Aufrufe
vor 5 Jahren

RA Digital - 07/2018

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Auflage
  • Recht
  • Anspruch
  • Entscheidung
  • Urteil
  • Stgb
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

354 Zivilrecht

354 Zivilrecht RA 07/2018 Problem: Anspruch auf Vorlage eines Grundschuldbriefs gem. § 896 BGB Einordnung: Immobiliarsachenrecht LG Münster, Urteil vom 18.05.2018 8 O 298/16 LEITSATZ (DER REDAKTION) 1. § 896 BGB gewährt dem Gläubiger des aus § 894 BGB folgenden Anspruchs auf Grundbuchberichtigung einen formellen Hilfsanspruch, der die Vorlage des Briefes bei dem Grundbuchamt (und nicht die Herausgabe an den Anspruchsgläubiger) zum Inhalt hat. 2. § 896 BGB ist anders als § 895 BGB keine bloße Erweiterung des (dinglichen) Anspruchs aus § 894 BGB, sondern ein eigenständiger schuldrechtlicher Anspruch. EINLEITUNG Ist zur Berichtigung des Grundbuchs die Vorlegung eines Grundschuldbriefs erforderlich, so kann derjenige, zu dessen Gunsten die Berichtigung erfolgen soll, gem. § 896 BGB vom Besitzer des Briefes verlangen, dass der Brief dem Grundbuchamt vorgelegt wird. Zusätzlich zu der Erweiterung des § 895 BGB erstreckt § 896 BGB damit den Anspruch des § 894 BGB auf die Erlangung der Mittel, die zur Schaffung der Eintragungsvoraussetzungen gem. §§ 41, 42 GBO erforderlich sind. SACHVERHALT (LEICHT ABGEWANDELT) Im Jahr 2015 beabsichtigt K von T ein Grundstück zu erwerben. Für das Grundstück ist die Zwangsversteigerung angeordnet. Auf dem Grundstück lastet mit der laufenden Nr. 6 eine Briefgrundschuld des Beklagten (B) mit einem Nennwert von 100.000 €. Die Briefgrundschuld sichert ein Darlehen in gleicher Höhe ab, das B dem T aufgrund finanzieller Probleme gewährt hatte. Der Nennwert aller Grundpfandrechte, die der Briefgrundschuld des B im Rang vorgehen, beläuft sich auf insgesamt 315.000 €. Da K das Grundstück lastenfrei erwerben möchte, wird vor Abschluss des Kaufvertrags mit den Grundpfandgläubigern abgestimmt, dass diese Löschungsbewilligungen erteilen. Am 20.05.2015 erscheint B gemeinsam mit T bei Notar N und gibt dort mit entsprechendem Erklärungsbewusstsein eine Löschungsbewilligung für die Briefgrundschuld ab. Unmittelbar im Anschluss daran werden der Kaufvertrag sowie die Auflassung des Grundstücks notariell beurkundet. Mit Schreiben vom 07.07.2015 stellt N den im notariellen Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis fällig. Hierbei übersieht er allerdings, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen noch nicht vorliegen, da B ihm den Grundschuldbrief nicht übersandt hat. Am 18.07.2016 tritt T seinen Herausgabeanspruch bzgl. des Grundschuldbriefs an K ab. K verlangt von B den Grundschuldbrief dem Grundbuchamt vorzulegen. Hilfsweise verlangt K den Grundschuldbrief an ihn herauszugeben. Zu Recht? Jura Intensiv Prüfungsvermerk: Bei Abgabe der Löschungsbewilligung am 20.05.2015 war B bewusst, dass die Grundschuld nicht mehr das von ihm gewährte Darlehen sichert und war daher mit der Aufhebung der Grundschuld einverstanden. PRÜFUNGSSCHEMA A. K gegen B gem. § 896 BGB B. K gegen B gem. § 985 BGB C. K gegen B gem. § 398 BGB i.V.m. § 311 I BGB I. Bestehen der Forderung II. Einigung zwischen K und T III. Ergebnis Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2018 Zivilrecht 355 LÖSUNG A. K gegen B gem. § 896 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Vorlage des Grundschuldbriefs beim Grundbuchamt gem. § 896 BGB haben. Ist zur Berichtigung des Grundbuchs die Vorlegung eines Grundschuldbriefs erforderlich, so kann derjenige, zu dessen Gunsten die Berichtigung erfolgen soll, vom Besitzer des Briefes verlangen, dass der Brief dem Grundbuchamt vorgelegt wird. Der Vorlageanspruch setzt folglich voraus, dass der Anspruchsteller Inhaber eines Grundbuchberichtigungsanspruchs gem. § 894 BGB ist. Dazu müsste der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang stehen. Das Grundbuch darf die bestehende dingliche Rechtslage nicht richtig wiedergeben. Das Bestehen eines bloß schuldrechtlichen Anspruchs auf Herstellung des einzutragenden Zustands führt nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs. „[26] K kann keinen Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen, da das Grundbuch im Hinblick auf die dort nach wie vor eingetragene Grundschuld des B nicht unrichtig ist. Insbesondere hat B nicht wirksam auf die Grundschuld verzichtet, was gem. §§ 1192 I, 1168 I BGB zur Folge gehabt hätte, dass sie auf den Eigentümer übergegangen wäre. Unabhängig davon, ob B überhaupt eine Verzichtserklärung abgegeben hat, bedarf der Verzicht gem. § 1168 II 1 BGB der Eintragung in das Grundbuch. Ohne Eintragung bleibt der Verzicht wirkungslos. Unstreitig wurde eine solche rechtsändernde Eintragung - Voraussetzung für die anschließende Berichtigung des Grundbuchs durch Umschreibung der Grundschuld auf den Eigentümer - weder bewilligt noch beantragt oder gar eingetragen.“ K steht daher gegen B kein Anspruch auf Vorlage des Grundschuldbriefs beim Grundbuchamt gem. § 896 BGB zu. B. K gegen B gem. § 985 BGB K könnte gegen B jedoch einen Anspruch auf Herausgabe des Grundschuldbriefs gem. § 985 BGB haben. Dies setzt voraus, dass K Eigentümer des Grundschuldbriefs ist. Jura Intensiv „[28] Gem. § 952 I 1, II BGB steht das Eigentum an einem Grundschuldbrief dem Inhaber der Grundschuld zu. Inhaber der Grundschuld ist jedoch nach wie vor B. Weder hat B wirksam dinglich auf die Grundschuld verzichtet, was den Übergang der Grundschuld auf den Eigentümer des Grundstücks zur Folge gehabt hätte, noch hat B die Grundschuld wirksam konkludent an K oder T abgetreten. Dem Parteivortrag lässt sich schon nicht entnehmen, dass B mit T oder K eine derartige Abtretungsvereinbarung getroffen hätte. Zudem erfordert §§ 1192 I, 1154 I 1 BGB die schriftliche Form der Abtretungserklärung sowie die Übergabe des Grundschuldbriefs. An Beidem fehlt es hier.“ Der Anspruch auf Vorlage des Grundschuldbriefs gem. § 896 BGB beim Grundbuchamt erfordert eine Inzidentprüfung des Berichtigungsanspruchs aus § 894 BGB. Kein Verzicht des B gem. §§ 1192 I, 1168 BGB auf die Grundschuld Keine Eintragung einer Verzichtserklärung gem. §§ 1192 I, 1168 II 1 BGB K ist nicht Inhaber der Grundschuld und damit auch nicht gem. § 952 I 1, II BGB der Eigentümer des Grundschuldbriefes. Eine Vindikationslage liegt daher nicht vor. K hat mithin keinen Anspruch gegen B auf Herausgabe des Grundschuldbriefs gem. § 985 BGB. C. K gegen B gem. § 398 BGB i.V.m. § 311 I BGB Zu prüfen bleibt damit, ob K gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Grundschuldbriefs aus abgetretenem Recht, d.h. einem schuldrechtlichen Anspruch des T gegen B aus der der Grundschuld zugrundeliegenden Sicherungsabrede gem. §§ 398 BGB i.V.m. § 311 I BGB hat. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats