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RA Digital - 09/2016

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488 Referendarteil:

488 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 09/2016 Antrag zulässig, obwohl interne Auswahlentscheidung Verfahrenshandlung darstellt. Einstweiliger Rechtschutz gegen Marktfestsetzung nach § 69 GewO zulässig, da durch nachträglichen Rechtsschutz nicht zu beseitigende Nachteile entstünden BVerfG, Beschluss vom 14.1.2004, 1 BvR 506/03, juris Rn 19 Begründetheit: Anordnungsanspruch: Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs Legt die Behörde besondere Vergabekriterien fest und entspricht ein Antrag diesen nicht, muss er bei der Auswahlentscheidung unberücksichtigt bleiben. Ausgehend davon standen dem Erlass einer einstweiligen Anordnung weder entgegen, dass die der Antragstellerin am 16.3.2016 per E-Mail mitgeteilte interne Auswahlentscheidung der „Arbeitsgruppe Wochenmarkt“ der Antragsgegnerin eine behördliche Verfahrenshandlung ist, noch dass Rechtsschutz vor einer außenverbindlichen Marktfestsetzung gewährt worden ist, um den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin zeitnah zu sichern. Das Verwaltungsgericht hat insofern maßgeblich darauf abgestellt, dass ausweislich der Aufforderung der Antragsgegnerin zur Abgabe einer Interessenbekundung zur Durchführung der Wochenmärkte nicht lediglich eine Marktfestsetzung nach § 69 GewO geplant war, sondern ergänzend ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und dem erfolgreichen Bewerber geschlossen werden sollte, dessen Abschluss durch nachträglichen Rechtsschutz nicht verhindert werden könnte. […] Im Übrigen konnte die Antragstellerin auch unabhängig von dem geplanten Vertragsschluss wegen nicht zu beseitigender Nachteile nicht mehr zumutbarerweise auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden. Nach Erhalt der E-Mail am 16.3.2016 war die förmliche Marktfestsetzung erst für Ende März geplant und der Beginn des ausgeschriebenen Festsetzungszeitraums am 1.4.2016 stand bereits kurz bevor. Die verbleibende Zeit war für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes ohnehin sehr knapp. Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerin - auch zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes - das Auswahlergebnis bereits vorab mitgeteilt hatte, war die Entscheidung bereits gefasst, so dass mit einem Abwarten der Marktfestsetzung unnötig weitere Zeit verstrichen wäre. Dies als Zulässigkeitsvoraussetzung zu verlangen, verstieße gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, das einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle gewährt. Irreparable Entscheidungen sind soweit wie möglich auszuschließen. Das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht der Antragstellerin auf Teilnahme an einer korrekten Bewerberauswahl war aber für die Zeit nach dem 1.4.2016 mit einer über diesen Zeitpunkt hinaus verzögerten Sachentscheidung im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes ohnehin schon teilweise unwiederbringlich verloren, ohne dass insoweit eine nach Art. 19 Abs. 4 GG geforderte inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung durch ein Gericht stattgefunden hätte. Jura Intensiv Die Auswahl des Beigeladenen als Veranstalter des Wochenmarkts in O. verletzt den aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin hat der Bewerbung des Beigeladenen zu Unrecht den Vorzug gegeben. Auf den Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung des Wochenmarkts in O. sind nach der Bewertung durch die „Arbeitsgruppe Wochenmarkt“ 108 Punkte (Zweiter Rang) entfallen, nur sechs Punkte weniger als auf den Antrag des Beigeladenen (Erster Rang). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, der Antrag des Beigeladenen entspreche nicht der Ausschreibung und hätte deshalb so nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Antragsgegnerin hat zur Verfolgung des kommunalen Interesses an der weiteren möglichst attraktiven Durchführung von Wochenmärkten in ihrem Stadtgebiet ein vom Rat beschlossenes vergaberechtsähnliches Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. […] In der Ausschreibung hat die Antragsgegnerin auf die Inhaltsverzeichnis

RA 09/2016 Referendarteil: Öffentliches Recht 489 beabsichtigte Marktfestsetzung nach § 69 GewO für bestimmte Zeiten und genau abgegrenzte Flächen hingewiesen sowie darauf, dass entsprechenden Festsetzungsanträgen zwingend unter anderem ein Lageplan der Marktstände an dem jeweiligen Wochenmarktstandort beizufügen sei. Zur Darstellung der Marktstände werde darum gebeten, die als Anlagen beigefügten Kartenwerke zu benutzen. In der Ausschreibung war in Fettdruck ein ausdrücklicher Hinweis enthalten, dass unter anderem diese Unterlagen zwingend vorzulegen seien, um den jeweiligen Interessenten im weiteren Auswahlverfahren berücksichtigen zu können. Dass der Lageplan des Wochenmarkts zu den zwingend vorzulegenden Unterlagen zählt, entspricht den vom Rat der Antragsgegnerin am 8.12.2015 beschlossenen Vergabekriterien. Mit dieser Ausschreibung legte die Antragsgegnerin in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG die Bewerber zugleich auf die von ihr vorab festgelegten Marktflächen fest, deren genaue Bezeichnung für eine Marktfestsetzung nach § 69 GewO zwingend erforderlich ist. Der staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen. Darüber hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Jeder Mitbewerber muss eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Insofern verfügt jeder Mitbewerber über ein subjektives Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Werden, wie hier, im Interesse einer transparenten und rechtssicheren Auswahl Ausschreibungsbedingungen öffentlich bekannt gemacht, führt dies über Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Verwaltung und vermittelt den einzelnen Bewerbern einen Anspruch auf Gleichbehandlung und Einhaltung der verlautbarten Bedingungen. Dementsprechend gebietet das Gleichbehandlungsgebot bei öffentlichen Ausschreibungen für gewerberechtliche Marktfestsetzungen, nur diejenigen Angebote zu werten, die die zwingend geforderten Erklärungen enthalten und insoweit miteinander vergleichbar sind, sowie keinesfalls einem einzelnen Bieter die Möglichkeit zu geben, in seinem Angebot hiervon abzuweichen. Jura Intensiv Ausgehend davon durfte der Antrag des Beigeladenen schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil er nicht den Mindestanforderungen entsprach, auf die sich die Antragsgegnerin im Ausschreibungstext gegenüber allen Bewerbern verbindlich festgelegt hatte. Der Beigeladene hat abweichend vom Ausschreibungstext bereits die Marktstände nicht in den Lageplan eingezeichnet, sondern lediglich ganz grob einen Food-Bereich und einen Non-Food-Bereich farblich markiert. Auch wenn die Anzahl der Marktstände variieren kann und noch nicht abschließend feststeht, hätten nach dem Ausschreibungstext, der zwingend einen „Lageplan der Marktstände“ verlangt, zumindest die Bereiche angegeben werden müssen, an denen Marktstände angeordnet werden sollen. Hinsichtlich des Erweiterungsbereichs O1. Brunnen sowie von dort bis zur F. Straße 21 fehlt es gänzlich an einer nach § 69 GewO festsetzungsfähigen parzellenscharfen Festlegung der Marktfläche anhand eines Lageplans. Durch Festlegung von Vergabekriterien bindet die Behörde ihr Auswahlermessen: keine willkürliche Änderung des Vergabeverfahrens und der Vergabekriterien. Darlegung der allgemeinen Grundsätze Selbstbindung der Verwaltung durch Festlegung von Vergabekriterien: Anspruch auf Gleichbehandlung und Einhaltung der Kriterien OVG Münster, Beschluss vom 28.2.2013, 4 A 500/10, juris, Rn 11 ff. Nach Darlegung der allgemeinen Grundsätze erfolgt die Subsumtion des konkreten Sachverhalts Genaue Begründung unter Ausschöpfung des Sachverhalts, warum Antrag nicht den Vergabekriterien entspricht Inhaltsverzeichnis

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