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RA Digital - 07/2017

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346 Zivilrecht

346 Zivilrecht RA 07/2017 darf diese an den Zessionar befreiend leisten; ferner erstreckt sich eine solche Abtretung im Zweifel auch auf das Recht zur Kündigung des Versicherungsverhältnisses.“ Bezug zum Sachverhalt: K unterschrieb die Abtretungsanzeige. S legte diese Anzeige der B vor, wodurch B Kenntnis von der Abtretungsanzeige erlangte. Die Frage, ob § 409 BGB auch dann Anwendung findet, wenn die Abtretung gem. § 134 BGB „nichtig“ und nur „unwirksam“ ist, wird vom OLG Karlsruhe bejaht. Nichtigkeit ist die schärfste Form der Unwirksamkeit, weil sie von Anfang an wirkt. Darstellung der beiden Fallgruppen, bei denen § 409 BGB keine Anwendung findet Sinn und Zweck des § 32 KWG Eine grundsätzliche Nichtanwendung des § 409 BGB bei einer nichtigen Abtretung gem. § 134 BGB würde den Schuldnerschutz leerlaufen lassen. K hat B vorliegend schriftlich die Abtretung seiner Rechte an die S-GmbH angezeigt. B durfte daher grds. auf die Wirksamkeit der von der S-GmbH ausgesprochenen Kündigung vertrauen und an diese befreiend leisten. Zu prüfen ist jedoch, ob § 409 BGB einschränkend auszulegen ist, falls die Abtretung wie hier gegen § 32 KWG i.V.m. § 134 BGB verstieß und deshalb unwirksam war. „II.1.2.1. Die Auffassung, im Rahmen des § 409 BGB sei zwischen einer „unwirksamen“ und einer „nichtigen“ Abtretung zu differenzieren und Schuldnerschutz im letzteren Falle zu versagen, findet im Gesetz keine Stütze. Es ist eine reine Frage der formalen Gesetzestechnik, ob eine Abtretung nach § 134 BGB „nichtig“ oder z.B. nach § 307 BGB „unwirksam“ ist (im letzteren Fall ist § 409 BGB unproblematisch anwendbar). II.1.2.2. Soweit nach der Kommentarliteratur § 409 BGB unanwendbar sein und kein Schuldnerschutz bestehen soll, wenn die Abtretung „gegen ein gesetzliches Verbot verstößt“, ist diese Formulierung zu weit. Die Analyse der Entscheidungen, die in der Kommentarliteratur zitiert werden, um die Unanwendbarkeit des § 409 BGB im Falle des § 134 BGB zu begründen, ergibt vielmehr, dass § 409 BGB im Falle eines Abtretungsmangels nur in zwei Konstellationen unanwendbar ist, nämlich wenn - 1. Fallgruppe - die Forderung ihrem Inhalt nach einem dinglichen Abtretungsverbot i.S.v. § 400 BGB unterliegt oder wenn - 2. Fallgruppe - der Forderungsbetrag nach Wertung des Gesetzgebers dem Vermögen des Abtretenden zufließen und dies Vorrang vor dem Schuldnerschutz haben soll, insbesondere im Falle fehlender Verfügungsbefugnis gem. §§ 21 II Nr. 2 InsO oder § 80 InsO. II.1.2.3. Die von K im vorliegenden Fall geltend gemachten Abtretungsmängel fallen hingegen nicht unter die o.g. Fallgruppen. § 32 KWG bezweckt kein dingliches Abtretungsverbot oder eine Privilegierung des Zedentenvermögens. [Die Norm soll] vielmehr die betroffene Verhaltensweise des Zessionars (genehmigungsloses Betreiben von Bankgeschäften) unterbinden. Jura Intensiv II.1.2.4. Ließe man hingegen jeglichen aus § 134 BGB folgenden Abtretungsmangel genügen, um dem Schuldner ohne Rücksicht auf seine Gutgläubigkeit den Schutz des § 409 BGB zu versagen, so würde der mit der Vorschrift bezweckte Schuldnerschutz weitgehend verfehlt. Die Vorschrift des § 409 BGB ist sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Fälle anwendbar, in denen die Abtretung unwirksam ist, es sei denn, der Gesetzgeber stellt - wie in den beiden o.g. Fallgruppen - andere Interessen über diejenigen des Schuldners. Der Schuldner, der den zur Unwirksamkeit führenden Sachverhalt regelmäßig nicht kennt bzw. nicht sicher rechtlich zu bewerten vermag, soll sich auf die Richtigkeit der angezeigten Abtretung verlassen können und an den neuen Gläubiger schuldbefreiend leisten dürfen. Die Liberationswirkung des § 409 BGB endet erst dort, wo die fehlende Legitimation des Scheinzessionars ganz offensichtlich ist und der Schuldner bei einer Verweigerung der Leistung praktisch Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2017 Zivilrecht 347 keinerlei Risiko eingeht, bzw. dort, wo der Schuldnerschutz vom Gesetzgeber bewusst anderen Interessen untergeordnet wird. [Eine andere Auffassung] liefe hingegen darauf hinaus, dass der Schuldner, dem eine Abtretung angezeigt wird, sich hierauf praktisch nie verlassen könnte, da ihm der sichere Ausschluss aller unter § 134 BGB fallender Nichtigkeitsgründe in den seltensten Fällen möglich sein wird. Eine solche - praktisch unerfüllbare - Prüfungsobliegenheit des Schuldners soll § 409 BGB gerade vermeiden. Sie würde den Schuldner in der Regel zwingen, die Leistung an den Zessionar vorsichtshalber zu verweigern, und ihn damit in einen praktisch aussichtslosen Prozess treiben. II.1.2.5. Eine teleologische Reduktion des § 409 BGB ist demnach nur geboten, soweit die Forderung einem spezifischen gesetzlichen Abtretungsverbot unterliegt oder der Abtretende nicht verfügungsbefugt ist bzw. ihm der Forderungswert aus Gründen zufließen soll, die der Gesetzgeber über die Belange des Schuldnerschutzes stellt. In der hier vorliegenden Konstellation ist § 409 BGB hingegen anwendbar.“ B kann sich damit im vorliegenden Fall auf die Schuldnerschutzvorschrift des § 409 BGB berufen. Die Schutzwirkung des § 409 BGB bewirkt, dass B den Rückkaufswert i.H.v. 13.171 € befreiend an die S-GmbH leisten konnte. „II.1.4. Mitumfasst von der Schutzwirkung des § 409 BGB ist jedoch auch, dass B auf die Wirksamkeit der von der S-GmbH erklärten Kündigung vertrauen durfte. Denn durch die Abtretung tritt der Zessionar nach § 398 S. 2 BGB in Ansehung der Forderung in jedem Sinne, auch bezüglich des Kündigungsrechts, an die Stelle des bisherigen Gläubigers, also des Versicherungsnehmers. Darf der Schuldner somit auf die Abtretung einer Forderung vertrauen, so darf er auch auf die Berechtigung des Zessionars bezüglich der Gestaltungsrechte vertrauen, die zur Geltendmachung der Forderung ausgeübt werden müssen. K hat B - vermittelt durch die S-GmbH - auch die Übertragung des Kündigungsrechts angezeigt und seine unwiderrufliche Zustimmung zu einer Kündigung erteilt, so dass er gem. § 413 BGB i.V.m. § 409 I BGB die von der S-GmbH erklärte Kündigung des Lebensversicherungsvertrages gegen sich gelten lassen muss, auch wenn die Übertragung des Kündigungsrechts nicht wirksam erfolgt sein sollte. Der Anspruch auf den Rückkaufswert ist durch die schuldbefreiende Leistung der Beklagten an die S. Erloschen.“ Jura Intensiv Zessionar soll eben nicht die Wirksamkeit der Abtretung nach § 134 BGB prüfen müssen. Teleologische Reduktion des § 409 BGB nur in wenigen Ausnahmefällen geboten B konnte gem. § 409 BGB befreiend leisten Der Schutz des § 409 BGB (i.V.m. § 413 BGB) umfasst auch, dass B auf die Wirksamkeit der von der S-GmbH ausgesprochenen Kündigung vertrauen durfte. Mithin besteht das Versicherungsverhältnis zwischen K und B nicht weiter fort. FAZIT Innerhalb des § 409 BGB ist grundsätzlich unbeachtlich, ob die Abtretung gem. § 134 BGB „nichtig“ oder z.B. gem. § 307 BGB „unwirksam“ ist. Der Schuldner kann auch in ersterem Fall befreiend an den Scheingläubiger leisten und gem. §§ 413, 409 I BGB auf die Wirksamkeit erklärter Gestaltungsrechte vertrauen. Beachtung verdienen hingegen die o.g. Ausnahmen, für die die Rechtsprechung Fallgruppen gebildet hat. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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