410 Zivilrecht RA 08/2018 Zur Wiederholung der Regeln in „Anweisungsfällen“: Vorliegend ist ein Bereicherungsausgleich im 3-Personen-Verhältnis vorzunehmen. Dort verbieten sich schematische Lösungen, vielmehr ist der Leistungsbegriff in Konfliktfällen grundsätzlich durch Wertungen zu ergänzen. Bei Zahlungsaufträgen gem. § 675f BGB ist aber zu beachten, dass es allein auf die Autorisierung gem. § 675j BGB ankommt. Hat der Zahlende eine Lastschrift erteilt und diese wirksam autorisiert, liegt beim Einzug durch den Empfänger eine Leistung des Zahlenden an den Zahlungsempfänger vor. Fehlt eine wirksame Autorisierung, liegt keine Leistung des Zahlenden vor. Die Bank muss die Summe dann beim Zahlungsempfänger im Wege der Nichtleistungskondiktion gem. § 812 I 1 2. Alt BGB fordern, BGH, Urteil vom 16.06.2015, XI ZR 243/13. Ein Verstoß gegen das Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit gem. § 309 Nr. 9c BGB liegt nicht vor. Sinn und Zweck der Regelung Kündigungsmöglichkeit bestand Sinn und Zweck des § 309 Nr. 9c BGB Sicht eines objektiven Zuwendungsempfängers abzustellen ist. Bekommt ein Gläubiger über die Bank seines Schuldners einen Geldbetrag zugewiesen, so soll damit die Verbindlichkeit des Schuldners erfüllt werden. Die Bank will gegenüber dem Empfänger weder eine eigene noch eine fremde Schuld tilgen. Sie handelt lediglich im Auftrag ihres Kundes als dessen Zahlstelle. Was die Frage der Leistungsbeziehungen betrifft, hat das Lastschriftverfahren insoweit dieselbe bereicherungsrechtliche Wirkung wie die Zahlung mittels Überweisung. Obwohl die Initiative zum Lastschriftverfahren vom Gläubiger und nicht, wie bei der Überweisung vom Schuldner ausgeht, handelt es sich rechtlich und wirtschaftlich in beiden Fällen um Leistungen des Schuldners, d.h. vorliegend der K. III. Ohne Rechtsgrund Schließlich müsste diese Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt sein. „[11] K war zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet, weil der zwischen den Parteien bestehende Betreuungsvertrag erst zum 31.08.2016 beendet worden ist. Eine Kündigung zum 31.07.2016 war gem. Nr. 6.3 des Vertrags nicht zulässig. [12] Die Bestimmung in Nr. 6.3 ist dahin auszulegen, dass eine - nach Nr. 6.2 grds. jederzeit mögliche - Kündigung des Betreuungsvertrags lediglich zum Ende der Monate Juni und Juli (also zum 30.06 und 31.07.) ausgeschlossen wird. [13] Mit diesem Inhalt erweist sich die Regelung in Nr. 6.3 als wirksam vereinbart. [14] Bei den Bestimmungen in Nr. 6 des Betreuungsvertrags handelt es sich, wie zwischen den Parteien nicht streitig ist, um von B gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 I, II BGB). [15] Eine Unwirksamkeit von Nr. 6.3 ergibt sich nicht aus § 309 Nr. 9c BGB. [16] Zwar ist § 309 Nr. 9 BGB auf das vorliegende Vertragsverhältnis anwendbar, weil es die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Parteien einen bis zum 31.08.2016 (nämlich: bis zum 31.08. nach Vollendung des vierten Lebensjahres des betreuten Kindes) befristeten Vertrag geschlossen haben. Diese Befristung korrespondiert mit dem Zweck einer Kinderkrippenbetreuung, bis zur Vollendung eines bestimmten Lebensjahres und dem damit verbundenen Übergang in eine weiterführende Einrichtung eine fortdauernde Betreuung des Kindes zu gewährleisten. Die vereinbarte Laufzeit ist im Hinblick auf § 309 Nr. 9a unbedenklich, weil dem Kunden in Nr. 6.2 des Vertrags (nach Ablauf der – gem. Nr. 6.1 mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende kündbaren - Probezeit von zwei Monaten) eine Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende (mit Ausnahme einer Kündigung zum 30.06. oder 31.07. eines Jahres, Nr. 6.3) eingeräumt wird, so dass er nicht länger als zwei Jahre gebunden ist. [17] § 309 Nr. 9c BGB verbietet jedoch lediglich eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer. Erfasst von § 309 Nr. 9c BGB sind somit nur solche Kündigungsfristen, die eingehalten werden müssen, damit es nicht zu einer (stillschweigenden) Verlängerung des Vertrags kommt. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 08/2018 Zivilrecht 411 [18] § 309 Nr. 9c BGB entspricht Nr. 1h des Anhangs zur Richtlinie 93/13/ EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, wonach Klauseln für missbräuchlich erklärt werden können, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass ein befristeter Vertrag automatisch verlängert wird, wenn der Verbraucher sich nicht gegenteilig geäußert hat und als Termin für diese Äußerung des Willens des Verbrauchers, den Vertrag nicht zu verlängern, ein vom Ablaufzeitpunkt des Vertrags ungebührlich weit entferntes Datum festgelegt wurde. Damit soll vermieden werden, dass der Kunde bereits zu einem Zeitpunkt über die Fortführung des Vertrags entscheiden muss, der weit vor der Vertragsverlängerung liegt und in dem er noch nicht sachgerecht beurteilen kann, ob diese für ihn sinnvoll ist oder nicht. [19] Eine Absicht des Gesetzgebers, über den Wortlaut von § 309 Nr. 9c BGB hinaus den Verwender zu zwingen, seinem Kunden im Jahresverlauf Kündigungstermine im Abstand von höchstens drei Monaten einzuräumen, ist demgegenüber nicht erkennbar, zumal § 309 Nr. 9b BGB eine stillschweigende Vertragsverlängerung um bis zu ein Jahr zulässt. § 309 Nr. 9c BGB kann nicht entnommen werden, dass dem Kunden ein laufendes Kündigungsrecht mit einer Frist von maximal drei Monaten eingeräumt werden muss. [20] Es ist auch im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes nicht geboten, den Anwendungsbereich von § 309 Nr. 9c BGB über seinen Wortlaut hinaus auszudehnen, weil Regelungen über Kündigungen und Vertragslaufzeiten, die einer Prüfung nach § 309 Nr. 9 BGB standhalten, einer Angemessenheitskontrolle nach § 307 BGB unterworfen sind. Dementsprechend hat der BGH formularvertragliche Regelungen über die Kündigung von Schulverträgen während des laufenden Schuljahres nicht an § 309 Nr. 9c BGB, sondern an § 307 BGB gemessen. [21] Hiernach verstößt Nr. 6.3 des Betreuungsvertrags nicht gegen § 309 Nr. 9c BGB. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Vertrag keine Verlängerungsklausel enthält, sondern von vornherein - ohne Verlängerungsmöglichkeit - auf eine Laufzeit bis zum 31.08.2016 (nämlich bis zum 31.08. nach Vollendung des vierten Lebensjahres des Sohnes der K) angelegt ist. [22] Die Klausel ist auch nicht gem. § 307 I 1, II Nr. 1 BGB unwirksam. [23] Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders i.S.v. § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.). So liegt es hier nicht. [24] Die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende in Kinderkrippenbetreuungsverträgen (hier: Nr. 6.2 des Vertrags) enthält einen angemessenen Ausgleich der Interessen beider Vertragspartner. Sie berücksichtigt einerseits das Interesse der Eltern, das Vertragsverhältnis aus beliebigen Gründen, etwa Nichtgefallen, in einem überschaubaren und für sie zumutbaren Zeitraum zu beenden. Andererseits trägt sie dem berechtigten Bedürfnis des Betreibers der Kinderkrippe Rechnung, eine gewisse Planungssicherheit und ausreichend Zeit dafür zu erhalten, eine möglichst zeitnahe Nachbesetzung der Krippenstelle herbeizuführen. Jura Intensiv Die Kündigungsausschlussklausel stellt auch keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders gem. § 307 BGB dar. Angemessener Interessensausgleich © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
Laden...
Laden...
Laden...
Follow Us
Facebook
Twitter