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RA Digital - 08/2017

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400 Zivilrecht

400 Zivilrecht RA 08/2017 LÖSUNG Forennutzungsverträge sind nicht typisiert und weisen auch keinen Schwerpunkt auf. Sie sind damit Schuldverhältnisse i.S.d. §§ 311 I, 241 BGB. Wirksamer Vertragsschluss gem. §§ 145 ff. BGB zwischen K und B über einen Forennutzungsvertrag Gemeint ist die „offerta ad incertas personas“ in Abgrenzung zur „invitatio ad offerendum“. Sowohl K und B handelten mit dem notwendigen Rechtsbindungswillen. Die korrekte Schreibweise lautet E-Mail-Adresse. „Nickname“ ergibt in englischer Sprache mit englischer Aussprache einen Sinn. Die Eindeutschung im Plural („Nicknamen“) ist sprachlich zwar völlig missglückt, jedoch nicht unüblicher Sprachgebrauch, wenn man ein „digital native“ ist. A. K gegen B auf Aufhebung der Teilsperrung aus dem Forennutzungsvertrag K könnte gegen B einen Anspruch auf Aufhebung der Teilsperrung seines Benutzerkontos aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Forennutzungsvertrag haben. I. Wirksamer Vertragsschluss Dies setzt zunächst voraus, dass zwischen K und B ein wirksamer Forennutzungsvertrag geschlossen wurde. „I. 1. Dieser ist nach den allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB dadurch zustande gekommen, dass K sich in dem Forum des B „angemeldet“ hat und dieser den Account bzw. das Benutzerkonto freigeschaltet hat. Er berechtigt den K dazu, Beiträge im Forum des B zu posten und auch die im Übrigen dort angebotene Infrastruktur, etwa das persönliche Postfach und die Versendung persönlicher Nachrichten, zu nutzen. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich dabei, dass B das von ihm betriebene Internetforum öffentlich „online“ stellt und es ermöglicht, dass jedermann sich dort „anmeldet“, sofern er die entsprechenden Daten für die Kontenanlegung eingibt, um eine Willenserklärung, um ein Vertragsangebot (§ 145 BGB) an einen unbestimmten, aber hinreichend bestimmbaren Personenkreis (sog. invitatio ad incertas personas), namentlich an diejenigen Besucher der Internetseite, die ihre Daten in die Anmeldemaske einpflegen. Es liegt demgegenüber keine bloße Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum) vor. Dem Verhalten des B lässt sich im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der hinreichende Rechtsbindungswillen entnehmen, demjenigen, der sich „anmeldet“ den Zugang zum Forum zu gewähren. Für die Annahme eines Rechtsbindungswillens spricht insbesondere, dass B sein Forum mit Nutzungsbedingungen ausgestattet hat, die ein Anmeldender im Laufe des Anmeldeprozesses zu akzeptieren hat. Für einen Rechtsbindungswillen spricht auch, dass ein anonymes Posten ohne Anmeldung im Forum des B nicht möglich ist. Es ist aus dem Parteivortrag nicht etwa ersichtlich, dass er neu angemeldete Nutzer zunächst manuell „prüft“ und über die Eingehung von vertraglichen Beziehungen mit ihnen gesondert entscheidet. Jura Intensiv Auch der K handelte mit Rechtsbindungswillen. Sein Verhalten, sich unter Akzeptanz der Nutzungsbedingungen und Angabe einer Emailadresse mit einem Nicknamen anzumelden, kann nach §§ 133, 157 BGB nur eine Annahme des Angebots des B darstellen. Dies gilt auch deshalb, weil der sich mit einem Namen anmeldende Nutzer regelmäßig ein Interesse daran haben wird, sich nicht nur auf das Posten eines Beitrags zu beschränken, sondern auch in Folgediskussionen teilzunehmen und ggf. unter seinem „Nicknamen“ oder „Avatar“ eine eigene „Online-Identität“ zu schaffen.“ Mithin haben K und B den Forennutzungsvertrag wirksam abgeschlossen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2017 Zivilrecht 401 II. Keine Beendigung des Vertrags Der Vertrag dürfte in der Folgezeit nicht beendet worden sein. „I.1. a) [Es handelt sich dabei um] ein „Dauerschuldverhältnis“ i.S.v. § 314 BGB, denn aus ihm folgen während seiner Laufzeit ständig neue Leistungs-, Neben- und Schutzpflichten. Der K als angemeldeter Nutzer erhält die Möglichkeit, Beiträge zu posten und die übrige Infrastruktur zu nutzen, der B stellt diese zur Verfügung. Beide sind gegenseitig insbesondere auch zur Rücksichtnahme verpflichtet (§ 241 II BGB). Gerade die Tatsache, dass ein privates Postfach angeboten wird, zeigt auch, dass die Beziehungen auf gewisse Dauer angelegt sind.“ 1. Beendigung durch Entziehung der Nutzungsrechte Der Forennutzungsvertrag könnte bereits dadurch wirksam beendet worden sein, dass B dem K die Nutzungsrechte einschränkte und ihm seine Schreibrechte nahm. „I.1. a) Der Vertrag ist nicht dadurch beendet worden, dass B die Nutzungsrechte des K im Nachgang einschränkte und dem K die Schreibrechte nahm. Für eine Vertragsbeendigung durch eine Kündigung fehlt es insoweit schon an einer entsprechenden Willenserklärung des B. Dem Verhalten des B kann nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB von einem verobjektivierten Empfängerhorizont her nicht die Bedeutung beigemessen werden, der B habe die Vertragsbeziehung mit dem K vollends beenden wollen. Hierfür spricht insbesondere, dass er das Benutzerkonto des K nicht gelöscht oder vollends deaktiviert hat, sondern nur die Schreibrechte des K eingeschränkt hat.“ 2. Beendigung durch fristlose Kündigung Der Vertrag könnte jedoch durch die fristlose Kündigung des B vom 14.10.2016 beendet worden sein. „I.1. a) Die ausdrücklich erklärte fristlose Kündigung des B konnte das Vertragsverhältnis vorliegend nicht beenden. Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung gem. § 314 I, II BGB lagen nicht vor. Die fristlose Kündigung setzt nach dieser Vorschrift voraus, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund kann insbesondere darin bestehen, dass eine Partei ihre Pflichten aus dem Vertrag verletzt. In diesem Fall ist Voraussetzung für eine außerordentliche und fristlose Kündigung eine vorangegangene, erfolglose Abmahnung. Nach diesem Maßstab konnte B das Vertragsverhältnis nicht außerordentlich und fristlos kündigen. Allenfalls kommt ein Verstoß des K gegen die Nutzungsbedingungen als „wichtiger Grund“ in Betracht. Die Nutzungsbedingungen sind gem. § 305 II, III BGB Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags geworden, sie konkretisieren die vertraglichen Verhaltens- und Rücksichtnahmepflichten des Klägers als Forennutzer insbesondere dahingehend, dass er im Rahmen seiner Forenaktivitäten nicht (ge-) werblich tätig werden darf. Dabei kann hier im Ergebnis aber dahinstehen, ob K durch die im Tatbestand ausgeführten Beiträge zu den Drohnen Jura Intensiv Der Forennutzungsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis i.S.d. § 314 BGB. Keine Beendigung des Forennutzungsvertrags durch die Entziehung der Nutzungsrechte Benutzerkonto wurde nicht gelöscht oder deaktiviert B hat keine wirksame fristlose Kündigung nach § 314 I, II BGB erklärt. Eine vorangegangene, erfolglose Abmahnung lag nicht vor. Kündigung aus wichtigem Grund wegen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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