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RA Digital - 07/2016

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358 Referendarteil:

358 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2016 Prozessgeschichte II im Perfekt Ergebnis der Beweisaufnahme Verweisen Sie bzgl. Beweisbeschluss und Inhalt der Beweisaufnahme immer unter Angabe des Datums auf die konkreten Seitenzahlen der Akte. Obersatz: Zusammenfassung des Ergebnisses Regressanspruch aus dem Gesichtspunkt des Gesamtschuldnerausgleichs Präzise Bestimmung der Anspruchsgrundlage: Übergegangen ist nicht ein Anspruch aus § 7 StVG selbst, sondern ein Anspruch auf Ausgleich unter Gesamtschuldnern. Mehrere Schädiger bei einem Verkehrsunfall haften Dritten als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis bestehen dann Ausgleichsansprüche je nach Verursachungsbeitrag, Siehe auch Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. A., § 15 Rn. 36. Die Verantwortung von Halter und Fahrer eines KfZ verschmilzt zu einem einheitlichen Beitrag Beide bilden eine „Haftungseinheit“ beim Gesamtschuldnerinnenausgleich. Tatbestandsvoraussetzungen § 7 I StVG nach Die Beklagten hätten beweisen müssen, dass allein der Versicherungsnehmer der Klägerin den Unfall verursacht hat. Zuerst zu prüfen bei der Beweisstation: Besteht ein Anscheinsbeweis? Das Gericht hat den Beklagten zu 1 persönlich angehört und Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 13.10.2015 (Bl. 160 d.A.) durch Vernehmung des Zeugen Z. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.12.2015 (Bl. 173 ff. d.A.) Bezug genommen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die zulässige Klage ist in der Hauptsache begründet und hinsichtlich der geltend gemachten Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1 und 3 einen Regressanspruch in Höhe von 18.984,24 € aus §§ 426 I BGB, 17 StVG. Soweit die Klägerin in ihrer Klageschrift als Anspruchsgrundlage die §§ 7, 18 StVG aus übergegangenem Recht anführt, übersieht sie, dass sie nicht Ersatz eines Schadens geltend macht, der ihrem Versicherungsnehmer selbst durch den Unfall entstanden ist. Vielmehr begehrt sie Regress dafür, dass sie als Haftpflichtversicherer ihres Versicherungsnehmers den Schaden des dritten Unfallbeteiligten, des Zeugen Z, reguliert hat. Insoweit kommt lediglich ein nach § 86 VVG auf die Klägerin als Versicherer übergegangener Ausgleichsanspruch ihres Versicherungsnehmers aus § 426 BGB in Betracht. Dabei wird § 426 BGB von § 17 I StVG überlagert, der als Sondervorschrift Regelungen über den Gesamtschuldnerausgleich zwischen mehreren unfallbeteiligten KFZ-Haltern für den Fall enthält, dass ein Dritter durch mehrere Fahrzeuge beschädigt wird und die Fahrzeughalter dem Dritten aus § 7 StVG gesamtschuldnerisch zum Schadensersatz verpflichtet sind. Soweit auch ein Fahrer nach § 18 I StVG zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, gilt nach § 18 III StVG § 17 I StVG auch im Verhältnis zwischen ihm und dem gegnerischen Halter/Fahrer, wobei zu beachten ist, dass bei einem Verkehrsunfall die Verantwortungsbeiträge von Halter und Führer jeder Seite zu einem einheitlichen Verantwortungsbeitrag verschmelzen. Der Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte zu 3 haften für den dem Zeugen Z entstandenen Schaden gesamtschuldnerisch aus § 7 I StVG. Denn das Fahrzeug des Zeugen Z ist bei dem Betrieb sowohl des Fahrzeugs des Versicherungsnehmers der Klägerin als auch des LKW der Beklagten zu 3 beschädigt worden, ohne dass der Unfall durch höhere Gewalt im Sinne des § 7 II StVG verursacht worden wäre. In die gesamtschuldnerische Haftung mit einbezogen ist der Beklagte zu 1, der nach § 18 I 1 StVG ersatzpflichtig ist. Jura Intensiv Eine Haftung der Beklagten scheidet nicht deshalb aus, weil der Unfall allein von dem Versicherungsnehmer der Klägerin verschuldet und verursacht worden wäre. Den entsprechenden Beweis haben die Beklagten nicht erbracht. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht nicht bereits aufgrund eines etwaigen Anscheinsbeweises fest, dass die Kollision im Rahmen eines Spurwechsels des Versicherungsnehmers der Klägerin erfolgt ist. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Referendarteil: Zivilrecht 359 „[29] Bei der Benutzung eines Beschleunigungsstreifens auf der Autobahn gilt § 18 III StVO. Danach hat auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn - zu der die Beschleunigungsstreifen nicht gehören - Vorfahrt, die von dem von der Beschleunigungsspur Einfädelnden zu beachten ist. Der Anscheinsbeweis erlaubt bei typischen Geschehensabläufen den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs oder eines schuldhaften Verhaltens ohne exakte Tatsachengrundlage allein aufgrund von Erfahrungssätzen. Zwar mag dann, wenn feststeht, dass sich der Unfall im Rahmen des Einfädelns von der Beschleunigungsspur auf die Autobahn ereignet hat, der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Einfädelnden sprechen…. Ist jedoch wie hier streitig, ob sich der Unfall auf dem Beschleunigungsstreifen oder auf der Fahrbahn der Autobahn ereignet hat, scheidet die Annahme eines Anscheinsbeweises dafür, dass der auf der Beschleunigungsspur befindliche PKW einen Fahrbahnwechsel vorgenommen und sich der Unfall demnach auf der Fahrspur der Autobahn vollzogen hat, nach Auffassung des Senats aus.“ Denn Grundlage eines Anscheinsbeweises ist es, dass die den Anscheinsbeweis tragenden Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind. Dies wäre hier, dass sich der Unfall beim Spurwechsel des Versicherungsnehmers der Klägerin ereignet hat. Gerade dies ist aber zwischen den Parteien streitig. Da für den von den Beklagten behaupteten Fahrspurwechsel des Versicherungsnehmers der Klägerin kein Anscheinsbeweis spricht, würde eine Haftung der Beklagten nur dann vollständig entfallen können, wenn sie den von ihnen behaupteten Geschehensablauf zur Überzeugung des Gerichts bewiesen hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr ist nach Anhörung des Beklagten zu 1 und der Vernehmung des Zeugen Z offen, ob sich der Unfall wie von den Beklagten behauptet ereignet hat, insbesondere, wo genau der Unfall stattgefunden hat. Jura Intensiv Sowohl in der Klageschrift als auch in der Klageerwiderung wurde zwar vorgetragen, der Kläger habe den Beschleunigungsstreifen befahren und der Beklagte zu 1 die rechte Spur der BAB y. Allerdings hat der Beklagte zu 1 im Rahmen seiner persönlichen Anhörung bekundet, der Unfall habe sich ereignet, als es schon eine durchgezogene Linie gegeben habe. Dann müsste der Versicherungsnehmer der Klägerin aber von rechts über den Standstreifen gekommen und über eine durchgezogene Linie auf die rechte Spur der Autobahn gefahren sein, was bislang von keiner Partei behauptet worden ist. Hinzu kommt, dass die Beschleunigungsspur von der BAB x auf die BAB y nach Aussage des Zeugen Z, an dessen Glaubwürdigkeit der Senat keinen Zweifel hegt, zunächst zweispurig verläuft und dass die linke der beiden Spuren dann zur rechten Spur der BAB y wird. Dabei hat der Zeuge Z bekundet, dass der auf der BAB y befindliche LKW des Beklagten zu 1 auf die rechte Spur der BAB y - die zunächst die linke Beschleunigungsspur war - gewechselt ist. Die Verkehrsregeln aus der StVO sind als Sorgfaltspflichten die Grundlage für die Beurteilung des Verschuldens hinsichtlich des Verkehrsunfalls. Anscheinsbeweis zulasten des auf die Autobahn Einfädelnden Ein sehr häufiger Fehler: Auf einen Anscheinsbeweis kann nur zurückgegriffen werden, wenn die ihm zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind. Mangels Anscheinsbeweises müsste der behauptete Geschehensablauf bewiesen werden. Besonderheit hier: Nach den Schriftsätzen wäre der Hergang unstreitig. Allerdings wurde er durch die Parteianhörung, die weiteren Vortrag darstellt, streitig. Darstellung der Ausführungen des Beklagten zu 1 und des Zeugen Wird einem Beweisantrag nicht nachgegangen, sind Ausführungen nötig, warum dies nicht erforderlich war. Inhaltsverzeichnis

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