus ihrer selbständigen Tätigkeit als … Gewinn in Höhe von insgesamt 35.110,00 € entgangen. Grundlage hierfür sei, dass sie im Zeitraum vom 07.09.2013 bis 09.12.2013 bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden für die Firma A insgesamt 520 Stunden gearbeitet hätte, wofür sie 31.200,00 € erzielt hätte. Sie sei im Zeitraum vom 07.09. bis 09.12.2013 arbeitsunfähig gewesen und habe daher überhaupt nicht arbeiten können, auch nicht im Home-​Office. Für die Zeit nach der zweiten Operation am 18.06.2014 habe sie für sieben Tage á acht Stunden einen Verdienstausfall von 3.910,00 € erlitten. Ein Einleitungssatz kann dem leichteren Verständnis der Entscheidung dienen, wird aber nicht überall gerne gesehen. Fragen Sie hierzu Ihre Ausbilder! Im Ausgangsfall war erstinstanzlich auch streitig, ob die Klägerin wegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten gestürzt ist. Da dies in der Berufung nicht angegriffen wurde, wird es hier für Ausbildungszwecke als eine unstreitige Tatsache behandelt. Streitiges Klägervorbringen Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.110 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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