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RA Digital - 08/2018

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404 Zivilrecht

404 Zivilrecht RA 08/2018 Maßgeblich sind allein die tatsächlich getroffenen Dispositionen. Der Wertverlust soll in der Vermögensbilanz maßgeblich sein. Wichtig: Der Geschädigte darf auch später reparieren und konkret abrechnen oder sogar einen Freistellungsanspruch geltend machen. Vielmehr führt sie häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Geschädigten. Denn der (fiktive) Aufwand einer Schadensbeseitigung hängt von verschiedenen Umständen ab, zum Beispiel von der Art des Schadens, dem Weg der Schadensbeseitigung, dem Erfordernis der Einbeziehung anderer, nicht unmittelbar beschädigter Gegenstände oder Gebäudeteile in die Schadensbeseitigung und kann den wirtschaftlichen Schaden durch die eigentliche Substanzverletzung deutlich übersteigen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den Umfang der Schadensersatzpflicht (auch) danach auszurichten, welche Dispositionen der Geschädigte zur Schadensbeseitigung tatsächlich trifft. [18] Der Geschädigte, der eine beschädigte Sache in diesem Zustand behält und den Schaden nicht beseitigen lässt, kann seinen Schaden in der Weise bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem Wert der im Eigentum des Geschädigten stehenden Sache ohne Schaden und dem tatsächlichen Wert der beschädigten Sache ermittelt. Ein solcher Schaden i.S.d. Wertverlustes ist von K nicht behauptet worden und auch sonst nicht erkennbar, sodass die Klage im Ergebnis mangels eines messbaren Schadens auf Klägerseite abzuweisen ist. [19] Dies ist im Ergebnis nicht unbillig. Die Zuerkennung eines Anspruchs auf Erstattung fiktiver Schadensbeseitigungskosten ist insbesondere nicht notwendig, um dem Geschädigten seine Dispositionsfreiheit zu belassen, auch zu einem späteren Zeitpunkt den Schaden doch noch beseitigen zu lassen. Es bleibt dem Geschädigten unbenommen, zur vollständigen und ausreichenden Kompensation seines Vermögensschadens insoweit einen Antrag auf Freistellung von möglicherweise tatsächlich noch entstehenden Schadensbeseitigungskosten zu stellen. Dies ist hier aber nicht geschehen. Ein kausaler und ersatzfähiger Schaden gem. §§ 249 ff. BGB liegt mit den fiktiven Beseitigungskosten nicht vor. VI. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Kosten gem. § 823 I BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB. Jura Intensiv FAZIT Der Eigentümer, der keine tatsächlichen Aufwendungen zur Schadensbeseitigung tätigt, hat keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser nur fiktiven Aufwendungen. Sein Vermögen ist im Vergleich zur Situation vor dem Schadenseintritt nicht um einen Betrag i.H.d. fiktiven Aufwendungen vermindert. Erst wenn der Geschädigte den Schaden tatsächlich beseitigen lässt und die Kosten hierfür begleicht, entsteht ihm ein Vermögensschaden i.H.d. tatsächlich aufgewendeten Kosten, der ersatzfähig sein kann. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2018 Zivilrecht 405 Problem: Beweislast für das Vorhandensein von Ungeziefer Einordnung: Reiserecht OLG München, Urteil vom 11.06.2018 21 U 3122/17 EINLEITUNG Gem. § 651i I BGB hat der Reiseveranstalter dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen. Dies ist der Fall, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln, wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet, ansonsten wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann. Ob auch Bettwanzen einen solchen Mangel begründen können und welche Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Klägers zu stellen sind, musste das OLG München entscheiden. SACHVERHALT Die Klägerin (K) bucht bei der Beklagten (B) eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik für die Zeit vom 24.11.2015 bis 08.12.2015 zum Gesamtpreis einschließlich Flug, Unterkunft und Halbpension von 3.300 €. Nach Ankunft im Hotel und Bezug des Zimmers findet K in den ersten drei Nächten Blutspuren im Bett. In dieser Zeit wechselten die Hotelmitarbeiter zwei Mal die Bettwäsche. Am Vormittag des 09.08.2015 findet K nach intensiver Suche Insekten (unbekannter Art) im Bett, woraufhin sie sich bei der Hotelrezeption beschwert. K erhält schließlich ein anderes Zimmer und das Hotel lässt die Kleidung mit der erforderlichen Temperatur von mindestens 60°C reinigen. Am 16.08.2012 zeigt K den Mangel bei der Reiseleitung der B an. K ist der Ansicht, es habe sich bei den Insekten um Bettwanzen gehandelt. Bereits die Unsicherheit betreffend die Ursache der Blutspuren in den ersten Nächsten habe ihn um eine erholsame Nachtruhe und einen entspannten Urlaub gebracht. K verlangt daher eine vollständige Minderung des Reisepreises (Rückzahlung). Ärztliche Unterlagen, die die Annahme des K bestätigen, liegen jedoch nicht vor. Vielmehr gehen verschiedene ärztliche Berichte von Moskitostichen bzw. Sandmückenstichen aus. Auch trug K in der ersten Nacht kein Mückenschutzmittel. Eine von K im Anschluss an den Urlaub aufgesuchte Heilpraktikerin äußerte in einem Bericht vom 21.03.2017 zwar einen „Verdacht auf Bettmilben/Bettwanzen“. In ihrer Stellungnahme vom 26.09.2017 kommt sie allerdings lediglich aufgrund des geschilderten Verdachts der K sowie allgemeiner Informationen aus dem Internet zu der Annahme, dass der Zustand der K auf eine Vielzahl infizierter Bettwanzenbissen zurückzuführen sei. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSATZ (DER REDAKTION) Die Anwesenheit von Ungeziefer im Hotelzimmer kann einen Reisemangel nur dann begründen, wenn dieses Ungeziefer trotz der klimatischen Gegebenheiten des Urlaubsorts und landestypischen Qualitätsstandards aufgrund der üblichen Hygienemaßnahmen dort nicht sein dürfte. PRÜFUNGSSCHEMA A. K gegen B gem. §§ 651i III Nr. 6, 651m, 346 I BGB I. Wirksamer Pauschalreisevertrag II. Reisemangel i.S.d. § 651i II BGB B. Ergebnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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