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RA Digital - 07/2016

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352 Zivilrecht

352 Zivilrecht RA 07/2016 K soll nicht an einen Mietvertrag gebunden sein, dessen Bedingungen er nicht selbst ausgehandelt hat und kennt. Vorrang der Individualabrede macht qualifizierte Schriftformklausel wirkungslos Kündigungsfrist bestimmt sich bei der ordentlichen Kündigung eines Gewerberaummietvertrags nach § 580a II BGB [42] Der Mieter kann sich auf die Unwirksamkeit der Schriftformklausel berufen mit der Folge, dass die späteren mündlichen Abreden gegenüber dem als Vermieter eingetretenen Erwerber wirksam sind. Könnte der Erwerber sich selber nicht auf die Unwirksamkeit der qualifizierten Schriftformklausel berufen, so wäre er für die gesamte restliche Vertragslaufzeit an den Vertrag gebunden einschließlich aller etwaigen mündlichen Änderungen, was § 550 BGB verhindern soll. Nach § 550 BGB soll der Erwerber gerade nicht länger als ein Jahr an einen Mietvertrag gebunden sein, dessen Bedingungen er nicht kennt“ c) Zwischenergebnis Die Mietverträge wurden inhaltlich wirksam geändert. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien in § 21 Ziffer 21.7 der Mietverträge eine qualifizierte Schriftformklausel vereinbart haben, wonach auch die Änderung der Schriftformklausel der Schriftform bedarf. Die Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 305b BGB wirkungslos. Der Vertrag gilt damit gem. §§ 578 I, 550 S. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte ordentlich gekündigt werden. 3. Kündigungsfrist Gem. § 580a II BGB ist bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahrs zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig. Vorliegend hat K die Kündigung am 09.02.2015 zum nächsten zulässigen Zeitpunkt, d.h. 30.09.2015 gekündigt. B. Ergebnis K steht gegen B seit dem 01.10.2015 ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Gewerberäume gem. § 546 I BGB zu. FAZIT Das KG Berlin hat im vorliegenden Fall die Revision zum BGH zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO). Die Frage der Wirksamkeit einer sog. qualifizierten Schriftformklausel in Gewerbemietverträgen ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Referendarteil: Zivilrecht 353 Speziell für Referendare Problem: Aufrechnung gegenüber einer titulierten Kostenerstattung Einordnung: Vollstreckungsrecht OLG Celle, Urteil vom 11.5.2016 7 U 168/15 EINLEITUNG Vollstreckungsabwehrklagen sind ein beliebter Klausurgegenstand im Assessorexamen, weil sie wichtige prozessuale Fragestellungen mit materiellrechtlichen Problemen verbinden. In der vorliegenden Entscheidung des OLG Celle war die dem materiellen Aufrechnungseinwand zugrunde liegende Forderung zwischen den Parteien unstreitig. Aus prozessrechtlichen Gründen war fraglich, ob der Kläger seine unstreitige Forderung gegen die Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss per Aufrechnung einwenden durfte, weil sie schon vor dem Verfahren bestanden hatte. Der Beklagte wiederum versuchte, diese Forderung durch Aufrechnung mit einer streitigen Forderung zu Fall zu bringen. TATBESTAND Die Parteien streiten im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage um die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss. Aufgrund eines vorangegangenen Rechtsstreits zwischen den Parteien ist zugunsten der Beklagten ein Kostenfestsetzungsbeschluss über 3.200 € ergangen, aus dem die Beklagte die Vollstreckung betreibt. Unstreitig steht dem Kläger aus einem weiteren Rechtsverhältnis zwischen den Parteien eine Forderung in Höhe von 4.050 € gegenüber der Beklagten zu. Der Kläger meint, er könne mit dieser Forderung auch noch nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses aufrechnen. Insoweit sei die Forderung der Beklagten aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erloschen und die Vollstreckung unzulässig. Der Kläger beantragt, 1. die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hildesheim vom 25.03.2015 - 10 O 74/14 - für unzulässig zu erklären; 2. die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Titels gem. Ziff. 1 herauszugeben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Jura Intensiv Die Beklagte rechnet ihrerseits gegenüber der Forderung über 4.050 € mit eigenen Forderungen aus einem weiteren Werkvertrag mit dem Kläger auf. Sie behauptet, nach der Schlussrechnungsprüfung der Beklagten ergebe sich zunächst ein Restbetrag des Klägers in Höhe von 1.342,50 €. Unter Ansatz weiterer Forderungen und einer Vertragsstrafe errechnet sich die Beklagte 5.540,57 €, weshalb eine Restforderung zu ihren Gunsten in Höhe von 4.198,07 € bestehen soll. LEITSÄTZE 1. Gegenüber einer im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Forderung ist grundsätzlich eine Aufrechnung unzulässig. Das gilt aber nicht, soweit es sich um rechtskräftig festgesetzte andere Kostenerstattungsansprüche oder unstreitige Gegenforderungen handelt. Denn im Kostenfestsetzungsverfahren ist die Berücksichtigung der Aufrechnung nicht möglich; der Rechtspfleger ist nicht befugt, mit der Folge des § 322 II ZPO über eine streitige Gegenforderung zu entscheiden. 2. Die Präklusionswirkung des § 767 II ZPO hindert nicht die Aufrechnung gegenüber der Forderung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 104 ZPO mit einem Anspruch, der vor Erlass des Beschlusses bereits bestanden hat. Hier gehören die Rechtsansichten in den Tatbestand, weil im Kern um die Präklusionswirkung gestritten wird und in den Entscheidungsgründen ausführliche Ausführungen zu § 767 II ZPO folgen. Prozessaufrechnung im Präsens, da sie nach wie vor fortwirkt. Weil die Aufrechnungstatsachen streitig sind, gehören sie in das streitige Beklagtenvorbringen. Streitiges Parteivorbringen im Konjunktiv Präsens. Tatsachenvortrag wird mit „behaupten“ eingeleitet, Rechtsauffassungen mit „meinen“ oder „ist der Rechtsauffassung“. Inhaltsverzeichnis

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