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RA Digital - 08/2016

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410 Referendarteil:

410 Referendarteil: Zivilrecht RA 08/2016 Wer kein Erklärungsbewusstsein hatte, muss rechtzeitig anfechten. Die Formerfordernisse des Hauptgeschäfts gelten auch für Schuldbeitritt, wenn der Zweck des Formerfordernisses auf diesen übertragbar ist, BGH, Urteil vom 31.01.1991, III ZR 150/88; vom 24. 07. 2007, XI ZR 208/06, Rn 12 mwNw. BGH, Urteil vom 03.12.2015, IX ZR 40/15 Übertragbarkeit des Schutzzwecks: Die Textform bezweckt hier die Warnung vor einer unbemerkten weitergehenden Verpflichtung. Die Konkrete Vereinbarung genügt den Anforderungen an eine wirksame Vergütungsvereinbarung. Sofern die Beklagte einwendet, sie habe eine Erklärung dieses Inhalts nicht abgeben wollen oder dass ihr das Erklärungsbewusstsein überhaupt gefehlt habe, hätte sie ein mögliches Anfechtungsrecht innerhalb der Frist des § 121 BGB ausüben müssen. Dies hat sie nicht getan. Die Erklärung eines Schuldbeitritts ist auch formwirksam. Sie bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form, unterliegt aber als Verpflichtungsgeschäft den Formerfordernissen, die für den Hauptvertrag gelten, soweit diese mit Rücksicht auf den Leistungsgegenstand des Schuldbeitritts aufgestellt sind. „[8] Um solche Formerfordernisse handelt es sich auch bei denjenigen nach § 3a I RVG (vgl. zur Vorgängervorschrift § 3 Abs. 1 BRAGO: BGH, Urteil vom 31.1.1991, III ZR 150/88). Sowohl das Erfordernis der Textform als auch die weiteren, in den Sätzen 2 und 3 der Norm aufgeführten Anforderungen dienen der Warnung und dem Schutz des Mandanten. Er soll klar erkennbar darauf hingewiesen werden, dass er eine Vergütungsvereinbarung schließt, die dem Rechtsanwalt einen von den gesetzlichen Gebührenvorschriften abweichenden Honoraranspruch auf vertraglicher Grundlage verschafft. Tritt ein Dritter der Verpflichtung des Mandanten aus der Vergütungsvereinbarung bei, ist er in gleicher Weise schutzbedürftig. Die Formerfordernisse des § 3a I RVG gelten deshalb grundsätzlich auch für die Erklärung des Schuldbeitritts.“ Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten genügt die Gestaltung des Schuldbeitritts den Anforderungen des § 3a I 2 RVG. „[9] Nach dieser Vorschrift muss eine Vergütungsvereinbarung als solche oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, sie muss von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Inwiefern diese Anforderungen auch auf den Beitritt eines Dritten zu der Vergütungsschuld des Mandanten anzuwenden sind, bestimmt sich nach ihrem Schutzzweck. Dieser besteht darin, den Mandanten, der eine Vergütung für die Tätigkeit des Rechtsanwalts schon von Gesetzes wegen schuldet, davor zu bewahren, dass er sich unbemerkt vertraglich zu einem von der gesetzlichen Vergütung abweichenden Honorar verpflichtet. Bezogen auf den Schuldbeitritt kann es danach nur darum gehen, dem Beitretenden deutlich vor Augen zu führen, dass er nicht nur der gesetzlichen Vergütungsschuld des Mandanten beitritt - ein solcher Beitritt bedürfte keiner besonderen Form -, sondern der davon abweichenden, vertraglich vereinbarten Vergütung. Jura Intensiv [10] Diesen Schutz gewährleistet die hier gewählte Form. Die Vereinbarung ist als Vergütungsvereinbarung bezeichnet und enthält ausschließlich die Vergütung betreffende Regelungen. Sie stellt klar, dass die vereinbarte Vergütung von der gesetzlichen Regelung abweicht. Die am Ende unter Nummer 10 getroffene Bestimmung, dass die Unterzeichner gesamtschuldnerisch haften, ist ein Bestandteil der Vergütungsvereinbarung selbst. Sie machte der Beklagten unmissverständlich klar, dass sie mit ihrer Unterschrift die Mithaftung für die vereinbarte Vergütungsschuld des Mandanten übernahm.“ Inhaltsverzeichnis

RA 08/2016 Referendarteil: Zivilrecht 411 § 3a I 2 RVG - die Vergütungsvereinbarung muss von anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt sein - soll verhindern, dass der Mandant eine Vergütungsvereinbarung übersieht, die zwischen anderen mit dem Rechtsanwalt getroffenen Vereinbarungen „versteckt“ ist. Dies ist vorliegend auch nicht der Fall. Die Beklagte gab neben dem Schuldbeitritt keine weiteren Erklärungen ab, die ihren Blick auf den Beitritt hätten beeinträchtigen können. Der Schuldbeitritt genügt auch der durch § 3a I 1 RVG vorgeschriebenen Textform. Die Vergütungsvereinbarung erfüllt, einschließlich der Mithaftungserklärung der Beklagten, die Voraussetzungen des § 126b BGB, insbesondere sind die Personen der Erklärenden hinreichend benannt. Hierfür genügt es, dass die Beklagte in der Unterschriftszeile am Ende der Vereinbarung mit ihrem Namen genannt ist. Die Regelung über den Schuldbeitritt hält auch einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand. „[17] Die Vertragsklausel betreffend den Schuldbeitritt ist nicht als überraschende Klausel nach § 305c I BGB unwirksam. Als der Kläger von der Beklagten die Mitunterzeichnung der von ihm mit seinem Mandanten zu schließenden Gebührenvereinbarung verlangte, lag es für die Beklagte nahe, dass es dem Kläger darauf ankam, zur Absicherung seiner Gebührenforderung eine weitere Person in die Mithaftung zu nehmen. Andere Gründe, die eine Unterzeichnung durch die Beklagte erfordert hätten, lagen - anders als etwa bei einem Handeln als Abschlussvertreter (vgl. dazu § 309 Nr. 11 Buchst. a BGB) - nicht vor. Drängte sich dieses Interesse des Klägers der Beklagten auf, musste sie damit rechnen, dass der ihr vorgelegte Vertragstext eine entsprechende Klausel enthielt. Ein Überrumpelungseffekt ergab sich im Übrigen auch nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags. Die Klausel betreffend die gesamtschuldnerische Mithaftung der Beklagten findet sich knapp und prägnant formuliert als letzte Vertragsbestimmung unmittelbar über dem für die Beklagte vorgesehenen Unterschriftsfeld.“ Jura Intensiv Die Beklagte schuldet dem Kläger aufgrund ihres Beitritts zu der Vergütungsvereinbarung 800 €. Dieser Betrag ist wegen Verzugs ab Rechtshängigkeit der Klage mit Zustellung am … mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen (§§ 280 I, II, 286 I 1, 2, 291 S. 1 BGB). Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die Vergütungsvereinbarung darf auch nicht irgendwo zwischen anderen Vereinbarungen versteckt sein. Textform nach § 126b BGB AGB-Klauselkontrolle Die Klausel war nicht überraschend positioniert, sondern befand sich direkt über dem Unterschriftsfeld. Die Zins- und Nebenentscheidungen sollten Sie möglichst knapp halten. FAZIT Auch anwaltliches Berufsrechts ist zumindest teilweise Prüfungsstoff im Assessorexamen. Hierzu gehört das Wissen, wie man eine den Anforderungen des § 3a RVG genügende anwaltliche Vergütungsvereinbarung trifft. Inhaltsverzeichnis

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