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RA Digital - 07/2021

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Editorial

Editorial RA 07/2021 Entsorgungs- und Einbaukosten von mangelhaftem Baumaterial zu dieser Zeit vom Unterschied zwischen Verbrauchsgüterkauf und Kauf zwischen Unternehmern geprägt war, versuchten die Revisionskläger aus § 439 II BGB herzuleiten, was nunmehr im § 439 III BGB verortet ist – ohne Erfolg. Lesen sie die ausführliche Begründung dieser sehr examensrelevanten Entscheidung. Der Kampf ums Auto hat seine Ursache vor allem im Gegensatz der Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land. Wer in einer Großstadt wohnt, benötigt für Strecken unter 5 Kilometern kein Auto. Fit bis 100 heißt die Devise jener, die bis 70 arbeiten müssen. Das Fahrrad hilft beim täglichen Cardiotraining. Wer hingegen auf dem Land lebt, ist auf das Auto angewiesen, weil soziales Leben dort sonst nicht möglich ist. Die Entfernungen sind einfach zu groß. Anstatt solche simplen Fakten zur Kenntnis zu nehmen, tobt eine Art Kulturkampf. Dabei fühlen sich nicht nur die Stadtbewohner in den Altbauvierteln durch die Berufspendler genervt. Längst verärgern die so umweltbewussten und ums Klima besorgten Großstädter mit ihren Ausflügen aufs Land die dort Ansässigen. Die neuen schicken E-Bikes werden natürlich zunächst mit dem Auto zum Taunus, Spessart, Schwarzwald oder in die Röhn transportiert, um dann mit einer Geschwindigkeit die Waldwege der Mittelgebirge zu usurpieren, die sich mit Muskelkraft kaum erreichen ließe. Wer das für ein Klischee hält, möge unvoreingenommen mit Lokalpolitikern vor Ort sprechen. Der Leidensdruck steigt. Im Zuge dieses Kampfes geraten auch die Autobahnen als Demonstrationsorte ins Visier, was auf den ersten Blick lebensgefährlich wirkt. Der VGH Kassel stellt in seinem Beschluss vom 04.06.2021 fest, dass Autobahnen Versammlungsorte sein können, listet aber auch Kriterien zur Abwägung der Interessen der Demonstranten und der Verkehrsteilnehmer auf, die Sie auf Seite 370 nachlesen können. Ebenfalls betrifft der Beschluss des VG Bremen vom 28.04.2021 das Versammlungsrecht. Diese im Referendarteil auf Seite 373 verortete Entscheidung ist auch für das erste Examen relevant. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2021 Zivilrecht 337 ZIVILRECHT Problem: Kein Vorschussanspruch für die Nachlieferung Einordnung: Kaufrecht BGH, Urteil vom 07.04.2021 VIII ZR 191/19 EINLEITUNG Der vorliegende Fall spielt in der Zeit vor der Reform der kaufvertraglichen Mängelgewährleistung, die am 01.01.2018 in Kraft getreten ist. § 439 III BGB in der Fassung ab dem 01.01.2018 würde nach heutiger Rechtslage dem Kläger einen Anspruch auf Ersatz der Ausbau-, Entsorgungs- und Einbaukosten gewähren, weil diese Norm nicht zwischen Verbrauchsgüterkauf, Handelskauf oder einem Kauf zwischen Privatleuten unterscheidet. Eine entsprechende Vorschrift existierte aber zur Zeit des Kaufvertragsschlusses nicht. Die Teile des Urteils, welche die alte Rechtslage betreffen, haben wir kurz gehalten. Die anderen Teile des Urteils, nämlich die Frage, ob K als Verbraucher oder Unternehmer aufgetreten ist, sowie die Frage, ob man Vorschuss für die Kosten einer Ersatzlieferung begehren kann, sind hingegen aktuell und verdienen eine ausführliche Besprechung. SACHVERHALT K betrieb eine Tischlerei und stand deshalb mit der Holzhändlerin B in ständiger Geschäftsverbindung. Anfang des Jahres 2012 bestellte K bei B Hölzer („Brettschichtholz sibirische Lärche“) zur Sanierung der Terrasse und einer Außentreppe seines neben der Tischlerei gelegenen Privathauses. Der Außendienstmitarbeiter der B hatte Kenntnis, dass die Hölzer für das private Wohnhaus bestimmt waren. Dennoch richtete B die Auftragsbestätigungen sowie die Rechnungen an K mit dem Zusatz „Tischlerei“. Dem widersprach K nicht. Im Jahr 2015 beanstandete K zu Recht, an den Leimfugen der gelieferten und eingebauten Hölzer seien Risse aufgetreten und die Verleimung entspreche nicht der erforderlichen Nutzungsklasse. B entgegnete irrtümlich, das gelieferte Holz entspräche dem üblichen Standard. K holte daraufhin einen Kostenvoranschlag eines Unternehmens für Holzbau und Zimmerarbeiten ein. Dieser bemaß die Kosten des Rückbaus, des Neuaufbaus sowie der Lieferung neuer Hölzer auf insgesamt 10.891,18 € brutto. Auf letztere entfiel ein Teilbetrag von 2.138,75 € nebst Umsatzsteuer. K erhebt nach Mahnung der B im September 2015 Klage auf Zahlung eines Vorschusses für die im Kostenanschlag aufgeführten Kosten für Ausbau und die Entsorgung der verbauten Hölzer in Höhe von 8.752,43 € sowie für die Lieferung und den Einbau neuer Hölzer in einer witterungsbeständigen Qualität in Höhe von 2.138,75 €. B erhebt die Einrede der Verjährung. Zu Recht? LÖSUNG Jura Intensiv A. Anspruch des K gegen B auf Aufwendungsersatz in Höhe von 8.752,43 € gem. § 439 III BGB in Höhe von 8.752,43 € in der Fassung vom 01.01.2018 Ein Anspruch des K gegen B auf Aufwendungsersatz gem. § 439 III BGB unabhängig davon, ob es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, setzt gem. Art. 229 § 32 EGBGB voraus, dass der Kaufvertrag ab dem 01.01.2018 LEITSÄTZE 1. Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten privaten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Bestätigung von Senatsurteile vom 30. September 2009, BGH VIII ZR 7/09, vom 13. März 2013, VIII ZR 186/12). 2. Zu den Voraussetzungen eines im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs in Betracht kommenden Anspruchs des Verbrauchers auf einen Kostenvorschuss für noch nicht angefallene Kosten des Ausbaus einer mangelhaften Kaufsache und des Einbaus einer als Ersatz gelieferten Sache (Bestätigung von Senatsurteil vom 21. Dezember 2011, VIII ZR 70/08). 3. Ein Anspruch des Käufers auf Vorschuss für die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache besteht nicht (Bestätigung von Senatsurteil vom 21. Dezember 2011, VIII ZR 70/08). Nach der Rechtslage seit dem 01.01.2018 kann ein Verbraucher bei einem Verbrauchsgüterkauf, wenn ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. § 439 III BGB besteht, vom Unternehmer Vorschuss gem. § 475 VI BGB verlangen. Weil es eine entsprechende Norm vor der Reform der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung vom 01.01.2018 nicht gab, versuchte der Kläger einen Anspruch anderweitig herzuleiten – ohne Erfolg, wie sich zeigen wird. Die Ausführungen sind für die Grenzen der Auslegung des § 439 II BGB sehr relevant. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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