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RA Digital - 08/2018

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436 Referendarteil:

436 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 08/2018 Beachte: Es muss zwingend das Vorbringen der Klägerin mitgeteilt werden, das in den Entscheidungsgründen rechtlich gewürdigt wird. Anderenfalls liegt ein Verstoß gegen den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz vor, der regelmäßig zu deutlichen Punktabzügen führt. Anträge: Indikativ Präsens Hier: Vornahmeantrag Beklagtenvorbringen: Präsens Konjunktiv Der Verweis auf die Begründung des Bescheids ist in der Praxis üblich, vermeidet Wiederholungen und spart in der Klausur wertvolle Zeit. ihrem Haus auf Parkmöglichkeiten angewiesen und hätten bei ihr um Schaffung von Stellplätzen gebeten. Es gebe für neun Mietparteien nur zwei Garagenstellplätze. Jede der beiden Garagen könne nur für einen Pkw genutzt werden. Sie habe sich im Vorfeld ihres Antrags bei der Bauberatung der Stadt X. erkundigt, wobei diese keine Probleme bei dem Vorhaben gesehen habe. Vielmehr sei ihr vorgeschlagen worden, die Anzahl der geplanten Stellplätze zu verdoppeln. Es sei auch zu bedenken, dass bei einem Neubau eines Wohnhauses mit neun Mietparteien die Schaffung von hinreichend Stellplätzen nach § 51 BauO NRW vorgeschrieben sei. Eine Verknappung des öffentlichen Verkehrsraums durch die Parkflächen auf ihrem Privatgelände trete nicht ein. Zwar entfalle eine Parkmöglichkeit für die Allgemeinheit durch die Zufahrt zu den geplanten Parkeinrichtungen. Allerdings werde von ihren Mietparteien bislang der öffentliche Verkehrsraum genutzt. Wenn zwei private Parkflächen geschaffen würden und hierfür nur ein öffentlicher Parkplatz entfalle, so parkten zwei ihrer Mieter nicht mehr im öffentlichen Raum. Mithin werde ein öffentlicher Parkplatz frei. Für die Schaffung der Stellplätze falle nur ein kleiner Teil des Vorgartens weg. Sie beabsichtige zudem, für die Stellplätze Rasengittersteine zu verwenden. Auf der Seite der Stellplätze verbleibe neben dem Eingang zusätzlich ein Längsstreifen für Pflanzen. In der I.-straße seien bei zahlreichen Hausgrundstücken Stellplätze genehmigt worden; dies teilweise zeitnah zu ihrem Antrag. So seien beim Grundstück I.-straße 56 Zufahrten zu drei Stellplätzen genehmigt worden. Das Grundstück I.-straße 66 habe zwei Stellplätze und eine Garagenzufahrt. Das Grundstück I.-straße 74/76 verfüge über Zufahrten für fünf Stellplätze. Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. April 2017 zu verpflichten, ihr die beantragte Genehmigung zur Herstellung einer Grundstückszufahrt zum Grundstück I.-straße 58 zu erteilen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Jura Intensiv Sie stützt sich auf ihr Vorbringen aus dem ablehnenden Bescheid und trägt ergänzend vor, die geplante Zufahrt sei nicht erforderlich und damit schon im Rahmen des grundsätzlich geschützten Anliegergebrauchs nicht zu gewähren. Es handele sich nicht um eine Erstzufahrt. Auch das Parken gehöre zum öffentlichen Verkehr, dessen Sicherheit und Leichtigkeit durch § 20 Abs. 8 StrWG NRW gewährleistet werden solle. Aufgrund der dichten Bebauung herrsche im Bereich der I.-straße ein erhöhter Bedarf an Parkplätzen. Da vor Grundstückszufahrten sowie vor Bordsteinabsenkungen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 und 5 StVO nicht geparkt werden dürfe, gehe bei Realisierung des Vorhabens der Klägerin mindestens ein weiterer öffentlicher Parkplatz verloren. Es käme zu Parkproblemen für Straßenbenutzer, die nicht Anlieger seien und die nicht über private Stellplätze im umliegenden Bereich verfügten. Zudem werde zusätzlicher Verkehr bei der Parkplatzsuche verursacht. Auch die Leichtigkeit der Parkplatzsuche gehöre zur Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs. Dass entsprechend der Kalkulation der Klägerin durch die Schaffung von zwei privaten Stellplätzen ein zusätzlicher öffentlicher Parkplatz frei werde, könne nicht berücksichtigt werden. Allein von Bedeutung sei, dass ein öffentlicher Parkplatz verloren gehe. Auch Belange des Straßen- und Stadtbildes seien betroffen. Die I.-straße sei über die vorhandenen Zufahrten zu bestehenden Garagen hinaus geprägt durch die Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2018 Referendarteil: Öffentliches Recht 437 gärtnerisch genutzten Vorgärten. Die I.-straße lebe in straßenbildlicher Hinsicht von diesen Vorgärten, welche durch die Anlegung von Stellplätzen zerstört würden. Auch aus städteplanerischer Sicht sei der Antrag der Klägerin somit abzulehnen. Für die Hausgrundstücke 66 und 74/76 seien keine Stellplätze bzw. in diesem Verfahren relevante Zufahrten genehmigt worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass diese illegal errichtet worden seien. Eine Ungleichbehandlung liege somit nicht vor. [...]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herstellung einer Gehwegüberfahrt zu der auf ihrem Grundstück geplanten Stellplatzfläche. Die Beklagte hat ihr Ermessen bei der Ablehnung auch nicht fehlerhaft ausgeübt, sodass auch ein Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ausscheidet, vgl. § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Ein Anspruch auf Genehmigung der Gehwegüberfahrt ergibt sich weder aus § 38 VwVfG NRW noch aus dem Anliegergebrauch nach § 14a StrWG NRW noch besteht ein Anspruch auf Sondernutzung nach § 18 StrWG NRW. Ferner ergibt sich der Anspruch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit einer bestimmten Verwaltungspraxis. Der Anspruch auf Genehmigung der Gehwegüberfahrt kann nicht auf § 38 VwVfG NRW gestützt werden. Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen, bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Selbst wenn sich die Klägerin wie vorgetragen im Vorfeld ihres Antrags bei der Bauberatung der Stadt X. erkundigt hat und ihr mitgeteilt worden ist, es stehen dem Vorhaben keine Probleme entgegen, stellt dies allenfalls nur eine mündliche Zusicherung dar. Mündliche Zusicherungen entfalten keinerlei Verbindlichkeit, auch wenn durch sie ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist. Jura Intensiv Der Straßenanliegergebrauch gemäß § 14a StrWG NRW rechtfertigt den geltend gemachten Anspruch ebenfalls nicht. Hiernach dürfen Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind (Straßenanlieger), innerhalb der geschlossenen Ortslage die an die Grundstücke angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus benutzen, soweit diese Benutzung zur Nutzung des Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt oder in den Straßenkörper eingreift. Die Anlegung der Zufahrt zu den beiden Stellplätzen überschreitet die Grenzen des § 14a Abs. 1 StrWG NRW, weil sie nicht erforderlich im Sinne dieser Bestimmung ist. Straßenanliegergebrauch ist der Gebrauch, der zur Nutzung eines Grundstücks erforderlich ist, den Gemeingebrauch nicht dauernd ausschließt oder erheblich beeinträchtigt und nicht in den Straßenkörper eingreift. Der Anliegergebrauch reicht grundsätzlich nur so weit, wie eine angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert. Gewährleistet sind danach vor allem der Zugang zur Straße und die Zugänglichkeit des Grundstücks von der Straße her. Zusammenfassenden voranstellen. Ergebnissatz Die Klägerin hat zwar einen Vornahmeantrag gestellt. Der Antrag auf Neubescheidung ist in diesem als „Minus“ enthalten, sodass ein entsprechender Hilfsantrag – obwohl er in der Praxis von den Anwälten des Öfteren gestellt wird – nicht erforderlich ist. Ergebnissatz zur Begründetheit: Alle möglichen Anspruchsgrundlagen nennen. Abarbeitung der möglichen Anspruchsgrundlagen 1. Zusicherung, § 38 VwVfG NRW entspricht § 38 VwVfG (Bund) OVG Münster, Beschluss vom 2.11.2011, 6 A 2677/10, juris 2. Straßenanliegergebrauch Inhalt des § 14a StrWG NRW Darlegung der allgemeinen Grundsätze BVerwG, Beschluss vom 13.6.1980, VII C 32.77, und Urteil vom 8.9.1993, 11 C 38.92 © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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