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RA Digital - 07/2017

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358 Referendarteil:

358 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2017 Sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie … zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Anspruchsgrundlage: § 19 BNotO Amtspflichtverletzung war hier unproblematisch zu bejahen Vgl. zum Übergehen von Nebenrechten: Staudinger/Busche, BGB, § 401, Rn 3, 28 ff. und MünchKomm/ Roth/Kieninger, BGB, § 401, Rn 7 ff. Zum Übergehen unselbständiger Bestandteile Staudinger/Busche aaO. Voraussetzungen für das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs, BGH, Urteil vom 23.03.1987, II ZR 190/86 und vom 09.12.1999, IX ZR 129/99 Bei dem Zedenten, dem Sohn, war ein übertragbarer Schadensersatzanspruch eingetreten. Wegen der fehlenden Vormerkung war der Wert des Optionsrechts gemindert – aber diesen Schaden macht die Klägerin nicht geltend. Sie verlangt Ersatz des entgangenen Gewinns aus einer nach Ausübung des Optionsrechts beabsichtigten Weiterveräußerung. Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch aus § 19 I S. 1 BNotO, auch wenn dieser seine Amtspflichten dadurch verletzt hat, dass er es unterlassen hat, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Sohnes der Klägerin gemäß § 10 des in dem Optionsvertrag enthaltenen Grundstückskaufvertrags zu bewirken (§ 53 BeurkG). Grundsätzlich verfügt die Klägerin nicht über einen originären Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus § 19 I 1 BNotO, der weder als Nebenrecht im Sinne des § 401 BGB noch als unselbständiger Bestandteil des abgetretenen Optionsrechts auf die Klägerin übergegangen ist, da ein solcher noch nicht entstanden war. Zwar war ein solcher Schadensersatzanspruch in der Person des Sohnes der Klägerin nicht nur im Ansatz angelegt, sondern bereits entstanden, nachdem der Beklagte es unstreitig und pflichtwidrig unterlassen hatte, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten zu bewirken (§ 53 BeurkG). „II.2.a) Ein Schadensersatzanspruch ist dann entstanden, wenn ein Schaden dem Grunde nach eingetreten ist, auch wenn seine Höhe noch nicht beziffert werden kann. Dies setzt voraus, dass sich die Vermögenslage des Gläubigers objektiv verschlechtert hat; eine bloße Vermögensgefährdung genügt noch nicht. Der Sohn der Klägerin verfügte aufgrund des mit W. geschlossenen Vertrags über das Recht, eine Option dahin auszuüben, den Erwerb der fraglichen Grundstücke in beurkundeter Form zu erklären, und damit über ein verkehrsfähiges und insofern werthaltiges Recht. Dieses konnte nach Übergang des Eigentums an den Grundstücken auf den Sohn des Verkäufers ohne die vorgesehene und von dem Beklagten zu bewirkende vorhergehende Absicherung des Optionsberechtigten im Grundbuch nicht mehr zum ursprünglichen Wert veräußert werden, weil dadurch die Möglichkeit eines auf diese Weise beabsichtigten Eigentumserwerbs nicht mehr gesichert war. Bei dieser Sachlage war bei dem Sohn der Klägerin insoweit bereits ein Schaden eingetreten, so dass er den darauf beruhenden Anspruch auf die Klägerin übertragen konnte.“ Jura Intensiv Indessen macht sie einen solchen Schadensersatzanspruch wegen der ihrem Sohn genommenen Möglichkeit einer werthaltigen Übertragung des Optionsrechts nicht geltend. Sie verlangt vielmehr Ersatz entgangenen Gewinns für die von ihr nach einer Ausübung des Optionsrechts beabsichtigte Weiterveräußerung der Grundstücke. Ein derartiger Schaden ist jedoch von der ihr abgetretenen Forderung nicht mit umfasst, sondern stellt einen nach Inhalt, Umfang und zugrunde liegendem Lebenssachverhalt anderen Gegenstand der Forderung dar. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2017 Referendarteil: Zivilrecht 359 Er unterscheidet sich inhaltlich davon und geht weit darüber hinaus, so dass er ein aliud darstellt. Ein solcher Schaden war bei ihrem Sohn auch nicht im Grunde bereits angelegt und hätte in seiner Person auch nicht entstehen können. Nach dem unstreitigen Beklagtenvortrag war er weder zum Zeitpunkt der Abtretung noch zu einem späteren Zeitpunkt in der Lage, das Optionsrecht auszuüben und die Grundstücke zu erwerben. Denn ihm fehlten zum einen die finanziellen Mittel, zum anderen wäre ihm auch keine Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz für den Ankauf der Grundstücke erteilt worden. Für diese Beurteilung sprechen auch Schutzzweckgesichtspunkte. Die notarielle Amtspflicht aus § 53 BeurkG kann zwar grundsätzlich auch drittschützend sein. Zum Kreis der dadurch geschützten Personen können danach nicht nur unmittelbar oder mittelbar an der Beurkundung Beteiligte gehören, sondern auch solche Personen, deren Interessen durch das Urkundsgeschäft nach dessen Art und Zweck berührt sind. Die Klägerin kann jedoch nicht zu diesem Personenkreis gezählt werden, denn zum Zeitpunkt der Beurkundung bestand nur eine allgemeine Möglichkeit der Abtretung des Optionsrechts, ohne dass die Klägerin bereits konkret als Zessionarin in Betracht gekommen wäre. Jedenfalls aber kann von dem hier maßgeblichen Schutzbereich nicht jeder beliebige Schaden eines Zessionars erfasst sein, sondern nur ein solcher, der in der Person des Zedenten bereits entstanden oder zumindest angelegt war und der auch bei dem Zedenten hätte entstehen und sich entwickeln können, nicht dagegen ein gänzlicher anderer und weit darüber hinaus gehender Schaden, der nur in der Person des Zessionars eintreten konnte. Entgegen der Aufassung der Klägerin kann ein dem Grunde nach angelegter Anspruch auf Schadensersatz nicht bereits dann abgetreten werden, wenn der geltend gemachte Schaden bei der Zession zwar nicht in der Person des Zedenten bestanden habe, aber in der Person des Zessionars habe entstehen können. Jura Intensiv „II.2.d) aa) In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass Forderungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und der Entstehung übertragbar sind, so dass auch die Abtretung künftiger (aufschiebend bedingter) Ansprüche möglich ist. Voraussetzung für die Abtretung künftiger Forderungen ist, dass diese, wie generell im Abtretungsrecht, individuell hinreichend bestimmt oder bestimmbar sind. Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt der Abtretung der anspruchsbegründende Tatbestand (Rechtsgrund) für den künftigen Anspruch, wie etwa bei Anwartschaftsrechten oder Dauerschuldverhältnissen, schon gelegt ist (künftige Forderung im weiteren Sinn) oder wenn das Rechtsverhältnis oder die Rechtsgrundlage, aus der der künftige Anspruch erwachsen soll, noch nicht besteht, gleichwohl aber die Entstehung der Forderung zur Zeit der Abtretung jedenfalls möglich erscheint (künftige Forderung im engeren Sinn), wie zum Beispiel bei Forderungen aus erst abzuschließenden Austauschverträgen oder bei gesellschaftsrechtlichen Vermögensansprüchen. Erforderlich für eine Abtretung künftiger Forderungen ist danach, dass deren tatbestandliche Voraussetzungen schon in der Person des Zedenten vollständig zumindest angelegt waren oder jedenfalls die Möglichkeit besteht, dass sie sich bei ihm ohne die Abtretung ebenfalls erfüllen könnten.“ Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden ist so unterschiedlich und weiterreichend, dass er ein aliud zum beim Sohn angelegten Schaden darstellt. Die Klägerin als Zessionarin war nicht von der Amtspflicht des § 53 BeurkG geschützt. BGH, Urteil vom 18.11.1999, IX ZR 402/97 Schutzbereich umfasst nur solche Schäden, die auch beim Zedenten entstehen könnten Die Kernthese der Entscheidung: Für die Übertragbarkeit eines zukünftigen Anspruchs genügt es nicht, wenn dieser lediglich in der Person des Zessionars entstehen könnte. Aufschiebend bedingte Ansprüche können abgetreten werden, wenn sie hinreichend bestimmt oder bestimmbar sind. s. hierzu Staudinger/Busche, BGB, § 398, Rn 63 f; BeckOGK/Lieder, BGB, § 398, Rn 150; vgl. auch BGH, Urteil vom 20.03.1997, IX ZR 71/96 sowie vom 29.11.2007, IX ZR 30/07 zur Globalzession © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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