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RA Digital - 08/2021

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416 Referendarteil:

416 Referendarteil: Zivilrecht RA 08/2021 FAZIT Urteilsklausur: In einer Urteilsklausur werden die Nebenanträge häufig als Annex behandelt, welche – gerade, wenn die Zeit in der Klausur drängt – das rechtliche Schicksal der Hauptforderung teilen. Achten Sie darauf, sollte die Beklagtenseite vortragen, dass die geltend gemachte Gebühr doch überhaupt nicht entstanden sei, dass sodann ein weiterer Schwerpunkt der Klausur in der Beantwortung der Frage liegt, ob dieser Nebenantrag begründet ist oder nicht. Anwaltsklausur: Der Fall bietet sich insbesondere für eine Anwaltsklausur an. Der Mandant sagt zum Anwalt: „Schreiben Sie ihn ruhig an, aber wir müssen eh klagen, vom Gegner hören wir eh nichts.“ Die Situation ist dankbar. Es können Ausführungen zu den unterschiedlichen Kosten erfolgen (vor- und gerichtlich einerseits, nur gerichtlich andererseits) sowie auf die Chance hingewiesen werden, dass der Gegner sich vielleicht doch vorgerichtlich einsichtig zeigen wird. Ebenfalls kann erwähnt werden, dass das vorgerichtliche Schreiben ggf. für den notwendigen Klageanlass, siehe § 93 ZPO, erforderlich ist. Hinweis für die Praxis: Die gesamte Problematik geht ausschließlich zu Lasten des betroffenen Anwalts. Verliert der Kläger den Prozess bezüglich des Anspruches auf Schadensersatz in Höhe der vorgerichtlichen Kosten, weil die Gebühren nicht entstanden sind, wird auch der Anwalt nicht ohne Prozess, den er erst einmal gewinnen müsste, diese Gebühren gegenüber seinen Mandanten durchsetzen können. Außerdem verliert der Mandant teilweise, sodass sich die Kostenquote, auch wenn er in der Hauptsache gewinnen mag, zu seinen Lasten ändert. Diese Situation ist mit einfachsten Mitteln zu vermeiden, obwohl die Vielzahl der Rechtsanwälte exakt in diese Gefahr läuft, da es gängige Praxis ist, das Mandat ausschließlich mit einer ausgefüllten Vollmacht zu führen. Dies ist zwingend zu vermeiden. Werden Sie als Rechtsanwälte tätig, lassen Sie Ihre Mandanten eine Vollmacht und ein Auftragsformular unterschreiben. Das Auftragsformular sollte insbesondere bei Angriffsmandaten, soweit gewünscht, das gerichtliche Tätigwerden an eine erfolglose außergerichtliche Tätigkeit knüpfen. Andernfalls läuft der Anwalt zusätzlich Gefahr, für die gleiche Tätigkeit, nämlich das vorgerichtliche Anschreiben, nur eine 0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 VV RVG zu erhalten, falls die Angelegenheit doch außergerichtlich ihr Ende findet. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2021 NEBENGEBIETE Nebengebiete 417 Gesellschaftsrecht Problem: Nachhaftungsbegrenzung bei Herabsetzung der Haftsumme eines Kommanditisten Einordnung: Entsprechende Anwendung von § 160 I, II HGB BGH, Urteil vom 04.05.2021 2 ZR 38/20 EINLEITUNG Nach § 174 HGB kann die Haftsumme eines Kommanditisten herabgesetzt werden. Fraglich ist, wie lange der Kommanditist den Altgläubigern noch mit der vollen („alten“) Summe haftet. SACHVERHALT (STARK VEREINFACHT) Die beklagte Kommanditistin war zunächst mit einer Haftsumme von 500.000 € im Handelsregister eingetragen. 2006 und 2007 erfolgten Ausschüttungen i.H.v. 90.000 €. Am 14.12.2012 wurde beschlossen, die Haftsumme auf 41.000 € zu reduzieren. Dies wurde am 16.7.2013 in das Handelsregister eingetragen und dem Kläger – einem Altgläubiger – im Dezember 2012 bekannt. Die Klage ist am 5. Juli 2018 bei Gericht eingegangen. LÖSUNG [10] II. (...) Die Beklagte kann (…) erfolgreich einwenden, es sei entsprechend § 160 I HGB Enthaftung eingetreten. 1. Die Beklagte haftet dem Kläger grundsätzlich nach § 172 IV, § 171 I und II, § 161 II, § 128 HGB. Die Ausschüttungen an die Beklagte in Höhe von 90.000 € haben deren Außenhaftung in dieser Höhe gemäß § 172 IV, § 171 I und 2 HGB wieder aufleben lassen. Jura Intensiv [12] 2. Die Beklagte haftet (…) infolge der Herabsetzung ihrer Haftsumme deshalb nicht mehr, weil in diesem Verhältnis die fünfjährige Nachhaftungsfrist entsprechend § 160 I HGB vor Klageerhebung abgelaufen ist. [13] a) (...) Nach Ablauf der Nachhaftungsfrist von fünf Jahren haftet der Kommanditist auch gegenüber Altgläubigern nur noch bis zur Höhe der neuen verminderten Hafteinlage. [14] Die zeitliche Begrenzung der Nachhaftung findet auch bei einer Herabsetzung der Hafteinlage Anwendung. (... Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl., § 174 Rn. 2; ...). Die Herabsetzung der Hafteinlage wirkt aus Sicht der Gläubiger wie ein teilweises Ausscheiden des Kommanditisten. Wer teilweise ausscheidet, haftet im Umfang seines Ausscheidens nicht strenger als ein Gesellschafter, der vollständig ausscheidet. (…) Der in § 174 Halbs. 2 HGB niedergelegte Grundsatz der Unwirksamkeit der Herabsetzung der Hafteinlage gegenüber Altgläubigern wird deshalb durch die entsprechende Anwendung von § 160 I und II, § 161 II HGB zeitlich begrenzt. (…) LEITSÄTZE 1. Im Fall der Herabsetzung der Haftsumme wird die Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten im Umfang des die neue Haftsumme übersteigenden Betrags entsprechend § 160 I und 2, § 161 II HGB zeitlich begrenzt. 2. Bei der entsprechenden Anwendung der § 160 I und 2, § 161 II HGB auf die Herabsetzung der Hafteinlage eines Kommanditisten beginnt die fünfjährige Nachhaftungsfrist unabhängig von der Eintragung der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister bereits mit dem Ende des Tages, an dem der Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis von dem Herabsetzungsbeschluss erlangt. 3. Mit Ablauf der Nachhaftungsfrist des § 160 HGB entfällt in entsprechender Anwendung des § 217 BGB nicht nur die Haftung für den geltend gemachten Hauptanspruch, sondern auch die Haftung für die von ihm abhängenden Nebenleistungen. Zutreffend geht der BGH davon aus, dass keine Gründe dafür ersichtlich sind, dass bei grundsätzlicher Eröffnung der Möglichkeit zur Enthaftung derjenige, der in Zukunft als Kommanditist nur noch in geringerem Umfang haften will, schlechter stehen soll als derjenige, der künftig überhaupt nicht mehr haften will. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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