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RA Digital - 08/2016

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418 Nebengebiete

418 Nebengebiete RA 08/2016 Solche Klauseln sind zwar nach dem Gesetz grundsätzlich zulässig, müssen allerdings der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB standhalten, wobei sie in der Praxis insbesondere an dem Klauselverbot des § 309 Nr. 13 BGB zu messen sind. § 309 Nr. 13 BGB in seiner bisherigen Fassung erklärt Ausschlussklauseln derzeit lediglich für unwirksam, wenn sie für die Anspruchsgeltendmachung eine strengere Form als die Schriftform verlangen. Der Gesetzgeber wollte wollte mit dieser – bisherigen - Regelung auf die im Geschäftsverkehr häufig anzutreffende AGB-Praxis reagieren, dem Arbeitnehmer eine bestimmte Form für seine Erklärungen oder Anzeigen vorzuschreiben, um ihn durch Errichtung einer formalen Hürde von einer effektiven Rechtswahrnehmung abzuhalten. Um dies zu verhindern, sollte allenfalls die Schriftform vorgeschrieben werden dürfen. Unterscheide zwischen gesetzlich vorgesehener und vertraglich vereinbarter Schriftform. II. Grund der Reform des § 309 Nr. 13 BGB Sprachlich nicht näher differenziert – und damit für den juristisch nicht vorgebildeten Arbeitnehmer nicht ohne weiteres erkennbar – bleibt bei der bisherigen Regelung jedoch das Problem, dass das deutsche Recht mit der gesetzlichen vorgeschriebenen und der vertraglich vereinbarten Schriftform zwei Spielarten dieses Formerfordernisses kennt, wobei § 309 Nr. 13 BGB a.F. nur die vertraglich vereinbarte im Blick hat. Die Unterschiede zwischen beiden Varianten sind dennoch beträchtlich: Während die gesetzliche Schriftform zwingend die eigenhändige Unterschrift (bzw. ein notariell beglaubigtes Handzeichen) erfordert, bestehen bei der vertraglich vereinbarten Schriftform im Zweifel häufig – dem Rechtslaien meist unbekannte – Erleichterungen. Ergibt nämlich die Auslegung der Vertragsabrede nichts anderes, reicht gemäß § 127 II und III BGB in diesen Fällen faktisch die Einhaltung bloßer Textform aus. Der Arbeitnehmer kann in diesen Fällen seine Ansprüche bereits mittels E-Mail, SMS oder Telefax gegenüber dem Arbeitgeber erklären, um die in der Ausschlussklausel vereinbarte Schriftform zu wahren. Die Urkunde ist vom Arbeitnehmer insbesondere nicht zu unterzeichnen. Jura Intensiv Dieser Umstand, so der Gesetzgeber in seiner aktuellen amtlichen Begründung, sei jedoch dem Arbeitnehmer zumeist unbekannt. Arbeitnehmer seien bei in Ausschlussklauseln vertraglich vorgeschriebener Schriftform regelmäßig der Meinung, eine Erklärung müsse zwingend auf Papier abgegeben und mit eigenhändiger Unterschrift abgeschlossen werden. Dadurch gehen sie von einer höheren Hürde der Geltendmachung des Anspruchs aus, als dies tatsächlich der Fall ist. Diese Unsicherheit wird durch die Rechtsprechung des BAG auch nicht behoben: Zwar hat das BAG in Bezug auf tarifvertragliche Ausschlussfristen bereits entschieden, dass eine „schriftliche Geltendmachung“ nicht die formale Schriftform nach § 126 BGB meint, sondern auch eine Geltendmachung in Textform nach § 126b BGB zulässt (BAG, Urteil vom 07.07.2010, 4 AZR 549/08). Textform bedeutet dabei insbesondere, dass Ansprüche auch per E-Mail oder durch bloßes Fax wirksam geltend gemacht werden können, soweit denn die Person des Erklärenden trotzdem erkennbar ist. Parallel hat das BAG den Fall entschieden, dass in einem Arbeitsvertrag eines nicht tarifgebundenen Arbeitnehmers die Geltung der Richtlinien für Arbeitsverträge (AVR) des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands (DPWV) vereinbart war (BAG, Urteil vom 16.12.2009, 5 AZR 888/08). Inhaltsverzeichnis

RA 08/2016 Nebengebiete 419 Ob das Erfordernis einer „schriftlichen“ Geltendmachung von Ansprüchen in einem Arbeitsvertrag die Schriftform nach § 126 BGB meint, hat das BAG hingegen bislang offengelassen (BAG, Urteil vom 25.05.2005, 5 AZR 572/04). III. Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB ab 01.10.2016 Dieser Unklarheit möchte der Gesetzgeber nunmehr auch zugunsten der Arbeitnehmer begegnen. Mit der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB soll verständlicher geregelt werden, welche Formanforderungen in vorformulierten Vertragsbedingungen bei Ausschlussklauseln vereinbart werden können und welche tatsächlichen Anforderungen die Erklärungen genau zu erfüllen haben. Um im Interesse der Verbraucher insbesondere „missverständliche Schriftformklauseln“ sicher auszuschließen, bestimmt § 309 Nr. 13 BGB künftig: „Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Textform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.“ Die Regelung gilt ab dem 01.10.2016. Für Ausschlussklauseln, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, verbleibt es gemäß Art. 229 EGBGB bei der alten Fassung des § 309 Nr. 13 BGB. Sie bleiben also wirksam – auch, wenn sie für die Anspruchsgeltendmachung die Einhaltung der Schriftform vorsehen. IV. Auswirkungen auf arbeitsrechtliche Klausuren Da § 309 Nr. 13 BGB n.F. nur einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers erfasst, nicht aber vertragliche Vereinbarungen zwischen ihm und dem Arbeitgeber, hat die Gesetzesänderung keinen Einfluss auf die rechtliche Situation von einfachen oder doppelten Schriftformklauseln. Von erheblicher Bedeutung ist die Neuregelung allerdings wie gesagt für arbeitsvertragliche Ausschlussfristen. Der Prüfling ist insoweit gehalten, sein Augenmerk nicht mehr nur auf die Dauer der festgelegten Fristen zu richten, sondern vor allem auch auf die in der Ausschlussfrist verlangte Form der Geltendmachung des Anspruchs. Jura Intensiv Hinsichtlich der Auswirkung der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB ist zwischen Ausschlussklauseln in Anstellungsverträgen und solchen in Tarifverträgen zu unterscheiden: 1. Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen Soweit solche Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen oder Anstellungsverträgen mit Fremdgeschäftsführern vereinbart werden, unterliegen sie der vollen AGB-Kontrolle. Da es dem Gesetzgeber mit der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB gerade darauf ankommt, die im Zusammenhang mit dem Schriftformerfordernis bestehenden Unklarheiten einzuebnen, dürften ab dem 01.10.2016 vereinbarte Ausschlussfristen, die eine Geltendmachung in Schriftform vorsehen, schlechthin mit § 309 Nr. 13 n.F. BGB unvereinbar sein. Sie sind mithin also unwirksam. Da in arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen zudem schon immer auch eine Geltendmachung in Textform als zulässig erachtet wurde, kann das bis dato gebräuchliche Schriftformerfordernis entgegen § 309 Nr. 13 n.F. BGB auch nicht als arbeitsrechtliche Besonderheit im Sinne des § 310 IV BGB aufrechterhalten werden. Neuer Gesetzestext des § 309 Nr. 13 BGB ab 1.10.2016 Bestandsschutz für alte Regelungen! Einfache und doppelte Schriftformklauseln Angesichts des unmissverständlichen Wortlauts des § 309 Nr. 13 BGB n.F. ist es unsicher, ob Ausschlussklauseln, die eine „schriftliche“ Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb eines definierten Zeitraums verlangen, künftig wirksam sind. Ganz sicher wird dies nicht der Fall sein, wenn für die Geltendmachung explizit „Schriftform“ gefordert wird. Inhaltsverzeichnis

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