Aufrufe
vor 5 Jahren

RA Digital - 07/2018

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Auflage
  • Recht
  • Anspruch
  • Entscheidung
  • Urteil
  • Stgb
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

364 Referendarteil:

364 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2018 Insoweit darf ein Eigentümer eine Überwachungskamera installieren, sofern diese ausschließlich auf sein eigenes Grundstück gerichtet ist. Die Beklagte hat dargetan, dass sie den eigenen Hauseingangsbereich im hinteren Grundstücksteil mit den Kameras überwacht. Eine Verurteilung zur vollständigen Beseitigung der Kameras würde diesem Recht der Beklagten entgegenstehen. Die Nebenentscheidungen sind hier etwas aufwändiger. Die Kostenverteilung bei Haupt- und Hilfsantrag ist ein stets examensrelevantes Problem, zu dem Ausführungen erwartet werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 ZPO i.V.m. § 45 I 2 GKG. Das Unterliegen der Kläger im Hauptantrag wirkte sich dabei auch auf die Kosten aus, da Haupt- und Hilfsantrag vorliegend wirtschaftlich nicht identisch waren und es damit gem. § 45 I 2 GKG zu einer Zusammenrechnung der Streitwerte für die Gebührenstreitwerte kam. Die mit dem Hauptantrag verlangte Beseitigung der Kameras war für die Kläger nicht mit dem im Hilfsantrag geäußerten Begehren, bei dem die Kameras unter Umständen bleiben können, vergleichbar. Daher waren die Kosten gegeneinander aufzuheben, da beide Anträge mit einem Gegenstandswert von 4.000 € zu beziffern sind (Anhaltspunkt aus § 23 III 2 RVG). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO. Die Sicherheitsleistung war mit 5.000 € zu beziffern, da zu dem Gegenstandswert des Antrags von 4.000 € noch ein Sicherheitszuschlag zu berücksichtigen war. FAZIT Niemand darf dem Nachbarn verbieten, dass dieser auf seinem eigenen Grundstück Videokameras installiert. Jedoch kann man verlangen, vom Nachbarn nicht gefilmt zu werden. Der Schuldner muss hierzu die geeigneten Maßnahmen treffen. Die dem Bestimmtheitsgebot des § 253 II ZPO genügende Abfassung des Unterlassungsantrags ist allerdings für den Anwalt genauso schwierig wie die Abfassung des Urteilstenors für den Richter. Aus anwaltlicher Sicht war es hier grundsätzlich richtig, Haupt- und Hilfsantrag zu stellen. Dass das Gericht beide Anträge als wirtschaftlich verschieden im Sinne des § 45 I 2 GKG ausgelegt hat, und es deshalb am Ende zur Kostenaufhebung kam, war nicht zwingend und damit Pech für die Kläger. Man hätte hier durchaus eine wirtschaftliche Teilidentität der Anträge gem. § 45 I 3 GKG begründen können, was zu einer anderen Kostenaufteilung geführt hätte. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2018 NEBENGEBIETE Nebengebiete 365 Handelsrecht Problem: Kein § 353 HGB bei deliktischen Ansprüchen Einordnung: Kaufmännische Fälligkeitszinsen BGH, Urteil vom 27.02.2018 7 ZR 121/17 EINLEITUNG Nach § 353 S. 1 HGB können Kaufleute für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften bereits von Fälligkeit an Zinsen fordern. Es ist fraglich, ob diese Regelung auch auf Schadensersatzansprüche zwischen Kaufleuten aus unerlaubter Handlung gem. § 823 I BGB anwendbar ist. SACHVERHALT Die Klägerin zu 2) produziert Fensterprofile aus Kunststoff. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1), einer Firmen-Holding. Diese ist Eigentümerin der Anlage und des Geländes, die sie an die Klägerin zu 2) verpachtet. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1) bestellte 1997 bei der Beklagten zu 2), die ihren Firmensitz in Italien hat, zwei Kunststoffmischer. Die Beklagte zu 2) lieferte diese an die Betriebsstätte der Klägerin zu 2) und wirkte an der Inbetriebnahme mit. Die Steuerung der beiden Mischer lieferte die Beklagte zu 1). Im Juli 2005 kam es zu einem Störfall an der Steuereinheit der Mischer. Die Klägerin zu 2) beauftragte die Beklagte zu 1), die Störungen zu beheben. Der sich im Betrieb befindliche Mischer schaltetet sich nicht ab, wodurch es zu einer Überhitzung des Kunststoffmaterials kam und Chlorwasserstoff austrat. Dieser bildete mit der Luftfeuchtigkeit Salzsäure, die sich im Gebäude auf den Geräten verteilte. Die Klägerinnen forderten die Beklagten im Juli 2009 unter Fristsetzung bis zum 05.08.2009 zum Ersatz des durch den Störfall entstandenen Schadens auf. Mit ihrer Klage verlangten die Klägerinnen neben den eigentlichen Schadensbeseitigungskosten und Verzugszinsen weitere Zinsen i.H.v. rd. 112.000 € aus dem Zeitraum vor dem 06.08.2009, also vor Beginn des Verzugs an die Klägerin zu 2) zu zahlen. Sie stützten diese Forderung auf § 353 S. 1 HGB. Jura Intensiv LEITSATZ (DES BEARBEITERS) Eine Geldschuld aus unerlaubter Handlung ist nicht gem. § 353 S. 1 HGB ab Fälligkeit zu verzinsen, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem beiderseitigen Handelsgeschäft entstanden ist. Das Landgericht gab der Schadensersatzklage weitgehend statt und wies aber den weiteren Zinsanspruch ab. Auf die Berufungen der Klägerinnen und Beklagten stellte das OLG mit Grundurteil fest, dass die Beklagten dem Grunde nach verpflichtet seien, der Klägerin zu 2) die Schäden zu ersetzen, die durch den Störfall entstanden seien. Die Beklagte zu 2) hafte nach § 823 I BGB. Der vertragliche Schadensersatzanspruch sei verjährt. Mit Urteil vom 22.02.2017 gab das OLG der Klage – auch hinsichtlich des weiteren Zinsanspruchs – statt. Die auf die Abweisung des weiteren Zinsanspruchs gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Sie führte insoweit zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats